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Europäische GemeinschaftFördermittel, Frieden und Krisen: Was Thüringen von der EU hat

09. Mai 2024, 17:03 Uhr

Die Europäische Union steht häufig in der Kritik: Zu viel Bürokratie, zu viel Uneinigkeit, zu häufig sind die Mitgliedsländer uneins und blockieren sich gegenseitig. Trotzdem: Die EU hat ihre Vorzüge. Der Europatag am Donnerstag soll daran erinnern. Wir stellen anlässlich dessen einige Vorzüge der EU vor.

von Florian Girwert, MDR THÜRINGEN

Der Europtag markiert den Jahrestag der Schuman-Erklärung von 1950, in der Robert Schuman seine Idee für eine stärkere Verbindung der Kohle- und Stahlindustrien Frankreichs und Deutschlands vorstellte. Dieser Vorschlag mündete in die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, den Vorläufer der heutigen Europäischen Union. Doch was haben Thüringen und die Thüringer von der EU?

Frieden

Zwischen den Mitgliedsländern der Europäischen Union und den Vorläuferorganisationen ab 1952 herrscht Frieden. "So lange wie selten zuvor in Europa", sagt Christoph Ohler, Richter am Thüringer Verfassungsgerichtshof und Professor für Öffentliches Recht und Europarecht an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zwar gibt es bis ins Jetzt hinein Kriege in Europa - etwa zwischen Russland und der Ukraine oder in den 1990er-Jahren auf dem Balkan. Keines der beteiligten Länder war allerdings während dieser Kriege Mitglied der EU. Slowenien trat der EU im Jahr 2004 bei, Kroatien folgte im Jahr 2013.

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Wirtschaftswachstum

Durch den Binnenmarkt, der seit 1993 besteht, ist der Warenverkehr innerhalb der EU erleichtert. In Handelsfragen ist zudem die EU-Kommission zuständig, die Staatengemeinschaft nach außen hin zu vertreten. Thüringen etwa hat in den vergangenen Jahren stets mehr als die Hälfte seiner Exporte in EU-Staaten geliefert, einen kleinen Knick gab es nach dem Austritt Großbritanniens.

Im Jahr 2023 lag der EU-Anteil der Thüringer Exporte bei etwa 53 Prozent, die Waren und Dienstleistungen hatten einen Wert von knapp unter 10 Milliarden Euro - ein Allzeithoch. Andreas Freytag, Professor für Wirtschaftspolitik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, sagte, die Sicherung des Friedens funktioniere letztlich auch über den gemeinsamen Wohlstand - das habe der Schumann-Plan einkalkuliert.

Landwirtschaft

Die EU hat eine Reihe von Fördertöpfen mit unterschiedlichen Aufgaben. Aus der Gemeinsamen Agrarpolitik etwa fließen jedes Jahr knapp 200 Millionen Euro nach Thüringen an landwirtschaftliche Betriebe. Im Gegenzug müssen die die eine Reihe von Auflagen erfüllen, was immer Kritik auslöst. Zudem gelten die Bedingungen als höchst bürokratisch, was bei den Bauernprotesten zu Beginn des Jahres immer wieder zum Ausdruck kam.

Fördermittel

Neben den Agrar-Subventionen gibt es eine Reihe anderer Förderprogramme. Das aktuell größte aus Thüringer Sicht ist der Europäische Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE). Das Geld wird jeweils über einen Zeitraum von sechs Jahren beantragt und ausgeschüttet, dann wird das Budget neu verhandelt. In der aktuellen Förderperiode, die bis 2027 dauert, stehen 1,088 Milliarden Euro für Thüringen zur Verfügung. Zweck ist, grob gesagt, die Weiterentwicklung einer Region in wirtschaftlicher Hinsicht.

Verbunden wird das mit zahlreichen anderen Ansinnen - etwa der klimafreundlichen Umgestaltung der Wirtschaft. Gefördert wurden aus EFRE-Mitteln in Thüringen zum Beispiel Messeauftritte von Unternehmen, der Neubau von Hochschulgebäuden, sparsamere Öfen für Bäckereien, aber auch die Erschließung von Gewerbegebieten.

Reisefreiheit

Die gemeinsame Währung zahlreicher EU-Staaten und der Verzicht auf Grenzkontrollen gemäß dem Schengener Abkommen erleichtern Reisen innerhalb der Union.

Bildung

Universitätsabschlüsse sind durch den sogenannten Bologna-Prozess europaweit vereinheitlicht worden. Seither werden oft Bachelor und darauf aufbauend Master als Abschlüsse an Hochschulen angeboten. Das soll auch den Austausch zwischen den Hochschulen innerhalb der EU fördern. Aus Thüringen konnten seit 2016 mehr als 5.600 Studierende zeitweise an Hochschule im EU-Ausland lernen.

Krisen

In schlechtes Licht ist die Europäische Union durch die zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre gekommen. Beginnend mit der Finanzkrise und der Staatsschuldenkrise ab 2008 wurde die EU umstrittener. 2015 kam die Flüchtlingskrise hinzu, 2020 die Corona-Pandemie und 2022 der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Das führt dazu, dass mehr Menschen die EU skeptisch sehen.

Björn Höcke etwa, Thüringer Landeschef der AfD, will die EU abwickeln. Sie sei nicht reformfähig. An ihre Stelle müsse ein neuer Staatenbund treten. Was schwierig wird, wie Christoph Ohler von der Universität Jena sagt. Um das zu erreichen, müssten nämlich die EU-Verträge geändert werden. Und das sei eigentlich unmöglich, weil vieles davon einstimmig von allen Ländern beschlossen werden müsste.

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MDR (ls)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 09. Mai 2024 | 19:00 Uhr

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