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Saale-Orla-KreisKriminalität in der Kleinstadt: Pößnecker klagen über Einbrüche und Vandalismus

11. Februar 2023, 21:36 Uhr

In der Pößnecker Innenstadt sind im vergangenen halben Jahr mehr als 200 Einbrüche und Vandalismus-Delikte registriert worden. Die Bewohner sind verunsichert. Der Bürgermeister und die Geschäftsinhaber suchen nach Lösungen.

von Andreas Dreißel, MDR THÜRINGEN

In der Postfiliale von Margit Gedanitz im Pößnecker Stadtzentrum herrscht Hochbetrieb. Doch schon die Eingangstür verrät: Hier haben schon wieder Einbrecher zugeschlagen. Die Glasscheibe ist zerstört, die provisorische Holzverkleidung vom letzten Einbruch hat wohl Schlimmeres verhindert. "Diesmal sind sie nicht reingekommen", sagt Margit Gedanitz. "Und hinten haben wir schon seit dem ersten Mal Gitter vor den Fenstern."

Insgesamt vier Mal suchten Einbrecher das Geschäft schon heim. Zweimal machten sich die Täter mit Kundenpaketen aus dem Staub. Ärgerlich für die Versender, vor allem aber für die Ladeninhaberin: Bisher hat sie von ihrer Versicherung keinen Cent gesehen.

Dabei sind die Täter offenbar bekannt. "Viele kommen hier rein und sagen: Wir wissen, wer es war", sagt Margit Gedanitz. "Doch anzeigen wollen die Leute die Täter nicht, aus Angst vor persönlichen Konsequenzen."

Mehr als 200 Mal und damit fast täglich klagten die Pößnecker im vergangenen halben Jahr über Einbrüche und Vandalismus. Unter vergleichbar großen Städten in Thüringen ist Pößneck damit Spitzenreiter. 70 Fälle betrafen die Innenstadt, in immerhin 56 Fällen konnte die Polizei die Tatverdächtigen ermitteln. Kurz darauf waren die mutmaßlichen Einbrecher wieder auf freiem Fuß.

Bürgermeister: Täter sind oft schon bekannt

Die Betroffenen sind frustriert und enttäuscht. "Die Täter sind der Polizei oft schon länger bekannt", sagt Bürgermeister Michael Modde (Freie Wähler). "Ich weiß, dass die Beamten selbst verärgert sind, wenn sie die Täter so schnell wieder laufen lassen müssen."

In keinem Fall beantragte die Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft. Die Behörde in Gera teilte dazu mit: "Für eine Untersuchungshaft muss neben dem dringenden Tatverdacht sowohl ein Haftgrund als auch die Verhältnismäßigkeit gegeben sein." Flucht, Fluchtgefahr und Verdunkelungsgefahr seien im Gesetz als Haftgründe aufgeführt.

Beispiele aus anderen Bundesländern wie Bayern, wo Tatverdächtige schneller in Untersuchungshaft geschickt werden, sieht die Staatsanwaltschaft nicht als mögliche Gründe. Das Gesetz lasse hier eigentlich keinen Spielraum.

Eingangsbereich der Sparkasse öfter verwüstet

Ärgerlich für den Bürgermeister ist vor allem die lange Dauer der Verfahren. Nicht selten finden die Verhandlungen ein Jahr nach den Taten statt. Viel zu spät, sagt auch Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Saale-Orla. Deren Geschäftsstelle in der Pößnecker Innenstadt wurde ebenfalls schon mehrfach heimgesucht. Die Täter verwüsteten die Eingangszone mit den Geldautomaten.

Seit einigen Wochen bleibt der Selbstbedienungsbereich deshalb nachts geschlossen. Doch das half nicht lange. "Inzwischen brechen die Täter sogar die Automatiktür auf", sagt Dirk Heinrich. "Jetzt sind die Schäden noch größer." Nicht nur die Kundinnen und Kunden der Kreissparkasse, auch die Anwohner in der Innenstadt sind verunsichert. Selbst die Mitarbeiterinnen der Sparkasse haben auf dem Nachhauseweg ein ungutes Gefühl.

Krisentreffen zeigt keine Wirkung

Bei einem Krisentreffen zwischen Bürgermeister, Stadtverwaltung und Polizei vor einigen Wochen ging es um einen Ausweg aus der Misere. Seitdem kontrolliert die Polizei öfter, auch das Ordnungsamt hat mehr Kontrollgänge bei privaten Sicherheitsdiensten beauftragt.

Bisher ohne Erfolg. In dieser Woche gab es wieder mehrere Einbrüche in Geschäfte der Innenstadt. Außerdem wurde ein Hähnchen-Verkaufsstand an einem Supermarkt ausgeraubt. Nach Angaben der Polizei handelt es sich immer wieder um Beschaffungskriminalität.

Bürgermeister Modde beklagt die milden Strafen für die Täter. Die Taten würden oft als Bagatelldelikte eingestuft. Das seien sie aber aus Sicht der Betroffenen keineswegs.

Er fordert, die Täter härter zu bestrafen. "Es gibt Gesetze, und die müssen konsequent angewendet werden, gerade bei Beschaffungskriminalität. Sonst haben wir irgendwann Anarchie", so Modde.

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MDR (co)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 11. Februar 2023 | 19:00 Uhr

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