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6,30 Euro für die Ganztagesverpflegung im Kindergarten - zu teuer? Bildrechte: IMAGO / agefotostock

Zeulenroda-TriebesEltern wehren sich gegen höhere Essenspreise im Kindergarten

22. September 2022, 17:51 Uhr

Das Essen in den städtischen Kindergärten von Zeulenroda-Triebes (Landkreis Greiz) wird vorerst nicht teurer. Der Stadtrat hat die neue Entgeltordnung nach heftiger Diskussion zwischen Stadträten und Elternvertretern in den Ausschuss zurückverwiesen. Der Preis für die Ganztagsverpflegung sollte um rund drei Euro steigen.

von Franziska Heymann, MDR THÜRINGEN

Sie stehen in der offenen Saaltür, sitzen auf den Fensterbänken, stehen an der Wand hinter den Stadträten: Mehr als 30 Mamas und Papas von Kindergartenkindern haben am Mittwochabend die Stadtratssitzung in Zeulenroda besucht, um ihrem Ärger über die geplante Essengelderhöhung in den städtischen Kindertagesstätten Luft zu machen.

Bisher zahlen sie zwischen 3,30 Euro und 5,75 Euro für die Ganztagsverpflegung ihrer Sprösslinge. Künftig sollen Frühstück, Mittag und Vesper insgesamt 6,30 Euro pro Tag kosten. Aber nur, weil die Stadt mit 1,20 Euro das Essen bezuschusst - sonst würde es 7,50 Euro kosten.

Was kostet das Essen? Alte Preise - neue PreiseFrühstück 0,50 / 1,45 Euro
Getränke/Obst 0,25 / 0,25 Euro
Mittagessen 2,55 / 3,60 Euro
Vesper 0,50 / 1,00 Euro

Quelle: Anlage Entgeltverordnung Stadtratssitzung vom 21.09.2022

Vorwurf: Millionen fürs Waikiki, kein Geld fürs Kinderessen

Die erste Preissteigerung seit 2018 sorgt für massiven Unmut. "Die Stadt investiert Millionen in das Waikiki, um diesen Trümmerhaufen am Leben zu erhalten. Das ist ein Fass ohne Boden", kritisiert eine Mutter. Sie zahlt für zwei Kinder im Kindergarten "Sonnenschein" künftig mehr als 500 Euro im Monat - und erhofft sich wie viele andere im Saal von der Stadtverwaltung andere Prioritäten beim Geldausgeben.

Franziska Grimm erklärt, wie der Förderverein des Kindergartens "Frohe Zukunft" für zahlreiche neue Spielgeräte sorgte. Das sei dringend nötig gewesen, denn von der Stadt habe es keine Hilfe gegeben - und nun wäre es eben schön, wenn auch die Stadt unterstützen könne.

Die Antwort von Bürgermeister Nils Hammerschmidt (IWA-Pro Region) - "Sie wissen ja, warum Sie das machen" - kam bei den Eltern nicht gut an, viele empfanden die Aussage sinngemäß als ein "Pech gehabt".

Der Umbau des Waikiki-Freizeitbades wird teuer als gedacht. Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

Eltern kritisieren fehlende Transparenz

Schon in einem offenen Brief an alle Stadträte vor der Sitzung kritisierten die Elternbeiräte die Erhöhung als intransparent. So konnte die Stadtverwaltung um Hauptamtsleiter Henning Rasym auch in der Stadtratssitzung nicht erklären, wie viele Kinder in den elf Kindertagesstätten mitessen und wie viel es die Stadt kosten würde, beispielsweise den Zuschuss zu erhöhen.

Das sei aufgrund der unterschiedlichen und wechselnden Zahl der Kinder und Gerichte nicht möglich. Diese Aussage sorgte für ungläubiges Staunen und große Augen - denn allein ein Anruf bei den einzelnen Kindergärten dürfte diese Frage wohl ziemlich genau klären, so die Meinung.

Begründet wird die Erhöhung mit gestiegenen Personalkosten aufgrund des Mindestlohns und von Tariferhöhungen sowie höheren Preisen für Nahrungsmittel und Energie. Elternbeirat Tobias Seyfarth bezeichnete die Excel-Tabellen mit 120 Zahlen als undurchsichtig. Seiner Meinung nach sieht das Thüringer Kita-Gesetz eine Mitbestimmung der Elternbeiräte für höhere Essenspreise vor; diese Erhöhung müsste dabei transparent erklärt werden.

Die Inflation macht auch vor den Kita-Essenspreisen nicht halt. Bildrechte: IMAGO / ANP

Entlastung durch kostenfreie Kita-Jahre

Rasym sah das anders: "Dann würden Eltern ja nie bei höheren Preisen zustimmen." Bis zu 50 Prozent seien die Personalkosten seit 2018 gestiegen, sagte SPD-Stadtrat René Greyer, der als Geschäftsführer des Kita-Trägers Volkssolidarität als einziger Stadtrat offen für die Essengelderhöhung plädierte.

Wie auch Bürgermeister Hammerschmidt verwies er auf die zwei kostenfreien Kita-Jahre und auf das höhere Kindergeld, was Eltern entlasten würde. "Und ohne Erhöhung gibt es bald gar kein Essen mehr im Kindergarten."

Bald kein warmes Essen mehr im Kindergarten? Bildrechte: imago/biky

Künftig kein warmes Essen für Kinder?

Laut Seyfarth und den Aussagen anderer Eltern zeichnet sich ab, dass es künftig Kinder geben wird, die angesichts der höheren Preise nicht mehr im Kindergarten mitessen werden. Für diese gibt's dann wohl Käsestulle von Mutti statt Hühnerfrikassee und Milchreis im Kreis der anderen Mädchen und Jungen.

"Kinder können grausam sein, die hänseln dann die Außenseiter", so die Befürchtung. Denn nicht alle Eltern könnten für die Essensversorgung staatliche Hilfen beantragen. Gerade Alleinerziehende oder Familien mit mehreren Kindern fallen oft knapp aus dem Raster. Auch der familiäre Zusammenhalt wäre wohl nicht mehr gegeben, denn auch die Erzieherinnen könnten sich die hohen Essenspreise kaum leisten.

In Gesprächen mit Elternvertretern soll die Stadtverwaltung nun eine Lösung finden, um höhere Preise für Personal, Nahrungsmittel und Energie abzufedern. Eine Idee von Elternvertreter Seyfarth: Die Kindergärten könnten beispielsweise gemeinsam einkaufen und damit niedrigere Preise erzielen. Denn in Zeulenroda-Triebes werde an allen Kindergärten seit Jahren frisch gekocht; es gebe keine Zulieferer.

Mehrere Stadträte forderten von der Stadtverwaltung als weitere Diskussionsgrundlage genaue Zahlen, wie viele Kindergartenkinder überhaupt mitessen. Einen höheren Zuschuss von der Stadt lehnte Bürgermeister Hammerschmidt schon einmal ab, da sich die Stadt in der Haushaltssicherung befindet.

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MDR (dvs)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalmeldung | 21. September 2022 | 06:30 Uhr

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