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Das Schloss Schwalbennest bei Jalta - ein "Muss" für Touristen auf der Krim. Bildrechte: imago/ITAR-TASS

UkraineBrücke rettet Krim-Tourismus

09. Juli 2019, 12:16 Uhr

Nach der russischen Annexion der Krim brach der Tourismus auf der Schwarzmeerhalbinsel zusammen. Nach der Eröffnung der Brücke über die Straße von Kertsch kann die Branche vor Ort aufatmen. Offen ist aber, ob die Krim etwa im Vergleich zur Türkei konkurrenzfähig ist.

von Denis Trubetskoy

Patriotische Welle, Flaute für Reisebranche

Die Krim ist seit Sowjetzeiten vor allem bei russischen Urlaubern beliebt. Bildrechte: imago/ITAR-TASS

Moskaus Annexion der ukrainischen Krim löste 2014 eine wahre Welle des Patriotismus in Russland aus. 2014, gleich nach der Annexion, galt es unter Russen durchaus als cool, auf die Halbinsel zu fliegen. Doch bei allem Patriotismus standen dem Tourismus auf der Krim schwierige Zeiten bevor. Die Ukraine kappte die Passagierverbindung zur Krim. Und vom russischen Festland aus hatte die Halbinsel im Schwarzen Meer keine Landverbindung. Um von Russland aus auf die Strände von Jalta oder Jewpatorija zu kommen, musste man im Sommer durchschnittlich zehn Stunden auf die Fähre über die Straße von Kertsch warten. Oder fliegen. Doch der inzwischen umgebaute Flughafen auf der Krim in Simferopol nimmt im Moment maximal fünf Millionen Passagiere jährlich auf. Das kann kaum ausreichen.

Top-Destination zu Sowjetzeiten

Zu Sowjetzeiten galt die Krim als einer der beliebtesten Sommerurlaubsorte der UdSSR. Auch nach deren Ende blieb die Halbinsel im Schwarzen Meer bei Russen und Ukrainern als Urlaubsziel beliebt. 2012 kamen 6,1 Millionen Touristen. Post-Sowjetrekord! 2013 waren es noch einmal 5,9 Millionen, davon 66 Prozent aus der Ukraine und gut 26 Prozent aus Russland. Doch mit der russischen Annexion im März 2014 brach der Tourismus ein. Sogar laut amtlicher russischer Statistik sank die Zahl der Krim-Reisenden 2014 bis auf vier Millionen.

Neue Brücke, neuer Touristen-Boom?

Seit vergangenem Jahr verbindet eine Brücke das russische Festland mit der ukrainischen Schwarzmeerinsel, die Russland 2014 völkerrechtswidrig annektiert hat. Bildrechte: imago images / ITAR-TASS

Nun hat sich die Lage gewendet. 2018 sollen offiziell 6,8 Millionen Touristen die Krim besucht haben. Dank der Eröffnung der Brücke über die Straße von Kertsch im Mai 2018. Außerdem wurde ein neues Terminal am Flughafen Simferopol gebaut. „Das ist eine logische Tendenz, die sich in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Wir nutzen das als Gelegenheit, auch die Infrastruktur vor Ort zu verbessern“, meint Sergej Aksjonjow, Ministerpräsident der 2014 neugeschaffenen russischen Republik Krim. Auch für 2019 scheint die Kurve der Krimbesuche nach oben zu zeigen: nach offiziellen Angaben kamen bislang elf Prozent mehr Touristen. 57 Prozent davon nutzten für die Anreise die neue Brücke über die Straße von Kertsch. Die russische Regierung auf der besetzten ukrainischen Krim rechnet bis Jahresende mit mehr als sieben Millionen Gästen. „Es ist in der Tat viel besser geworden“, sagt Andrej, der in der Hotelbranche der Strandstand Feodossija tätig ist. „Natürlich kann man nicht von überfüllten Hotels sprechen, das trifft wohl nach wie vor nur für Jalta zu. Aber viele kleinere Hotels und Hostels, die zuletzt ums Überleben kämpften, können nun aufatmen.“ Die Kertsch-Brücke habe die Krim für die russischen Nachbarregionen erreichbarer gemacht.

Einreise als Tourist legal kaum möglich

Ein Problem, das der Krim-Tourismus auf absehbare Zeit nicht los werden wird, ist die schwierige juristische Lage. Jeder, der nicht über die Ukraine auf die Krim reist, verletzt ukrainische Gesetze und muss zumindest mit einer Einreisesperre für die übrige Ukraine rechnen. Um aber über die Ukraine auf die Krim zu gelangen, braucht man als Ausländer die Erlaubnis der ukrainischen Migrationsbehörde. Und die wird für Touristen ausdrücklich nicht erteilen.

Preis und Leistung woanders besser

Und auch das gibt es auf der Krim: Wein. Das Gut Massandra ist vor allem für seine schweren, süßen Dessertweine bekannt. Bildrechte: imago/ITAR-TASS

Ein weiteres Problem des Krim-Tourismus: Die Konkurrenz im Ausland. Ein Wochenurlaub auf der Halbinsel in einem Drei-Sterne-Hotel kostet, Flugtickets von Russland aus inklusive, umgerechnet 750 Euro. Die Infrastruktur aus Sowjettagen ist oft veraltet. Da haben die Türkei, Bulgarien oder Griechenland preiswertere Angebote parat, und oft sind Infrastruktur und Service besser. Bleibt also abzuwarten, ob in Sachen Krim-Tourismus langfristig Patriotismus oder Vernunft siegt. Sogar in Russland gibt es längst attraktivere Sommerreiseziele am Schwarzen Meer. Anapa etwa oder Noworossijsk und vor allem der legendäre Badeort Sotschi. Sie alle sind infrastrukturmäßig besser aufgestellt als die Badeorte auf der Krim. Und besser zu erreichen sind sie auch. Brücke hin oder her.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL FERNSEHEN | 11. Juni 2019 | 19:30 Uhr

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