Plädoyers der VerteidigungProzess Grünes Gewölbe: Verteidiger sehen Deal nicht erfüllt
Wird sich die Rückgabe von gestohlenen Schmuckstücken für einige der sechs Angeklagten im Prozess um den Einbruch ins Grüne Gewölbe lohnen? Das wird sich Mitte Mai zeigen, wenn das Urteil fällt. Am Dienstag haben die Verteidiger ihre Plädoyers gehalten.
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Im Prozess um den Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden haben am Dienstag die Verteidiger der sechs Angeklagten ihre Plädoyers gehalten. Vor dem Landgericht Dresden forderten sie mildere Strafen, als die Staatsanwaltschaft beantragt hatte, in einem Fall einen Freispruch. Das Urteil soll am 16. Mai fallen.
Verteidiger werfen Staatsanwaltschaft Bruch der Absprache vor
In ihren Schlussvorträgen haben die Anwälte die Staatsanwaltschaft Dresden scharf kritisiert. Sie habe sich nicht an die Ende 2022 vereinbarte Absprache gehalten, hieß es. Unter anderem seien höhere Strafmaße beantragt worden als abgesprochen. Von dem Moment an, an dem die Rückgabe des Schmuckes erfolgt sei, habe sich die Staatsanwaltschaft von der juristischen Verständigung gelöst, so der Vorwurf.
Der Deal mit vier der sechs Angeklagten war zustande gekommen, um die gestohlenen Schmuckstücke zurückzubekommen. Im Gegenzug dafür sowie für umfangreiche Geständnisse war Strafmilderung versprochen worden. Ein Großteil der Juwelen wurde daraufhin im Dezember 2022 übergeben, jedoch in beschädigtem Zustand.
Das fordern die Anwälte der Angeklagten
Die Anklagevertreter sind in ihren Plädoyers unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß geblieben. Demnach soll der 29-jährige Rabieh R. zu fünf Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt werden. Für ihn wurde zudem Haftverschonung beantragt. Nach Information von MDR SACHSEN begründet das der Anwalt damit, dass sein Mandant seit zwei Jahren und fünf Monaten in der Untersuchungshaft säße und mögliche Haftverschonungen mit der Staatsanwaltschaft ausgehandelt worden seien.
Erneut Kritik am Einsatz von Mantrailer-Hunden
Für einen der beiden 24 Jahre alten Zwillingsbrüder wurden vier Jahre Jugendstrafe gefordert. Die Anwälte eines 26-Jährigen, der noch seine Jugendstrafe wegen des Diebstahls der Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum 2017 verbüßt, forderten für ihn maximal fünf Jahre und neun Monate sowie die Unterbringung in einer Drogen-Entziehungsanstalt. Eine Anwältin brachte eine Aussetzung der Reststrafe für ihren Mandanten ins Gespräch, da dieser ein Drittel der Strafe längst verbüßt habe. Für den sechsten Angeklagten hat dessen Anwalt einen Freispruch gefordert. Erneut kritisierte der Anwalt den Einsatz von Mantrailer-Hunden und deren Geruchsspuren als "Scheinbeweise" vor Gericht.
Das fordert die Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwaltschaft hatte bereits Ende März ihre Sicht dargelegt. Konkret fordert die Staatsanwaltschaft für Wissam R. (26) und Rabieh R. (29) jeweils sechs Jahre und acht Monate Haft. Ein 27 Jahre alter weiterer Angeklagter soll für fünf Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Zwei der Angeklagten sind nach Jugendstrafrecht bewertet worden. Sie waren in der Tatnacht 20 Jahre alt. Einer der beiden war geständig und soll zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt werden. Für den anderen plädierte die Staatsanwaltschaft auf sechs Jahre.
Der sechste Angeklagte, Ahmed R., soll freigesprochen werden, hieß es Ende März. Der 25-Jährige hatte im Verlauf des Prozesses ein Alibi vorweisen können. Demnach war er zum Tatzeitpunkt in einer Berliner Klinik gewesen. Die Staatsanwaltschaft geht neben den oben genannten fünf Tätern noch von einem bislang unbekannten Mitbeteiligten aus.
Angeklagter entschuldigt sich
Nach Informationen von MDR SACHSEN haben zwei Angeklagte die Möglichkeit genutzt, letzte Worte vor dem Urteil zu sprechen. Demnach sagte Wissam R., er wolle von den Drogen wegkommen. Er habe keine Möglichkeit gehabt, auszusteigen, weil er wegen seines Drogenkonsums viele Schulden hatte. Zudem sei er froh, dass der Großteil der Beute wieder da sei. Ein weiterer Angeklagter dankte dem Gericht für das faire Verfahren und entschuldigte sich. Er betonte, dass bei ihm keine Fluchtgefahr bestehen würde.
Späte Reue nach Deal mit Behörden
Der Kunstdiebstahl aus Sachsens Schatzkammermuseum am 25. November 2019 gilt als einer der spektakulärsten in Deutschland. Die Täter erbeuteten 21 Schmuckstücke aus Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von mehr als 113 Millionen Euro. Seit mehr als einem Jahr müssen sich sechs Männer im Alter von 24 bis 29 Jahren dafür verantworten. Sie stammen aus einer arabischstämmigen Berliner Großfamilie. Fünf von ihnen hatten im Prozessverlauf zugegeben, an dem Coup oder der Vorbereitung beteiligt gewesen zu sein und Reue gezeigt. Die Bereitschaft dazu resultierte aus einem Deal zwischen Gericht, Verteidigung und Staatsanwaltschaft.
Diese Verständigung war vor Weihnachten 2022 mit den Verteidigern getroffen worden. Sie war mit der Aussicht auf mildere Strafen verbunden. Der Deal hatte zur Rückgabe eines Großteils der gestohlenen Diamanten geführt. Den Angeklagten wird schwere Brandstiftung mit gefährlicher Körperverletzung, Diebstahl mit Waffen sowie Sachbeschädigung in Höhe von mehr als einer Million Euro vorgeworfen.
MDR (kk)/epd/dpa
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 02. Mai 2023 | 19:00 Uhr