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Der Chemnitzer Hauptbahnhof ist nicht an den Fernverkehr der Bahn angebunden. Bildrechte: MDR/Matthias Vollmer

MDR WünschekarteMit dem Bummelzug in Europas Kulturhauptstadt Chemnitz

21. August 2021, 07:00 Uhr

In Chemnitz wünschen sich viele Menschen einen Fernverkehrsanschluss der Bahn. Das zeigt auch ein Blick auf die MDR Wünschekarte zur Bundestagswahl. Pro Bahn und die Stadt Chemnitz fordern eine schnelle Lösung. Der Freistaat Sachsen will nun mit einer Ausschreibung eine Fernverkehrsanbindung realisieren. Bereits ab kommendem Sommer soll eine neue Verbindung nach Berlin stehen.

Wenn sich der Chemnitzer Norman Schulze auf dem Weg zur Arbeit macht, steigt er immer ins Auto. Für seinen Job pendelt er einmal pro Woche nach Frankfurt am Main, manchmal nimmt er auch Termine in anderen Großstädten wie Berlin und München wahr. Mit der Bahn sechs Stunden nach Frankfurt am Main zu fahren, kommt für den IT-Berater nicht in Frage. In seinem klimatisierten Auto mit viel Ruhe kommt er entspannt zwei Stunden eher an. "Um mit der Bahn zu fahren braucht es ordentliche Fernverkehrsanschlüsse", sagt der 46-Jährige.

An so einem Fernbahnanschluss mangelt es der Stadt Chemnitz. Die viertgrößte Großstadt im Osten Deutschlands hat fast eine Viertelmillion Einwohnerinnen und Einwohner. Doch wer die Stadt im Süden Sachsens besuchen will, hat es mit der Bahn schwer. Chemnitz ist bundesweit eine der wenigen Großstädte ohne Fernverkehrsanschluss der Bahn.

Alternativen sind lange Routen mit Regionalzügen nach Thüringen oder Dresden oder in veralteten Zügen nach Leipzig. Das war aber nicht immer so. Vor 15 Jahren fuhr in Chemnitz der letzte IC vom Hauptbahnhof nach Nürnberg ab. Nach der Fahrplanumstellung 2006 kam er nicht wieder zurück. Und auch die Interregio-Verbindung über Elsterwerda nach Berlin war in dem Jahr eingestellt worden.

Viele Menschen für besseren öffentlichen Personenverkehr

Nicht nur in Chemnitz gibt es den Wunsch nach einer besseren Anbindung des Öffentlichen Personenverkehrs. Auch im Rest von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen äußerten viele Menschen den Wunsch in einer MDRfragt-Befragung. Dabei waren sie für die MDR Wünschekarte gefragt worden, was sie sich von der kommenden Bundesregierung für ihre Region wünschen.

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Was hinter der MDR Wünschekarte steckt

Was wünschen Sie sich von der kommenden Bundesregierung für Ihre Region? Diese Frage haben mehr als 7.000 Menschen aus Mitteldeutschland bei MDRfragt beantwortet. Ihre Antworten sind in einer interaktiven MDR Wünschekarte zusammengetragen worden und dort nun für jeden abrufbar. Bis zur Bundestagswahl am 26. September 2021 greifen die MDR-Programme digital, im Hörfunk und Fernsehen die Gedanken der Befragten auf und erzählen Ihre Geschichten. Und Sie können mit dabei sein. Hier können Sie Ihren eigenen Wunsch in die Karte eintragen: MDR Wünschekarte.

Neben einem besseren Öffentlichen Personenverkehr sprechen sich die Menschen in Mitteldeutschland auch häufig für ein besseres Radwegenetz und die Angleichung von Löhnen und Renten an das Niveau der alten Bundesländer aus.

Auch nach mehr Beachtung für Städte und Dörfer in Ostdeutschland sehnen sich viele Menschen. So auch in Chemnitz. Gerade im Hinblick auf das Kulturhauptstadtjahr 2025 in der Stadt wünschen sich Bürgerinnen und Bürger von Chemnitz Veränderungen. Dazu zählt eben auch der Wunsch, dass schnelle Zugverbindungen für Pendler, Familienbesuche und Touristen umgesetzt werden.

Kulturhauptstadt bisher ohne Fernbahnanschluss

In Chemnitz laufen derweil die Vorbereitungen für das große Event der Kulturhauptstadt 2025. Fahnen mit dem Logo schmücken den Platz vor dem Rathaus, Plakate weisen in der Stadt darauf hin, dass das Kulturhauptstadtjahr naht.

