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Debatte bei "Fakt ist!""Kiffen macht blöd": Jenaer Mediziner warnt vor Gefahren für junge Erwachsene

19. März 2024, 03:26 Uhr

Wie viele Joints lassen sich aus 50 Gramm Cannabis bauen? Und ist der Zug am "Tütchen" so harmlos wie Konsumenten gern behaupten? Beim MDR-Talk "Fakt ist!" versuchten sich am Montagabend Befürworter und Kritiker der beschlossenen Legalisierung an einer möglichst nüchternen Diskussion.

von Martin Moll, MDR THÜRINGEN

Entspannt bleiben fällt schwer, wenn es um Rauschmittel geht. Vor allem, wenn sie von manchen als Genussmittel betrachtet werden. Immerhin, da waren sich die Podiumsgäste beim MDR-Talk "Fakt ist!" einig: Empfehlen sollten man den Konsum niemandem. Vom medizinischen Gebrauch mal abgesehen.

Professor Martin Walter, Leiter der Psychiatrischen Uniklinik Jena, erwartet mit der vom Bundestag beschlossenen "kontrollierten Freigabe" von Cannabis mehr Konsumenten als bisher - darunter insbesondere junge Erwachsene. Und genau dies bereitet ihm Sorge.

Denn das Gehirn brauche bis zum 25. Lebensjahr, um vollends auszureifen - und der Konsum von Cannabis schädige diese Entwicklung, sagt Walter. "Kiffen macht langsamer, macht vergesslicher. Wir können auch sagen: Es macht blöd." Es hemme die soziale Entwicklung, weil man verlerne, sich mit Problemen auseinander zu setzen. "Man ist nicht mehr so frustrationstolerant."

Depressionen und Marihuana-Konsum

Auch die Wechselwirkung zwischen Depressionen und dem Konsum von Marihuana und Haschisch sei inzwischen bekannt. Auf diese Gefahren werde bislang viel zu wenig hingewiesen. "Wir hinken bei der Aufklärung zehn Jahre hinterher. Ich brauche nicht mehr Menschen, die geschädigt in die Klinik kommen", sagt Walter mit Blick auf die Freigabe der Droge.

Sie sprachen mit Studiogästen und dem Publikum: Lars Sänger und Andreas Menzel. Bildrechte: MDR/Jens Borghardt

SPD-Abgeordnete: "Entkriminalisierung überfällig"

Auf mehr Präventionsarbeit setzen möchte auch Tina Rudolph, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Thüringen und selbst Ärztin. Sie verteidigt den Plan der Ampelkoalition und hält die Entkriminalisierung des Cannabiskonsums für überfällig. "Den Konsum gibt es sowieso", sagt sie. Über vier Millionen Menschen in Deutschland würden Cannabis konsumieren.

Die Legalisierung werde dabei helfen, den schon immer vorhandenen Schwarzmarkt auszutrocknen und somit auch den unkontrollierten Verkauf teils gestreckter Drogen. Einen starken Anstieg der Konsumentenzahlen erwartet sie nicht.

CDU-Abgeordneter: "Jugendschutz wird vernachlässigt"

Kein Verständnis für die Legalisierung von Cannabis hat der Thüringer CDU-Landtagsabgeordnete Christoph Zippel. Dass etwas bisher Verbotenes erlaubt werde, obwohl der Jugendschutz so wichtig sein soll, sei ihm schleierhaft. Zippel: "Wir haben in Deutschland die gute Tradition, dass wir die Bevölkerung vor Gesundheitsgefährdungen schützen". Dies beabsichtige die Ampelregierung hier offenbar nicht.

Wieso die CDU den Jugendschutz bei der Werbung für alkoholische Getränke, Tabakprodukte und Glücksspiel offenbar anders sehe, fragte Publikumsgast Hermann Klatt. Er hat in Erfurt einen Cannabis Social Club gegründet - für den kontrollierten Anbau und Verkauf. Die Namen von 500 Menschen stünden bereits auf der Voranmeldeliste.

Etwa fünf Euro soll ein Gramm Cannabis kosten - die Hälfe des aktuellen Schwarzmarktpreises. Hinzu komme jedoch ein Mitgliedsbeitrag.

Bis zu 50 Gramm Cannabis pro Club-Mitglied

Erlaubt nach dem neuen Gesetz ist die Abgabe von bis zu 50 Gramm im Monat pro Club-Mitglied. Laut Moderator Andreas Menzel entspräche das - "wenn man es nicht übertreibt" - ungefähr fünf Joints pro Tag.

Eine Zahl, die Professor Martin Walter von der Uni-Klinik Jena beunruhigt. Auch wenn das eigentliche Problem seiner Meinung nach sei, dass aufgrund der Legalisierung generell mehr junge Menschen zum Joint greifen könnten. "Nur weil wir beim Alkohol vieles falsch gemacht haben, sollten wir es mit anderen Dingen nicht auch falsch machen."

Auch Publikumsgäste diskutierten bei "Fakt ist!" in Erfurt mit. Bildrechte: MDR/Jens Borghardt

Das Cannabis-Gesetz kommt voraussichtlich am 22. März abschließend noch in den Bundesrat. Zustimmungsbedürftig ist es aber nicht. Sollte das Verfahren nicht abgebremst werden, werden Besitz und Anbau von Cannabis zum 1. April für Volljährige zum Eigenkonsum legal - mit allerlei Vorgaben.

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MDR (mm)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | FAKT IST! | 18. März 2024 | 22:05 Uhr

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