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Ostern im OstenOstern in Tschechien: Verdreschen als Verjüngungskur

31. März 2024, 05:00 Uhr

Es klingt etwas eigenartig: An Ostern schlagen die tschechischen Männer junge Frauen mit einer handgeflochtenen Weidenrute. Das soll die Frauen jung halten. Und die Unholde werden dafür noch belohnt.

"Velikonoce", Nacht der Nächte, nennen die Tschechen das Osterfest. Der Ostersonntag wird dazu genutzt, Ostereier kunstvoll zu verzieren und sich auf den Montag vorzubereiten. Denn dann verdreschen die Männer junge Frauen symbolisch mit einer handgeflochtenen Weidenrute, der "Pomlázka".

In Tschechien werden junge Frauen an Ostern symbolisch mit Weidenzweigen ausgepeitscht. Bildrechte: IMAGO

Anti-Aging-Kraft aus Weidenzweigen

Die Männer klingeln bei Verwandten oder Nachbarn und jagen die Frauen unter großem Gejohle durchs Haus oder den Garten. Dabei schlagen sie mit der Weidenrute, die zudem mit bunten Bändern festlich geschmückt ist, sanft auf Rücken oder Beine der Auserwählten. Dabei soll die Kraft der jungen Weidenzweige auf die Frauen übergehen.

Im Gegenzug schenkt die Frau dem Mann ein bunt bemaltes Ei, Süßigkeiten oder auch den einen oder anderen Pflaumenschnaps. Die Eier werden in Tschechien also verschenkt, nicht versteckt wie in Deutschland. Wenn eine Frau am "Peitschen-Montag" nicht auf diese Art und Weise "verjüngt" wird, fasst sie das unter Umständen als Affront auf, da ihr das ganze Jahr über nun Schönheit und Jugend vorenthalten werden. Einige Frauen "rächen" sich übrigens für die "Tracht Prügel", indem sie die Männer nachmittags mit Wasser übergießen.

Lamm, Kaninchen und Osterlebkuchen

Gegessen wird in Tschechien, wie in anderen Ländern nach der Fastenzeit, viel und üppig, vor allem Lamm und Kaninchen. Eine Besonderheit ist der Osterlebkuchen. Er wird in Form von Ostereiern, Lämmern oder Hasen ausgestochen und mit Zuckerguß verziert.

Beliebt in Tschechien zu Ostern, der Lammbraten Bildrechte: colourbox

Säkulares Tschechien

Das tschechische Osterfest hat heute keine tiefgreifende religiöse Bedeutung mehr. Nach der Machtübernahme durch die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei (KSČ) im Jahr 1948 wurde die römisch-katholische Kirche massiv verfolgt. Die Folge: Nach der "Samtenen Revolution" 1989 gab es nur noch knapp zehn Prozent Katholiken im Land.

Mit der Abspaltung der stark katholischen Slowakei im Jahre 1993 blieb ein Tschechien zurück, in dem die römisch-katholische Kirche sowohl politisch als auch ideologisch und wirtschaftlich kaum Einfluss hat. Heute ist den Menschen der religiöse Ursprung von Ostern zwar wieder bewusst, aber der Akzent liegt - wie in den baltischen Staaten - inzwischen auf einem fröhlichen Familien-Frühlingsfest.

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 03. April 2018 | 17:45 Uhr