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Hörer machen ProgrammWarum dauert die Bearbeitung von Elterngeld-Anträgen so lange?

13. Juni 2022, 05:05 Uhr

Die Bewilligung von Elterngeld-Anträgen dauert derzeit häufig mehrere Monate. MDR-Userin Christin Ketzenberg kommt aus dem Landkreis Gotha und ist vor einigen Monaten Mutter geworden. Sie möchte wissen: "Wie rechtfertigen Jugendämter derzeitige Bearbeitungszeiten von Elterngeldanträgen ab Antragseingang von zwölf Wochen bis teilweise einem halben Jahr?"

Christin Ketzenberg wohnt im Landkreis Gotha und ist vor einigen Monaten Mutter geworden. Damit die junge Familie weiter über die Runden kommt, hat sie Elterngeld beantragt – und dann lange darauf gewartet. Bis acht Wochen nach der Geburt bekam sie Mutterschaftsgeld – danach ging erstmal nichts auf dem Konto ein. Am Ende waren es knapp drei Monate, ehe Ketzenbergs Antrag bewilligt wurde.

Und Christin Ketzenberg ist nicht allein. Aus vielen Städten und Landkreisen gab es zuletzt ähnliche Berichte. In Erfurt räumte die Stadtverwaltung im März ein, dass Eltern hier drei bis vier Monate aufs Geld warten müssen – nicht im Einzelfall, sondern durchschnittlich.

Hoher Krankenstand, unbesetzte Stellen

Auf Nachfrage teilt das Erfurter Jugendamt mit: "Gründe für die lange Bearbeitungszeit waren neben hohen Krankenständen auch unbesetzte Stellen. Die missliche Personallage bestand nicht erst seit März 2022, bloß zeigte sich das Ausmaß dessen erst zu diesem Zeitpunkt."

Und wie sich das auf wartende Familien auswirkt, erklärt Kathleen Frost vom Thüringer Verband alleinerziehender Mütter und Väter: Im schlimmsten Fall hätten die Familien zunächst gar kein Geld. In der Regel trudele dann das Kindergeld noch etwas eher bei den Eltern ein. "Aber man hat ja trotzdem die laufenden Fixkosten wie Miete, Strom, Gas, die Nahrungsmittel und den ganzen Babybedarf – und das ist natürlich alles deutlich teurer geworden."

Allerdings fühlen sich die Ämter nicht allein dafür verantwortlich. Das Jugendamt Erfurt nennt noch eine zweite Ursache: "Es ist nicht außer Acht zu lassen, dass auch die Antragstellerin eine schnellere Abarbeitung durch die vollständige Hereingabe oder das zeitnahe Nachreichen von Unterlagen positiv beeinflussen kann." Da sei was dran, sagt Bettina Krause, Familienberaterin bei der Diakonie in Gera.

Einsammeln von Unterlagen dauert

Krause hilft regelmäßig beim Ausfüllen von Anträgen. Zum einen gebe es ausländische Eltern, die mit dem Behördendeutsch auf den Formularen kämpften, erzählt sie. Doch auch Muttersprachler brauchen ihr zufolge viele Tage bis Wochen, um alle Unterlagen zu sammeln: Geburtsurkunde, Gehaltsnachweise – und damit haben Eltern noch längst nicht alles bedacht.

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"Dass sie zum Beispiel die Bescheinigung der Krankenkasse über den Bezug von Mutterschaftsleistungen beim Elterngeld mit einreichen müssen. Oder was jetzt noch nicht so lange bei der Elterngeldbeantragung abgefragt wird, ist die Bescheinigung des Arbeitgebers über die Elternzeit im Unternehmen", zählt Krause auf.

Dabei können die Ämter aber auch helfen, hat man in Erfurt bemerkt: Nachdem das Jugendamt eine Checkliste ins Internet gestellt habe, welche Unterlagen es genau braucht, seien weniger unvollständige Anträge ins Haus gekommen. Außerdem teilt das Amt mit: Wer durch ausbleibendes Elterngeld in eine finanzielle Notlage gerate, könne sich um Wohngeld oder einen Kinderzuschlag bemühen.

Ausweichen auf andere Hilfen nützt wenig

Doch dieser Tipp nütze wenig, sagt Familienberaterin Bettina Krause. "Das Problem bei der Beantragung von anderen Hilfen ist, dass die Bearbeitungszeiten dort ähnlich lange dauern wie beim Elterngeld."

Eine wirkliche Lösung für schnellere Bearbeitungszeiten liegt somit nicht in Sozialhilfen oder Checklisten, sondern in den Jugendämtern selbst. In Erfurt hat sich die Lage nach eigenen Angaben gebessert. Zum einen durch neue Mitarbeiter. Aber auch – wie es auf Anfrage selbstkritisch heißt – durch "modernisierte Arbeitsabläufe".

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 13. Juni 2022 | 06:00 Uhr

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