Lebendige GeschichteGedenken an Befreiung des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora
Mit einer Gedenkveranstaltung ist bei Nordhausen am Montag an die Befreiung des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora vor 79 Jahren erinnert worden. US-Truppen hatten das Lager am 11. April 1945 erreicht. Tausende Häftlinge starben noch während oder nach der Befreiung. Zwei Überlebende waren bei der Kranzniederlegung auf dem Vorplatz des ehemaligen Krematoriums dabei.
Vor 79 Jahren, am 11. April 1945, wurde das Konzentrationslager Mittelbau-Dora durch US-amerikanische Truppen befreit. Im Lager fanden die Soldaten nur noch wenige hundert Häftlinge vor.
Der Großteil der Häftlinge war zu diesem Zeitpunkt bereits auf Räumungstransporte getrieben worden. Ihre Befreiung erlebtem sie oft erst Wochen später, Tausende starben unterwegs oder noch nach der Befreiung.
KZ-Zwangsarbeit in den Fokus gerückt
Anlässlich des 79. Jahrestags der Befreiung lädt die Gedenkstätte zu zahlreichen Veranstaltungen im Gedenken an die 60.000 Häftlinge ein, die zwischen 1943 und 1945 in das KZ Mittelbau-Dora verschleppt worden waren. Im Fokus steht dabei die KZ-Zwangsarbeit.
Das neue Museum "Zwangsarbeit im Nationalsozialismus" wird als neuer Gedenk- und Lernort der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora im Mai 2024 in Weimar eröffnen.
Mittelbau-Dora und die V 2
Nach der Bombardierung der Heeresversuchsanstalt Peenemünde im August 1943 wurde die Produktion der Vergeltungswaffe 2 unter die Erde verlegt.
Zur Produktion im Kohnstein bei Nordhausen wurden Zwangsarbeiter aus dem auch für diesen Zweck eingerichteten nahegelegenen Konzentrationslager Mittelbau-Dora rekrutiert, das erst im Spätsommer 1943 als Außenstelle des KZ Buchenwald gegründet wurde. 20.000 der etwa 60.000 eingesetzten Häftlinge überleben die infernalischen Bedingungen nicht.
Die Flüssigstoff-Fernrakete V 2 (V für Vergeltung) war 14 Meter lang, 13 Tonnen schwer und hatte eine Reichweite von 380 Kilometern. Zusammen mit der Flugbombe V 1 wurde sie von der Nazi-Propaganda zur "Wunderwaffe" erklärt, mit deren Hilfe das Hitler-Regime eine Wende im Zweiten Weltkrieg erzwingen wollte. Die V 2 wurde vor allem bei der Bombardierung Londons und Südenglands eingesetzt.
Nach dem Krieg nutzten der in die USA übergesiedelte Wernher von Braun, der die V 2 in Peenemünde mitentwickelt hatte, und seine Mannschaft die ehemalige Boden-Boden-Rakete als Grundstein für die Entwicklung der Mond-Rakete Saturn V.
Die zentrale Gedenkfeier fand in diesem Jahr am Montag, dem 15. April, statt. Die Gedenkrede hielt der Soziologe, Philosoph und Autor Nikolas Lelle von der Amadeu Antonio Stiftung. Er nahm die erinnerungskulturelle Relevanz der NS-Zwangsarbeit in den Blick, für die das KZ Mittelbau-Dora exemplarisch steht. Im Anschluss wurden Kränze auf dem Vorplatz des ehemaligen Krematoriums niedergelegt.
Stollenanlage erstmals für Besucher geöffnet
Am Nachmittag gab es dann erstmals die Möglichkeit, die neugestaltete Stollenanlage zu begehen. Die Erschließung der unterirdischen Stollen wurde in den vergangenen Monaten mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien umfangreich erneuert.
In den Stollen mussten KZ-Häftlinge Zwangsarbeit für die Untertageverlagerung der Rüstungsproduktion leisten. Als noch kein oberirdisches Barackenlager existierte, dienten sie den Häftlingen über Monate auch als Schlafstätte.
Überlebende trotz hohen Alters angereist
Zur Gedenkveranstaltung kamen auch zwei Überlebende des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora: Jerry Wartski und Albrecht Weinberg. Beide kamen Anfang 1945 mit einem Räumungstransport aus dem KZ Auschwitz nach Mittelbau-Dora.
Jerry Wartski gelangte ins Außenlager Boelcke-Kaserne in Nordhausen, wo er am 11. April durch US-amerikanische Truppen befreit wurde. Albrecht Weinberg wurde im April 1945 wiederum auf einen Räumungstransport ins KZ Bergen-Belsen getrieben, wo er am 15. April 1945 seine Befreiung erlebte.
Albrecht Weinberg wird am Dienstagabend im Ratssaal der Stadtbibliothek Nordhausen sein Buch "Damit die Erinnerung nicht verblasst wie die Nummer auf meinem Arm" vorstellen.
Stadtrundgänge als Teil der Erinnerns
Im Rahmen des Jahrestages lädt die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora darüber hinaus erneut zu zwei Stadtrundgängen zum Thema "Nordhausen im Nationalsozialismus". Die Rundgänge nehmen bekannte Orte im Nordhäuser Stadtbild in den Blick und zeigen, wie sich an diesen Orten die NS-Geschichte der Stadt nachvollziehen lässt.
Das KZ Mittelbau-Dora steht exemplarisch für die Geschichte der KZ-Zwangsarbeit und der UntertageVerlagerung von Rüstungsfertigung im Zweiten Weltkrieg. Heute ist die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora in Nordhausen ein international bedeutender Bildungs- und Gedenkort. Sie wird jährlich von etwa 60.000 Menschen besucht und ist Teil der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora mit Sitz in Weimar. In Weimar wurde ebenfalls am Montag die Ehrenbürgerwürde der Stadt Weimar an fünf Überlebende des KZ Buchenwald überreicht.
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MDR (gh)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 15. April 2024 | 10:00 Uhr