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Protestwelle "Heißer Herbst"Politikwissenschaftler Oliver Lembcke erwartet "unappetitliche Proteste"

08. September 2022, 03:13 Uhr

Unter dem Motto "Heißer Herbst" haben Linke und AfD zu einer Welle des Protests gegen die Energiepolitik der Bundesregierung aufgerufen. Auch in Thüringen sind dem Aufruf schon Hunderte Menschen gefolgt. Politikexperte Lembcke wirft Politik und Medien vor, ein "Geschäft mit der Angst" zu betreiben. Der Herbst, so Lembcke, könnte "unappetitlich" werden.

von MDR THÜRINGEN

Der renommierte Politikwissenschaftler Oliver Lembcke hat angesichts der anschwellenden Protestwelle davor gewarnt, das "Geschäft von Extremisten" zu betreiben, sagte er MDR THÜRINGEN.

Man dürfe nicht zwischen guten oder schlechten Demonstranten unterscheiden, so Lembcke. Die Menschen demonstrierten und das müsse man in einer Demokratie aushalten.

Es ist entscheidend, dass man sich besinnt und nicht weiter das Geschäft von Extremisten betreibt. Amerikanische Verhältnisse sollten wir nicht anstreben.

Oliver Lembcke | MDR THÜRINGEN JOURNAL

Thüringen erwartet "unappetitliche Proteste"

Lembcke erwartet auch in Thüringen "unruhige Zeiten" und - so wörtlich - unappetitliche Proteste. Linke und rechte Ränder hätten ihr Thema gefunden. Sie hätten "Akteure, die gewissermaßen ein Geschäft betreiben wollen mit der Unsicherheit", so der Politikwissenschaftler. Wenn Extremisten den Ton setzten, sei es immer unappetitlich.

Lembcke: Politik muss Verlässlichkeit schaffen

Politik und Medien warf Lembcke vor, in der derzeitigen Situation ein "Geschäft mit der Angst" zu betreiben. Die Politik müsse aber dringend Verlässlichkeit schaffen, so der Wissenschaftler. Schon allein angesichts der Tatsache, dass unterschiedliche Krisen zusammenkämen, die Unsicherheit in der Bevölkerung wache und das Krisenmanagement in den vergangenen Krisenzeiten "durchwachsen" gewesen sei.

Thüringen zum Beispiel brauche schnell eine mehrheitsfähige demokratische Regierung, die auch eine Gestaltungsmehrheit besitzt. Diese Regierung wäre dann auch Adressat und Ansprechpartner der Proteste. Im Moment liefen diese eher ins Leere.

In Thüringen haben Proteste Tradition

Dass es hier zu Lande vergleichsweise viele Demonstrationen gibt, hat aus Sicht des Politikwissenschaftlers viel mit den Erfahrungen der Menschen zu tun. Wo immer schon protestiert wurde, da werde auch jetzt wieder angedockt, sagte er und fügte hinzu: In Thüringen werde typischerweise auch oft auf dem Land und in kleineren Städten demonstriert.

PolitikwissenschaftlerOliver Lembcke ist Professor an der Ruhr-Universität Bochum und lehrt an der Universität Erfurt.

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MDR

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 06. September 2022 | 19:00 Uhr