Flaggen mit dem Logo "Chemnitz 2025" wehen vor dem Neuen Rathaus. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Hendrik Schmidt

"Ich hatte es gehofft, dass wir Kulturhauptstadt werden", sagt der Chemnitzer Michael Zimmermann im Gespräch mit MDR AKTUELL. Er hat ebenfalls bei der MDR-Wünschekarte mitgemacht und erklärt, was für eine Bedeutung der Titel zur Kulturhauptstadt für ihn und seine Frau Monika als Bürger der Stadt mit sich brachte. Das Kulturhauptstadtjahr bringe genau die Chance, wieder einen Fernbahnanschluss für Chemnitz zu bekommen.

Und der ist für die beiden ohne Auto und mit Kindern in anderen Städten Deutschlands sehr bedeutend. Sie sind auf den Bahn-Fernverkehr angewiesen, wenn sie drei Kinder besuchen wollen. Gerade für den Weg zum einen Kind nach Berlin müssen sie oft viel Zeit einplanen. Aber auch für die Reisen zu den Kindern nach Dresden und Zwickau bleibt nur die Regionalbahn mit vielen Zwischenhalten. Zimmermann hofft, dass die Stadt wieder eine dauerhafte Anbindung bekommt. Eben auch, weil es früher schon einmal möglich war:

Zu DDR-Zeiten ist man ohne Umsteigen nach Düsseldorf gekommen, heute geht nicht mal eine Zugverbindung ohne Umstieg nach Thüringen.

Michael Zimmermann | Chemnitz

Der Titel Kulturhauptstadt wird von den Menschen in der Stadt als Chance wahrgenommen, die man jetzt nicht verschenken dürfe. Die Veranstalter rechnen 2025 mit bis zu zwei Millionen Touristen in der Stadt.

Im ersten Halbjahr dieses Jahres waren in Chemnitz im Vergleich rund 91.000 Gäste gezählt worden. Zimmermann sagt, wenn man die Anbindung nicht in den Griff bekomme, dann könne das viele Besucherinnen und Besucher auch abschrecken. Auch der Chemnitzer Uwe Eppendorfer hofft auf eine Chance durch den Titel:

Wenn die Fördermittel für die Kulturhauptstadt sinnvoll eingesetzt werden, ist das sehr viel wert. Chemnitz als Kulturhauptstadt, das ist auch die Chance, das Image der vergangenen Jahre ein bisschen gerade zu rücken.

Uwe Eppendorfer | Chemnitz

Und eine Lösung für die Anbindung zum Kulturhauptstadtjahr braucht es dringend, da sind sich viele Menschen in Chemnitz einig. Wer nach Berlin will und erst einen der alten Züge nach Leipzig nutzen muss, steigt in Leipzig nach Eppendorfers Meinung wie in ein anderes Jahrhundert um.

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Forderungen nach mehr Engagement vom Bund

Für den Fahrgastverband Pro Bahn ist es nicht nachvollziehbar, dass Chemnitz nicht an den Fernverkehr der Bahn angeschlossen ist, sagt Karl-Peter Naumann aus dem Bundesvorstand des Verbands:

Es ist ein Skandal, dass es keinen Fernverkehr nach Chemnitz gibt.

Karl-Peter Naumann | Bundesvorstand Pro Bahn

Die Kritik richtet sich dabei vor allem an den Bund. Deutschland investiere EU-weit mit am wenigsten in die Schiene, erklärt Naumann. Die Bahn spiele in Deutschland eine viel zu geringe Rolle.

Angesichts der anstehenden Bundestagswahl haben sich auch mehrere Parteien das Thema Öffentlicher Personenverkehr auf die Fahnen geschrieben. In mehreren Wahlprogrammen wird ein Ausbau der von ÖPNV und Bahnverkehr versprochen.

Die Union will Rekordsummen in die Infrastruktur investieren und das Schienennetz zukunftssicher machen. Die SPD plant einen klimaneutralen Ausbau des ÖPNV, günstigere Zugtickets und alle Großstädte an den Bahn-Fernverkehr anzuschließen.

AfD und FDP setzen den Fokus nicht allein auf den Bahnverkehr. Sie wollen auch Straßenbauprojekte weiterhin fördern. Die AfD will dabei den Autoverkehr in Innenstädten verbessern, die FDP in eine Vielzahl von Fortbewegungsmitteln wie E-Autos und Flugtaxis investieren.

