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Schnell- statt PCR-CoronatestsVirologe kritisiert: Schnelltests nicht sensitiv genug

07. September 2022, 14:39 Uhr

In Sachsen gilt ab sofort eine neue Regelung zu Corona-Tests. Für den Nachweis einer Infektion reicht jetzt ein positiver Schnelltest aus einem Testzentrum oder von einem Arzt beziehungsweise einer Ärztin aus. Ein PCR-Test muss dann nicht mehr gemacht werden. Virologen stellen infrage, wie sinnvoll diese Regel ist – auch im Hinblick auf den Herbst.

Einige Bundesländer wie Brandenburg, Baden-Württemberg oder Berlin machen es bereits seit Monaten so. Nun zieht Sachsen nach: Ein positiver Schnelltest genügt dann, um eine Corona-Infektion nachzuweisen. Ein offizieller Schnelltest gilt dann auch als Nachweis gegenüber dem Arbeitgeber. Das bedeutet: weniger PCR-Tests.

Virologe Liebert: PCR-Tests haben sich etabliert

Diese Entwicklung sieht Uwe Gerd Liebert, Virologe und ehemaliger Direktor des Instituts für Virologie der Universität Leipzig, skeptisch: "Grundsätzlich muss man dazu sagen, dass jeder Schnelltest eine andere, geringere Sensitivität hat im Vergleich zum PCR-Test. Das heißt, man wird unter Umständen eine Reihe von falsch-negativen Ergebnissen im Schnelltest haben."

Jeder Schnelltest hat eine andere, geringere Sensitivität im Vergleich zum PCR-Test.

Uwe Gerd Liebert | Virologe

Nach einem positiven Schnelltest ist es Lieberts Ansicht nach sinnvoll, einen PCR-Test zu machen: "Sonst kann man keine Rückverfolgung machen, sonst kann man keine Mutationsanalyse machen. Man kann also praktisch nicht neu entstehende Varianten erkennen." Weniger PCR-Tests würden also zu einer schlechteren Datenlage führen. PCR-Tests seien mittlerweile in den Laboren etabliert. Es spreche aus medizinischer Sicht nichts dagegen, sie auch weiterhin flächendeckend durchzuführen.

Schnelltests fallen häufiger falsch-negativ aus

Wie zuverlässig Schnelltests im Vergleich zu PCR-Tests sind, hat ein Team des Universitätsklinikum Würzburg in einer aktuellen Studie erforscht. Von Ende 2020 bis Januar 2022 wurden bei knapp 27.000 Personen Proben entnommen. Studienleiter Manuel Krone fasst die zentrale Erkenntnis zusammen: "Wir sehen hier eine Sensitivität von 38,5 Prozent. Das heißt, es werden nur zwei von fünf PCR-positiv getesteten Personen dann auch per Schnelltest als positiv erkannt." Bei der Omikron-Variante sei die Sensitivität noch geringer. Sie liege bei knapp 34 Prozent.

Verzichtet man auf die PCR-Testung, verpasst man nach Aussage Krone also einige Infizierte, bei denen der Schnelltest nicht anschlägt. Liege allerdings schon ein positiver Schnelltest vor, könne man auf die Bestätigung durch das PCR-Ergebnis verzichten, meint der Mediziner: "Bei den aktuell hohen Inzidenzen sehe ich kein Problem einer statistischen Verzerrung, dadurch, dass jetzt auch ein positiver Schnelltest schon in die Statistik zählt. Weil die Chance, dass ein positiver Schnelltest sich auch in der PCR bestätigt, einfach aktuell sehr hoch ist."

Nur PCR-Tests gehen in die Infizierten-Statistik ein

Der Knackpunkt ist aber: Das Robert-Koch-Institut meldet nur PCR-bestätigte Fälle. Das sächsische Sozialministerium teilt dazu auf Anfrage von MDR SACHSEN schriftlich mit: "Die Ergebnisse der Antigentests werden wie bisher auch an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet und von da aus über die Landesuntersuchungsanstalt Sachsen auch ans RKI weitergeleitet (…). In die offizielle Fallstatistik werden nur Fälle gezählt, die mittels PCR-Test bestätigt wurden und damit der Referenzdefinition des RKI entsprechen." Viele Fälle aus Sachsen – mutmaßlich sogar die meisten – werden in den RKI-Zahlen künftig also nicht mehr auftauchen.

MDR AKTUELL

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 05. September 2022 | 06:00 Uhr