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Bildrechte: IMAGO / Sylvio Dittrich

ReichenbachGöltzschtalbrücke kommt vorerst nicht auf die Weltkulturerbe-Liste

05. Dezember 2023, 17:42 Uhr

Der Traum vom Welterbetitel für die Göltzschtalbrücke bei Reichenbach im Vogtland ist vorerst ausgeträumt. Die Kulturministerkonferenz der Bundesländer hat die Bewerbung von der deutschen Meldeliste an die UNESCO gestrichen. Die baulichen und nicht denkmalgerechten Veränderungen am Brückenkopf seien problematisch. Reichenbachs Oberbürgermeister Henry Ruß reagiert mit Unverständnis auf die Entscheidung.

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Die Kulturministerkonferenz der Bundesländer hat die Bewerbung der Göltzschtalbrücke als Weltkulturerbe nicht auf die deutsche Meldeliste an die UNESCO gesetzt. Der Beschluss wurde auf einer Sondersitzung am Montag gefasst.

Göltzschtalbrücke wird wegen baulicher Veränderungen abgelehnt

Der Antrag, die Göltzschtalbrücke auf die Meldeliste zu setzen, wurde mit der Begründung abgelehnt, dass es am Brückenkopf nicht denkmalgerechte bauliche Veränderungen gegeben habe. Dort heißt es, dass die Verbreiterung des Brückenkopfs sowie die vollständige Auflösung der ursprünglich geschlossenen Brüstung in Form eines Stabgeländers den Forderungen nach Wahrung der Authentizität (Form und Gestalt, Material und Substanz) widerspricht.

Die Modernisierung des Brückenkopfes der Göltzschtalbrücke war für die Kulturministerkonferenz Stein des Anstoßes. Bildrechte: Daniel Unger

GöltzschtalbrückeDie Göltzschtalbrücke ist die größte Ziegelsteinbrücke der Welt. Sie wurde zwischen 1846 und 1851 beim Bau der Eisenbahnstrecke zwischen Leipzig und Nürnberg errichtet. Sie ist 78 Meter hoch und 574 Meter lang. Die Spannweite des größten Bogens beträgt 30,9 Meter. Für ihren Bau wurden etwa 26 Millionen. Ziegelsteine benötigt, die in 20 Ziegeleinen entlang der Bahnstrecke gebrannt wurden. Fast 1.800 Arbeiter waren beim Bau der Brücke beschäftigt, 31 von ihnen kamen ums Leben.Quelle: Stadt Reichenbach im Vogtland

Reichenbachs Oberbürgermeister Ruß: eine absolut falsche Entscheidung

Reichenbachs Oberbürgermeister Henry Ruß (Die Linke) kritisierte die Entscheidung der Kulturministerkonferenz im Gespräch mit MDR SACHSEN scharf. Die Nachricht sei ein Schlag in die Magengrube gewesen. "Ich halte es für eine absolut falsche Entscheidung." Die Begründung der Ablehnung sei für ihn nicht schlüssig. "Die Brücke steht seit mehr als 170 Jahren und heute fahren immer noch Züge drüber." Das sei nur möglich, weil der Brückenkopf modernisiert worden sei. "Wer das ausschließt, da weiß ich nicht, was der im Kopf hat, auf Deutsch gesagt", sagte Ruß.

Nach der Niederlage ist vor dem Erfolg: Reichenbach will weiter versuchen, die Göltzschtalbrücke zum UNESCO-Weltkulturerbe erklären zu lassen. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael

Er kritisierte ebenfalls die Entscheidung, den 1956 eröffneten Stuttgarter Fernsehturm und das Olympiazentrum München auf die Bewerbungsliste zu setzen. "Ich kann nicht verstehen, was ein Stuttgarter Fernsehturm oder das Olympiastadion in München hat, was wir nicht haben." Die Göltzschtalbrücke sei einmalig. "Einen Turm kann jeder bauen, ein Stadion auch. Entschuldigung, wenn ich das so sage: Im Endeffekt war der Fachrat ziemlich kleingeistig. Deshalb werden wir es wieder probieren."

Im Endeffekt war der Fachrat ziemlich kleingeistig.

Henry Ruß (Die Linke) | Oberbürgermeister Reichenbach

Görlitz, Hellerau und Meißen verlieren ebenfalls

Die Bewerbungen von Görlitz, der Gartenstadt Hellerau und der Stätten der Porzellanherstellung in Meißen wurden ebenfalls abgelehnt.

Görlitz wurde vorgeworfen, dass entsprechende Grundlagenforschung fehle, um die Bausubstanz historisch einzuordnen. Zudem gebe es in anderen europäischen Städten eine ähnlich gut erhaltene Bausubstanz, sodass der Stadt ein Alleinstellungsmerkmal fehle.

Die Bewerbung der Stadt Görlitz mit dem Titel "Ein Architekturensemble von Kaufleuten an der Via Regia" fiel ebenfalls durch. Bildrechte: picture alliance / dpa | Jens Trenkler

Der Dresdner Stadtteil Hellerau schaffte es mit seiner Gartenstadt ebenfalls nicht auf die Empfehlungsliste. Dort monierte die Kommission, dass die "Reformarchitektur" in Vergleich mit und in Abgrenzung zu anderen Stätten nicht konsequent analysiert worden sei.

Der Stadt Meißen empfahl die Kommission, sich mit der Porzellanproduktion als immaterielles Kulturerbe zu bewerben, da diese beeindruckender sei als die Produktionsstätten. Meißen hatte sich mit der Albrechtsburg, in der 1710 die erste Porzellanmanufaktur auf europäischem Boden gegründet wurde, und der Manufaktur in Meißen-Triebischtal beworben.

Auch Meißen fiel als Wiege der europäischen Porzellanherstellung bei der Kommission durch. Bildrechte: IMAGO / imagebroker

MDR (tfr/bsc)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Chemnitz | 05. Dezember 2023 | 16:30 Uhr