Linke und Grüne sprechen sich in ihren Wahlprogrammen für einen Ausbau des ÖPNV aus. Die Linke will auch ländliche Regionen besser anbinden. Dazu sollen stillgelegte Bahnstrecken wieder reaktiviert werden. Die Grünen wollen mehr Geld in die Bahn investieren, dazu sollen Straßenbauprojekte auf den Prüfstand gestellt werden. Ziel sei ein günstiger und ausgebauter ÖPNV.

Allgemein

Wie kann ÖPNV in Deutschland flächendeckend zu einer Alternative zum Auto werden? Sollen Fernverkehrsstraßen weiter ausgebaut werden? Die Konzepte der Parteien zum Thema "Mobilität" können Sie hier nachlesen.

CDU/CSU

Mobilität gilt der Union als "Ausdruck individueller Freiheit". Sie will darum "die Rekordinvestitionen in die Infrastruktur verstetigen", das Schienennetz zukunftsfest machen, Lücken schließen, Strecken elektrifizieren und öffentlichen Nahverkehr als "bedeutenden Faktor für die Dekarbonisierung des Verkehrs" fördern. Um Staus auf Autobahnen zu reduzieren und Klimaziele zu erreichen, soll mehr Güterverkehr auf die Schiene und Wasserstraßen kommen. Neben Investitionen in saubere Fahrzeuge und effektive Infrastruktur soll es auch neue Ladestationen für Binnenschiffe geben. Die Luftfahrt soll wettbewerbsfähiger Verkehrsträger bleiben. In Deutschland sollen weiterhin Autos "mit allen Antriebsformen" produziert werden. Ein Dieselfahrverbot wird abgelehnt, ebenso ein generelles Tempolimit auf Autobahnen. CDU und CSU setzen neben Elektromobilität auf synthetische Kraftstoffe im Straßenverkehr. Um den Ausbau der E-Ladeinfrastruktur zu beschleunigen sollen Ladesäulen in gewerbliche und öffentliche Neubau-Immobilien integriert werden, vermehrt auch in Parkhäuser.

SPD

Die SPD will den öffentlichen Nahverkehr klimaneutral ausbauen. Alle Menschen sollen einen wohnortnahen Anschluss an den öffentlichen Verkehr garantiert bekommen. Bahnfahren soll günstiger sein als Fliegen, jede Großstadt soll ans Fernzug-Netz angeschlossen werden. Bis 2030 sollen mindestens 75 Prozent des Schienennetzes elektrifiziert werden. Die SPD will ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen. Bis 2030 sollen mindestens 15 Millionen Pkw voll elektrisch fahren. Der Güterverkehr soll von der Straße stärker auf Schiene und Wasserstraßen umgelegt werden.

AfD

Die AfD will den Bürgerinnen und Bürgern die Wahl ihres bevorzugten Verkehrsmittels überlassen. Individuelle Mobilität müsse bezahlbar bleiben, heißt es im Programm. Die Partei nennt den motorisierten Individualverkehr die beliebteste Möglichkeit der Fortbewegung und will diese deshalb unterstützen. Dieselfahrverbote oder Umweltspuren lehnt sie ab. Sie will innerstädtische Fahrspuren und Parkraum erhalten und ausbauen. Die AfD sieht die Zukunft der deutschen Autoindustrie im Verbrennungsmotor. Die Bevorzugung von Elektromobilität lehnt sie ab, ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ebenso. Für den Güterverkehr setzt sie sich für einen Mix aus Straße, Schiene und Wasserwegen ein und will dafür das Netz der Verladestellen verdichten. Der Schienenpersonenverkehr soll pünktlicher und schneller werden.

