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Warschauer Königsschloss Bildrechte: imago/imagebroker

PolenEinbruch in das Grüne Gewölbe: Erschütterung auch in Polen

29. November 2019, 15:33 Uhr

Der Einbruch in das Grüne Gewölbe schlägt auch in Polen hohe Wellen. Dort wird die Tat auch als Angriff auf das nationale historische Erbe gewertet – das Grüne Gewölbe ist die Schatzkammer von August dem Starken. Er war nicht nur sächsischer Kurfürst, sondern auch polnischer König.

von Katarzyna Tuszynska

Der Einbruch in das Grüne Gewölbe sorgt auch in den polnischen Medien für Schlagzeilen. Das bekannte Internetportal "Wirtualna Polska" nennt ihn "Diebstahl des Jahrhunderts". Der private Fernsehsender TVN24, der Radiosender RMF FM oder das Internetportal "Onet" bezeichnen die Aktion als dreist oder gar keck. Auch polnische Bürger halten sich mit Kommentaren nicht zurück. So schreibt zum Beispiel "Jerzy1" auf dem Internetportal wp.pl, dass der Diebstahl der Juwelen aus dem Grünen Gewölbe eine Blamage sei: "Das ist ein Beweis, dass diese kulturellen Schätze nur schlecht oder gar nicht gesichert waren. Gemüsehändler haben bessere Alarmsysteme mit autonomer Stromversorgung und Überwachung aller Kameras."

Angriff auf das nationale Erbe

Die Erschütterung ist durchaus nachvollziehbar. Denn unter den Beutestücken befindet sich auch ein kostbarer Kaiserlich-Königlicher Orden des Weißen Adlers. Er wurde im Jahr 1705 von August dem Starken in seiner Funktion als polnischer König gestiftet. Dieser Orden ist seit der Ersten Polnischen Republik Vorbild für die höchste staatliche Auszeichnung des Landes. Sein Diebstahl wird nach Einschätzung von Kunsthistorikerin Danuta Szewczyk-Prokurat vom Kunstzentrum des Königlichen Schlosses in Warschau als Angriff auf das nationale historische Erbe gesehen.

Diamantrosengarnitur: Kleinod des Polnischen Weißen Adler-Ordens: Er trägt 225 größere und kleinere Diamanten. Bildrechte: Staatliche Kunstsammlungen Dresden (SKD)

Schmuckstücke haben Kriege und Krisen überlebt

Umso trauriger mache es sie und ihre Kollegen, dass die Schmuckstücke, die Kriege und Krisen der vergangenen Jahrhunderte überstanden haben, durch solch einen Einbruch verloren wurden, sagte Szewczyk-Prokurat dem MDR. Als Betreuerin der Schmuck-Sammlung des Schlosses habe sie das Gefühl, persönlich angegriffen worden zu sein. "Ich kann nur der Vorsehung danken, dass die Diebe als Ziel nicht unsere Ausstellung hatten", sagt Szewczyk-Prokurat. Zwar sei die Ausstellung die am besten bewachte in der Geschichte des Warschauer Königsschlosses, aber ein Diebstahl wie im Grünen Gewölbe habe bislang auch als unmöglich gegolten, erklärt Szewczyk-Prokurat.

Die Kunsthistorikerin Danuta Szewczyk-Prokurat Bildrechte: Stanisław Leszczyński

Angst vor Zerstörung der Juwelen

Die Kontakte zu den Dresdner Kollegen, so Szewczyk-Prokurat, seien sehr gut und hätten zu einer Stärkung des Gemeinschaftsgefühls hinsichtlich des gemeinsamen historischen Erbes von Polen und Sachsen geführt. "Uns war bewusst, dass wir beim Studium polnisch-sächsischer Kunstwerke oder beim Aufbau von Ausstellungsszenarien Dresdner Ressourcen auf unterschiedliche Weise nutzen können", sagt sie. Einen Verdacht, wer die Diebe sein könnten, haben Szewczyk-Prokurat und ihre Kollegen bislang nicht. Sie hoffe, dass die Diebe im Auftrag eines Schmucksammlers gehandelt haben, der die Juwelen mit Sachverstand behandelt. Das schlimmste Szenario, das sich Szewczyk-Prokurat ausmalen kann - dass die Diebe die Juwelen zerstören und versuchen, einzelne Steine zu verkaufen.

Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens Bildrechte: Staatliche Kunstsammlungen Dresden (SKD)

Vergleich mit einem anderen Kunstdiebstahl

Der Einbruch in das Grüne Gewölbe wird in Polen mittlerweile mit dem Überfall auf das Bode-Museum in Berlin vor zwei Jahren verglichen. Die Täter erbeuteten dabei eine 100 Kilogramm schwere Goldmünze. Nach wochenlangen Ermittlungen verhaftete die Polizei drei Mitglieder eines berüchtigten arabischen Familienclans. Sie müssen sich seit kurzem vor dem Berliner Landgericht verantworten.

Über dieses Thema berichtete der MDR im TV auch in "Aktuell"28.11.2019 | 19:30 Uhr