Streit um LehrstuhlStudierende beenden Hörsaal-Besetzung in Jena
Hörsaal 1 der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist wieder für Veranstaltungen frei. Studierende hatten ihn tagelang besetzt gehalten, um gegen die Streichung des Lehrstuhls für Geschlechtergeschichte zu protestieren.
Nach zwei Wochen beenden Studentinnen und Studenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena die Besetzung des Hörsaals 1 in der Carl-Zeiß-Straße. Wie ein Sprecher der Studenteninitiative für den Erhalt des Lehrstuhls für Geschlechtergeschichte am Mittwoch mitteilte, wird der größte Hörsaal der Universität wieder freigegeben.
Toni Schmidt von der Initiative sagte, Hauptgrund sei der Beschluss des Fakultätsrates der Philosophischen Fakultät vom Dienstag. Dieser hatte zugesichert, den Wegfall des Lehrstuhls für Geschlechtergeschichte noch einmal zu überprüfen. Zudem erklärte die Uni am Mittwoch, dass das Präsidium Gespräche über die Forderungen der Studierenden zugesichert habe.
Was ist ein Fakultätsrat? (zum Aufklappen)
Der Fakultätsrat für die Philosphische Fakultät der Universität Jena, zu der auch der Lehrstuhl für Geschlechtergeschichte gehört, entscheidet in allen Angelegenheiten, die für die Fakultät von grundsätzlicher Bedeutung sind. Dazu gehören etwa Berufungsvorschläge für Professoren und Juniorprofessoren, Prüfungs- und Promotionsordnungen, der Abschluss von Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit der Hochschulleitung oder die Verwendung von Personal- und Sachmitteln. Im Rat sitzen unter anderem Hochschullehrer und Mitarbeiter der Fakultät.
Proteste werden fortgesetzt
Auch Schmidt sagte, dass die Gespräche mit der Uni fortgesetzt werden sollen. Die Studierenden schreiben in ihrer Mitteilung von "Verhandlungen" mit der Universität, die man genau beobachten wolle. Das Beenden der Besetzung sei ein Versuch, "sich auf die Versprechen der Universität einzulassen".
Zugleich kündigten sie an, die Proteste weiterzuführen - mit einem neuen Bündnis "Mehr Bildung wagen! - Für die Ausfinanzierung der Geisteswissenschaften und sichere & gut bezahlte Arbeit an der Universität".
Hörsaal wird für Prüfungsvorbereitungen gebraucht
Die Universität zeigte sich vom Ende der Besetzung des sogenannten Abbe-Hörsaals erleichtert. Damit könne der Saal ab Donnerstag wieder für Veranstaltungen genutzt werden. Gerade beginne die Prüfungsphase. Da werde der Saal für die Prüfungsvorbereitungen gebraucht, sagte eine Uni-Sprecherin.
Zwei Wochen lang hatten Studierende aus Protest gegen den geplanten Verzicht auf die Professur den größten Hörsaal der Uni Jena besetzt. Die Hauptforderung der Besetzer war: den Lehrstuhl für Geschlechtergeschichte, der seit 2010 unter der Leitung von Professorin Gisela Mettele, nicht wegfallen zu lassen. Mettele geht 2025 in den Ruhestand. Einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin sollte es nicht geben.
Warum der Lehrstuhl nicht nachbesetzt werden soll
Der Dekan der Philosophischen Fakultät, Professor Christoph Demmerling, hatte erklärt, der Plan sei aus finanzieller Not heraus gefasst worden. Vorausgegangen sei die Verpflichtung, die bisher extern finanzierte Junior-Professur "Digital Humanities" aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Zudem wolle die Fakultät die Junior- zu einer ordentlichen Professur aufwerten.
Laut Demmerling standen zwei Streichkandidaten zur Wahl: Geschlechtergeschichte und Mittellatein. Der Fakultätsrat habe sich für ersteren entschieden, weil, wie Demmerling betont, Geschlechterthemen auch an anderen Professuren mitverhandelt und gelehrt werden.
Hinweis der Redaktion: Unter dem Beitrag "Geschlechtergeschichte an der Uni Jena hat möglicherweise doch eine Zukunft" kann zum Thema diskutiert werden.
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MDR (jhi,jn)/dpa
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 14. Dezember 2022 | 14:00 Uhr