FDP

Die FDP lehnt unverhältnismäßige Verbote in der Mobilität ab, also ein pauschales Verbot von Verbrennungsmotoren sowie Diesel- oder Motorradfahrverbote und Tempolimits. Sie setzt auf umweltfreundliche Technik und alternative Kraftstoffe. Zugleich unterstützt sie den flächendeckenden Ausbau von Schnellladesäulen für Elektrofahrzeuge. Die Liberalen wollen begleitetes Pkw-Fahren ab 16 Jahren ermöglichen und die Höchstgeschwindigkeit von Kleinkrafträdern von 45 auf 55 km/h erhöhen. Die von der EU festgelegten CO2-Flottengrenzwerte stellt die FDP in Frage. Sie ist gegen Subventionen wie die Kaufprämie für E-Autos, will vielmehr Innovationen wie das autonome Fahren, das Hochgeschwindigkeitssystem Hyperloop, Drohnen oder Flugtaxis fördern. Durch die Ausweitung des CO2-Emissionshandels auf den gesamten Verkehrssektor seien die meisten Verbote, Subventionen und Fördermaßnahmen zur CO2-Reduzierung hinfällig. Beim Schienenverkehr will die FDP Infrastruktur und Bahnbetrieb trennen und den Betrieb privatisieren. Das Netz soll der Bund behalten. Ziel ist es, mehr Personen und Güter auf der Schiene zu transportieren. Das gelinge aber nicht mit einer Staatsbahn, sondern nur mit mehr Wettbewerb, mehr Digitalisierung und niedrigeren Trassenpreisen zur Nutzung. In alle Verkehrswege, von der Schiene über die Straße bis zum Radweg, soll verlässlich investiert werden. Die Liberalen wollen die Luftverkehrssteuer abschaffen und Nachtflugverbote eindämmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Seehäfen und Binnenwasserwege sollen erweitert werden. Die Partei will die Transportnetze in Europa ausbauen und Metropolen besser verknüpfen, über Fernstraßen und auf der Schiene, mit Airports und auf dem Wasser.

DIE LINKE

Die Linkspartei möchte den Bus- und Bahnverkehr flächendeckend und barrierefrei ausbauen und für alle bezahlbar gestalten. Im Nahverkehr soll ein 365-Euro-Jahresticket eingeführt und später vollständig kostenlos gemacht werden. In den 15 am meisten von Abgasen belasteten Städten sollen Modellprojekte gestartet werden. Kurzstreckenflüge und Güterverkehr (auch unter 300 Kilometern Entfernung) sollen auf die Schiene verlagert werden. Nach Vorstellung der Linken soll ihre Verkehrswende für mehr Mobilität sorgen, aber mit weniger Verkehr. Es soll in attraktive, weitgehend autofreie Innenstädte, in Radwege, Fußwege und den Stadtumbau investiert werden. Zudem will die Partei eine Mobilitätsgarantie für den ländlichen Raum. Stillgelegte Bahnstrecken sollen wieder ans Gleisnetz angeschlossen werden. Die Linke fordert ein flächendeckendes bundesweites Radverkehrsnetz. In den Städten und Ballungsgebieten sollen Radschnellwege mit grüner Welle entstehen. Die Pendlerpauschale soll in ein sozial gerechtes Mobilitätsgeld umgewandelt werden. Das steuerliche Dienstwagenprivileg soll abgeschafft werden. Außerdem werden Tempolimits gefordert: 120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen und 30 km/h innerorts

GRÜNE

Schiene, Straße und Wasserwege in Deutschland – ein neuer Bundesnetzplan soll den Neu- und Ausbau von allen Verkehrsträgern neu bewerten und eine moderne Verkehrsinfrastruktur zur Erreichung der Klimaziele der Grünen schaffen. Die anstehende Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans will die Partei nutzen, um Straßenbauprojekte auf den Prüfstand zu stellen. Investitionen sollen umgeschichtet und für die Sanierung von maroder Infrastruktur und den Ausbau von Schienen- und Radwegen genutzt werden. Die Deutsche Bahn soll transparenter und effizienter gemacht und mehr Güter auf der Schiene transportiert werden. Mit einem massiven Ausbau der Bahn sollen bis 2030 Kurzstreckenflüge überflüssig gemacht werden. Der Lkw-Verkehr soll durch eine CO2-orientierte Maut reguliert werden. Die Fahrgastzahlen im ÖPNV will die Partei bis 2030 verdoppeln. Dazu soll das Netz ausgebaut, in Fahrzeuge wie emissionsfreie Busse investiert und der Nah- mit dem Fernverkehr verknüpft werden. Länder und Kommunen sollen dabei unterstützt werden, auf einen umlagefinanzierten preiswerten ÖPNV umzusteigen. Ein "Mobilpass" soll die Angebote von 120 Verkehrs- und Tarifverbünden in Deutschland verknüpfen und Dienste wie Car- oder Bike-Sharing integrieren. Für Radfahrerinnen und Radfahrer sollen die Wege ausgebaut und modernisiert werden. Auch eine Reform des Straßenverkehrsrechts für Radfahrer strebt die Partei an. Ab 2030 sollen in Deutschland nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden. Für Haushalte, die dauerhaft ihr Auto abmelden, wollen die Grünen eine Mobilitätsprämie für die Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel ausgeben. Um Pendler mit niedrigem Einkommen etwa beim Umstieg auf ein emissionsfreies Auto zu unterstützen, will die Partei einen Transformationszuschussfonds auflegen. Dieselsubventionen sollen beendet werden. Auf Autobahnen soll ein "Sicherheitstempo" von 130 km/h gelten. Verkehrsberuhige oder autofreie Innenstädte und Stadtviertel sollen geschaffen werden. Grundsätzlich streben die Grünen die sogenannten Vision Zero an, also null Tote und Schwerverletzte im Straßenverkehr. Dazu soll auch die "Vermeidung von Verkehr" etwa durch die Förderung von Homeoffice beitragen.

