Knappe AbstimmungAbgelehnter OB-Kandidat darf in Gera doch antreten
Bei der Oberbürgermeister-Wahl in Gera darf der zunächst abgelehnte und umstrittene Bewerber Yves Berlinghoff doch antreten. Der Wahlausschuss entschied denkbar knapp. Der Entscheidung ging eine hitzige Debatte voraus.
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Für die Oberbürgermeister-Wahl in Gera sind jetzt fünf Kandidaten zugelassen. Der umstrittene Bewerber Yves Berlinghoff darf doch antreten. Das hat der Wahlausschuss der Stadt am Dienstagnachmittag in einer erneuten Sitzung nach einer zweistündigen, teils hitzigen Debatte entschieden.
Berlinghoff, der als Einzelkandidat genügend Unterstützerunterschriften gesammelt hatte, wurde mit zwei Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie einer Enthaltung für die OB-Wahl zugelassen. Hintergrund für seine Zulassung ist, dass die Stimme des Ausschussvorsitzenden Alexander Streibhardt bei einer solchen Patt-Situation doppelt gewertet wird. Dieser hatte für Ja gestimmt.
Berlinghoff sagte nach seiner Zulassung mit Blick auf die beiden Gegenstimmen, dass er deren Entscheidung nicht verstehe: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen." Tenneberg kommentierte seine Kandidatur auch damit, dass er "die Stadt ärgern wollte".
Zwei Kandidaten bleiben von OB-Wahl ausgeschlossen
Der ebenfalls als Einzelbewerber antretende Alexander Tenneberg wurde dagegen einstimmig nicht zur Wahl zugelassen. Der sich ebenso als OB-Kandidat gemeldete Andreas Kreißig (Bürgerschaft für Gera) erschien gar nicht zur erneuten Sitzung des Ausschusses. Damit wurde seine Kandidatur auch nicht zugelassen.
Der Ausschuss hatte den Wahlvorschlag für Berlinghoff wie auch für die beiden anderen Kandidaten in seiner ersten Sitzung in der vergangenen Woche noch für ungültig erklärt. Als Begründung hatte Streibhardt erklärt, dass Berlinghoff nicht für eine Berufung in ein Beamtenverhältnis geeignet sei. Er verwies auf Auskünfte des Verfassungsschutzes über den 52-Jährigen. Kreißig und Tenneberg konnten jeweils nicht die für eine Einzelbewerbung nötige Zahl an Unterstützerunterschriften vorlegen.
Der erneuten Abstimmung im Wahlausschuss ging am Dienstag eine zweistündige, teils hitzige öffentliche Sitzung im Geraer Rathaus voraus, in dem Berlinghoff und Tenneberg immer wieder den Ausschussvorsitzenden Streibhardt unterbrachen und widersprachen. Dabei wurden sie auch teils persönlich mit Aussprüchen wie: "Schämen Sie sich" (Berlinghoff) oder "Sie sind unerträglich" (Tenneberg).
Berlinghoff verwies mehrfach darauf, dass er keine einschlägigen Vorstrafen habe und sich zur demokratischen Grundordnung bekenne. Der Krankenpfleger sei zudem kein Mitglied einer Partei. Der 52-Jährige nahm in der Vergangenheit mehrmals bei Veranstaltungen des rechtsextremen Christian Klar in Gera teil und trat in einem Videoformat mit Klar auf. Die Teilnahme an einem von Klar initiierten mehrtägigen "Protestcamp" gegen ein neues Flüchtlingsheim am Geraer Krankenhaus begründet er damit, dass er als "Freier Journalist" nur wenige Stunden dort gewesen sei. Er ließ sich zudem im Vorfeld von Rechtsanwalt Martin Kohlmann beraten, dem Vorsitzenden der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften "Freien Sachsen", dessen Gesinnung er erst später im Internet festgestellt habe.
Wann darf ein Kandidat nicht für eine Bürgermeisterwahl zugelassen werden?
Im Paragraf 24, Absatz 3 des Thüringer Kommunalwahlgesetzes heißt es: Zum Bürgermeister kann nicht gewählt werden, wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt. Darüber hinaus ist nicht wählbar, wer im Übrigen die persönliche Eignung für eine Berufung in ein Beamtenverhältnis nach den für Beamte des Landes geltenden Bestimmungen nicht besitzt.
Entscheidung kann vor OB-Wahl nicht mehr angefochten werden
Der fünfköpfige Wahlausschuss besteht aus Vertretern der größten, im Geraer Stadtrat vertretenen Parteien AfD, CDU, SPD und Linken sowie dem Vorsitzenden, dem Geraer Rechtsamtsleiter Streibhardt. Die erneute Sitzung des Ausschusses hatte er "von Amtswegen" einberufen. Zudem wurde die Sitzung wegen der Einsprüche der abgelehnten Kandidaten neu angesetzt.
Die Entscheidung des Wahlausschusses zu den Kandidaten kann vor der Wahl nicht mehr beanstandet werden. Möglich wäre nur noch, dass das amtliche Endergebnis der OB-Wahlen angefochten wird. Nach der Wahl kann zudem das Landesverwaltungsamt - und nicht mehr die Stadt - die Verfassungstreue des gewählten Kandidaten im so genannten "Demokratie-Check" prüfen.
Fünf Kandidaten in Gera für OB-Wahl zugelassen
Zur Oberbürgermeister-Wahl am 26. Mai in Gera sind damit fünf Kandidaten zugelassen. Antreten können dabei neben Berlinghoff Amtsinhaber Julian Vonarb (parteilos), Wieland Altenkirch (AfD), Kurt Dannenberg (CDU) und David Kaschta (Die Partei).
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MDR (rom)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 30. April 2024 | 19:00 Uhr
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