Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben
Der Tagebau im polnischen Turów könnte bis 2044 weiterbetrieben werden. Der Tagebau im Dreiländereck hat eine polnische Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden. Bildrechte: imago images / CTK Photo

KohleabbauTagebau Turów besteht polnische Umweltprüfung, Betrieb bis 2044 möglich

11. Oktober 2022, 20:02 Uhr

Polens Tagebau Turów ist eine der größten Gruben Europas. Gegen den Weiterbetrieb protestieren seit Jahren Menschen in Tschechien und Deutschland. Denn die Umweltveränderungen durch das Abbruchgelände - wie sinkendes Grundwasser, Luftverschmutzung und Bodensenkungen - machen nicht an der polnischen Grenze halt.

Im polnischen Tagebau Turów im Dreiländereck kann bis zum Jahr 2044 Kohle gefördert werden. Wie die tschechische Presseagentur ČTK meldet, hat das die polnische Prüfung zur Umweltverträglichkeit ergeben. Dagegen war eine Studie der Frank-Bold-Stiftung zu einem anderen Ergebnis gekommen. Laut der tschechischen Organisation stütze sich die Entscheidung Polens auf veraltete Daten aus dem Jahr 2015. Demnach könne der Grundwasserspiegel bis 2044 um drei bis 15 Meter zurückgegangen sein. Jedoch sei bereits im vergangenen Jahr der Wasserspiegel um acht bis 34 Meter gesunken.

Umweltorganisationen wollen klagen

"Turów entzieht den Anwohnern weiterhin das Wasser und beschädigt ihre Häuser. Die Tatsache, dass diese Umweltverträglichkeitsprüfung weder die Realität noch die Ansichten der Menschen vor Ort angemessen berücksichtigt, ist völlig inakzeptabel und rechtswidrig", erklärt Agnieszka Stupkiewicz, Rechtsanwältin bei der Frank-Bold-Stiftung. Die Organisation will nun gemeinsam mit den Umweltorganisationen Greenpeace und BUND Sachsen sowie der Kampagne Europe-Beyond-Coal gegen den Tagebaubetrieb vor Gericht ziehen. Stupkiewicz spricht von "zahlreichen Rechtsverstößen", gegen die man klagen wolle.

Turów entzieht den Anwohnern weiterhin das Wasser und beschädigt ihre Häuser.

Agnieszka Stupkiewicz | Rechtsanwältin bei der Frank-Bold-Stiftung

Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen, kritisiert das polnische Ja zur Umweltverträglichkeit des Tagebaus scharf. Damit rücke die Möglichkeit einer verlängerten Genehmigung bis 2044 für das Bergwerk, welches durch die PGE betrieben wird, einen Schritt näher. "Den Tagebau bis 2044 weiter betreiben zu wollen, ist angesichts der immer stärker wirkenden Klimakrise eine absolut irrsinnige Entscheidung. Ein weiteres Mal werden Einwände von Bürgergruppen aus allen drei betroffenen Ländern ignoriert. Auch auf deutscher Seite führt der Bergbau zu gravierenden Auswirkungen wie der Beschädigung der Häuser im Stadtgebiet Zittau", so Professor Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen.

Bildrechte: Prof. Felix Ekardt

Den Tagebau bis 2044 weiter betreiben zu wollen, ist angesichts der immer stärker wirkenden Klimakrise eine absolut irrsinnige Entscheidung.

Felix Ekardt | BUND Sachsen

Der Tagebau im Grenzgebiet führt seit mehreren Jahren zu Streitigkeiten im Dreiländereck. Bildrechte: MDR.DE

Jahrelanger Streit im Dreiländereck

Der Tagebau im Grenzgebiet führt seit mehreren Jahren zu Streitigkeiten im Dreiländereck. Polen sieht seine Energieversorgung nur mit dem weiterführenden Braunkohleabbau gesichert. Der Tagebau ist derzeit etwa 4.000 Fußballfelder groß und 260 Meter tief. Zwölf Millionen Tonnen Braunkohle werden von dem Staatsunternehmen PGE jährlich abgebaut. Trotz Protestes wurde die Genehmigung für Turów im Jahr 2020 zunächst um sechs Jahre verlängert.

Die Umweltveränderungen durch das Abbruchgelände - wie sinkendes Grundwasser, Luftverschmutzung und Bodensenkungen - machen aber nicht an der Grenze zu Tschechien und Deutschland halt. Tschechien reichte vor dem Europäischen Gerichtshof Klage ein. Dann einigten sich die Länder auf eine millionenschwere Entschädigungszahlung in Höhe von 45 Millionen Euro. Auch im sächsischen Zittau werden Auswirkungen von Turów wie sichtbare Beschädigungen an Häusern beklagt.

Mehr zum Thema

MDR (ama)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 11. Oktober 2022 | 13:30 Uhr