Während die Parteien noch um die Wählergunst werben, gibt es in Chemnitz schon genaue Vorstellungen, wie die Lage schnell verbessert werden könnte. Die Bahninitiative Chemnitz hat sieben konkrete Vorschläge, wie Die Stadt besser an Berlin angebunden werden könnte. Der Sprecher Sebastian Drechsler sagt MDR AKTUELL, es brauche eine regelmäßige zweistündige Verbindung nach Berlin, am besten über Riesa. Dabei müssten Lösungen gefunden werden, die auch nach dem Kulturhauptstadtjahr 2025 hielten.

Sachsen plant eigene Lösung

Sachsen setzt nun auf eine eigene Lösung und will ab 2022 jährlich 2,5 Millionen Euro für eine Verbindung zwischen Chemnitz und Berlin bereitstellen. Dazu läuft derzeit eine EU-weite Ausschreibung, bei der sich Eisenbahnunternehmen bewerben können. Anforderungen sind unter anderem mindestens zwei Fahrten je Richtung zwischen Chemnitz und Berlin, dabei soll es kein Umstieg und keine längeren Wartezeiten bei Zwischenhalten geben. Eine Entscheidung soll im Dezember fallen. Ab Sommer kommenden Jahres soll die Verbindung dann umgesetzt werden.

Wie die Strecke verläuft, ist dabei nicht vorgeschrieben. Wie das sächsische Verkehrsministerium MDR AKTUELL schriftlich mitteilt, ist die Verlängerung einer bestehenden IC-Strecke möglich:

Die Deutsche Bahn AG erwägt dabei, ihr Angebot mit der Verlängerung der bestehenden Intercity 17–Linie zu verbinden.

Mitteilung Sächsisches Verkehrsministerium

Dadurch könnte Chemnitz bereits im kommenden Jahr an den Bahn-Fernverkehr angebunden werden. Allerdings bedeutet die Verlängerung der IC17-Strecke einen Umweg über Dresden auf dem Weg nach Berlin. Sollte die Deutsche Bahn die Ausschreibung gewinnen, entsteht also eine Fernverkehrsanbindung, die nach Angaben von Pro Bahn nicht schneller ist als die Regionalbahn-Verbindung mit Umstiegen.

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Sollte ein anderer Bewerber die Ausschreibung gewinnen, ist auch die kürzere Strecke Chemnitz – Döbeln – Riesa – Elsterwerda – Berlin möglich. Dort würde dann zwar kein IC fahren, ein Regionalzug wäre bei guter Taktung nach Meinung von Pro Bahn schneller. Nach Angaben des Sprechers der Bahninitiative Chemnitz, Sebastian Drechsler, ist derzeit egal, ob ein Regionalzug oder ein IC eingesetzt werde, weil die Züge auf den derzeitigen Strecken wegen der älteren Gleise keine hohen Geschwindigkeiten fahren könnten.

Aktuelle Ausschreibung nur ein erster Schritt

Matthias Nowak - Sprecher Stadt Chemnitz. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Für die Stadt Chemnitz ist die aktuelle Ausschreibung allerdings nur der erste Schritt für eine Verbesserung der Lage. Wie der Sprecher der Stadt, Matthias Nowak, mitteilte, ist die Stadt über die nahende Anbindung sehr froh. Vor allem im Zeitraum zur Europäischen Kulturhauptstadt brauche es aber eine engere Taktung, um Gäste nach Chemnitz zu bringen. Zudem sei auch der Ausbau und die Elektrifizierung der Bahnstrecke Chemnitz – Leipzig für eine Fernverkehrsanbindung enorm wichtig:

Eine durchgängig zweigleisige elektrifizierte Strecke ist ein Muss. Alles andere wäre nicht sinnvoll oder akzeptabel. Bund und Land müssen zu Ihren Zusagen stehen.

