Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben

HandwerkThüringer Bauhandwerker blicken sorgenvoll aufs kommende Jahr

29. Dezember 2023, 18:40 Uhr

Thüringens Handwerk ist ein großer Arbeitgeber: Etwa 148.000 Menschen arbeiten in den Betrieben. In den vergangenen Jahren lief das Geschäft gut. Für das Bauhandwerk werden die Aussichten derzeit immer schlechter. Das sind immerhin ein Viertel der Betriebe.

von MDR THÜRINGEN

Der Hauptgeschäftsführer des Thüringer Handwerkstags, Thomas Malcherek, rechnet im kommenden Jahr mit erheblichen Problemen in Teilen des Handwerks. "Für 2024 mache ich mir Sorgen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das betreffe vor allem den großen Bereich des Bauhandwerks, zu dem in Thüringen etwa jeder vierte Betrieb gehöre. Die Neubauprojekte von privaten und gewerblichen Auftraggebern sowie Projektentwicklern seien dramatisch gesunken, ebenso wie die Zahl der Baugenehmigungen. "Was jetzt nicht genehmigt ist, wird in den nächsten Monaten nicht gebaut."

Baustelle eines Wohnhauses (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/Daniel Reinhardt

Die Daten des Landesamtes für Statistik bestätigen die Einschätzung: Im Jahr 2023 gab es bis Oktober (neuere Zahlen liegen nicht vor) insgesamt 2.827 Baugenehmigungen für Gebäude. 2022 waren es im gleichen Zeitraum 3.971. Das ist für dieses Jahr ein Minus von knapp 29 Prozent.

Malcherek plädiert für mehr steuerliche Anreize für den Wohnungsbau, die es in der Vergangenheit bereits gegeben habe. Heute würden Investoren zu selten ihr Geld in den Kauf und die Modernisierung von Mehrfamilienhäusern stecken.

Einbruch bei Bauaufträgen im Frühjahr

Nach Prognosen könnte es bereits um Ostern im Thüringer Bauhandwerk zu Kurzarbeit kommen. "Das ist schon Thema in den Betrieben. Es sind keine Aufträge da", sagte Malcherek. Ob die von 6,5 auf 5,0 Prozent gesenkte Grunderwerbsteuer in Thüringen deutliche Verbesserungen bei der Auftragslage bringt, ist aus seiner Sicht fraglich. Die Steuersenkung sei richtig, weil Thüringen im Ländervergleich einen hohen Steuersatz gehabt habe. Mittelfristig könne sie jungen Familien finanziell eine Erleichterung beim Bauen bringen.

Die Sparkasse Mittelthüringen vermutet, dass die Steuersenkung im noch laufenden Jahr eine aufschiebende Wirkung hat. Man beobachte bei Projekten, die die Sparkasse betreut, dass etwa der Kauf von Grundstücken in den letzten Monaten des Jahres 2023 auf 2024 verschoben werde. Solche Projekte haben oft einen sechsstelligen Wert. Da machten 6,5 oder 5 Prozent Steuer einen Unterschied von einigen Tausend Euro, sagte der Leiter des Vorstandsstabs der Sparkasse Mittelthüringen David Maisel MDR THÜRINGEN.

Bei angenommenen 100.000 Euro Grundstückspreis werden dann statt 6.500 Euro nur noch 5.000 fällig. Wer von einem Bauträger kauft, muss die Grunderwerbsteuer auch auf das noch nicht gebaute Haus zahlen. Wenn das Gesamtpaket aus Haus und Grundstück mit 400.000 Euro veranschlagt ist, werden bisher 26.000 Euro fällig - zum Jahreswechsel nur noch 20.000.

Trotzdem wird die Lage fürs Bauhandwerk schwierig bleiben: Nach Einschätzung von Malcherek kann das sogar dazu führen, dass Bauhandwerker im Alter um die 60 Jahre früher in Pension gingen und ihre Betriebe aufgäben. "Ein Grund könnte sein, dass Verluste vermieden werden sollen und es ohnehin kaum Aussicht gibt, dass der Betrieb an einen Jüngeren übergeben werden kann." Also eine Betriebsschließung ohne Insolvenz. Einige Betriebe würden möglicherweise auch nur verkleinert.

Weniger Aufträge, trotzdem Wartezeiten

Das könnte zu der paradoxen Situation führen, dass Auftraggeber weiterhin warten müssten, bis ihre Anliegen umgesetzt werden. In den vergangenen Jahren mussten Auftraggeber teilweise viele Monate warten, bis Handwerker kamen, weil deren Auftragsbücher voll waren.

Derzeit gibt es nach Angaben des Handwerkstags etwa 29.700 Handwerksbetriebe in Thüringen. Sie sind mit etwa 148.000 Beschäftigten und rund 6.500 jungen Leuten in der Ausbildung ein wirtschaftliches Schwergewicht und ein wichtiger Arbeitgeber. Seit Jahren sinke jedoch die Zahl der Betriebe. "Das wird in Zukunft nicht besser", so der Hauptgeschäftsführer. Die Zahl der Auszubildenden im Handwerk aber steigt seit einigen Jahren wieder.

Ausbaugewerbe mit Ausweichmöglichkeiten

Weniger angespannt als im Bauhauptgewerbe stelle sich die Lage im Ausbaugewerbe dar, sagte Malcherek. Dort gebe es noch einen besseren Auftragsbestand, zudem könnten die Betriebe durch Modernisierungen einiges abfangen. Im Bereich Heizung, Sanitär, bei Bodenlegern, Malern, Elektro-, Sicherheits- und Steuerungstechnik gebe es mehr Ausweichmöglichkeiten für die Betriebe. "Da geht es auch weiter."

Gut sei bisher die Situation im Kfz-Gewerbe. "2023 lief es da sehr ordentlich mit Verkauf und Reparaturen." Aber auch dort gebe es Signale für eine schwächere Entwicklung in diesem Jahr. Das kurzfristige Aus für die Förderung von E-Autos habe für Verunsicherung gesorgt. Schwer zu prognostizieren sei, wie sich der private Konsum nach den teilweise deutlichen Einkommenszuwächsen und möglicherweise weiterhin hoher Inflation entwickle.

Mehr zum Baugewerbe

MDR (flog/dir), dpa

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 28. Dezember 2023 | 17:30 Uhr

Kommentare

Laden ...
Alles anzeigen
Alles anzeigen