Matthias Nowak - Sprecher Stadt Chemnitz

Der Bund hat bisher in seinem Verkehrswegeplan eine Elektrifizierung der Strecke bis 2030 zugesagt. Nach Angaben der Bahninitiative Chemnitz ist aber noch nicht geklärt, ob die Strecke durchgängig zweigleisig ausgebaut wird. Das sei aber für eine Fernverkehrsanbindung wichtig, um bei Zugproblemen oder Verspätungen auf das andere Gleis ausweichen zu können.

Auf die kommende Bundesregierung kommt mit dem Thema Mobilität eine große Aufgabe zu. Dabei gilt es nicht nur zu klären, wie der Verkehrswegeplan bis 2030 umgesetzt werden kann, sondern auch, welche kurzfristigen Lösungen gefunden werden können, damit alle Menschen an einer Verkehrswende teilhaben können.

Neben dem Fernverkehrsanschluss der Bahn stehen künftig auch die Konzeption neuer Radwege zur Diskussion. Sowohl in den Städten als auch auf dem Land ist der Wunsch nach sicheren Radwegen groß. Letztendlich ist aber nicht nur die Personenbeförderung eine große Aufgabe der künftigen Bundesregierung. Sie muss auch die Weichen für einen Plan von Gütertransporten aufstellen, um Autobahnen zu entlasten und Güter vermehrt klimaschonender per Zug zu transportieren.

Neue Züge auf Bahnstrecke Chemnitz – Leipzig

Für die Bahnstrecke Chemnitz – Leipzig soll es aber schon vor 2030 eine Verbesserung für die Fahrgäste geben. Wie der Sprecher des Verkehrsverbunds Mittelsachsen, Falk Ester, MDR AKTUELL mitteilte, kommen noch vor dem Kulturhauptstadtjahr 2025 batterieelektrisch betriebene Züge zum Einsatz. Sie sollen die in die Jahre gekommenen und nicht barrierefreien Züge ablösen und im Stundentakt nach Leipzig und zurückfahren. Der Ausbau auf der Strecke nach Leipzig soll zudem nach aktuellem Stand nicht den Bahnverkehr während des Kulturhauptstadtjahrs einschränken.

Nach Angaben der Deutschen Bahn ist nach der Elektrifizierung der Bahnstrecke Chemnitz – Leipzig bis zum Jahr 2030 eine weitere Anbindung des Fernverkehrs geplant. Wie eine Bahn-Sprecherin MDR AKTUELL mitteilte, sollen dann Fernverkehrszüge über Leipzig und Bad Lausick nach Chemnitz fahren. Wann genau es soweit ist, könne man derzeit noch nicht sagen.

Sachsen will weitere Anbindungen unterstützen

Der Freistaat Sachsen will unterdessen nicht nur Initiative für die bessere Anbindung von Chemnitz ergreifen. Nach Angaben des sächsischen Verkehrsministers Martin Dulig wird derzeit auch die Inbetriebnahme von sechs regionalen Bahnstrecken in Sachsen geprüft.

Um Fördermittel des Bundes zu erhalten, muss man natürlich nachweisen, dass die Strecke wirtschaftlich ist. Deshalb geht es zum Schluss um Strecken, die das Potential haben.

Martin Dulig - Sächsischer Verkehrsminister

Ob Regionalstrecken in Sachsen wiederbelebt werden, hänge von der potentiellen Anzahl von Fahrgästen ab. Außerdem seien weitere Mittel vom Bund notwendig.

Folgende Strecken werden geprüft:

  • Döbeln – Meißen – Nossen
  • Marienberg – Pockau-Lengefeld
  • Beucha – Brandis
  • Brandis – Trebsen
  • Kamenz – Hosena
  • Löbau – Ebersbach

Das Verkehrsministerium hat für die Reaktivierung stillgelegter Trassen Dulig zufolge rund 13 Millionen Euro für dieses und kommendes Jahr eingeplant.

Das sächsische Verkehrsministerium und die Stadt Chemnitz wollen sich zudem auch weiterhin für eine bessere Fernverkehrsanbindung von Chemnitz einsetzen, auch, was die Anbindung nach Thüringen und damit auch nach Westdeutschland angeht. Für den Pendler Norman Schulze aus Chemnitz ist das eine Botschaft, die hoffen lässt. Sollten die Verbindungen stehen, ist er auf jeden Fall auch dazu bereit, auf die Bahn umzusteigen. Denn dann seien die Fahrzeiten auch konkurrenzfähig.

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR UM 4 | 16. August 2021 | 16:00 Uhr