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WirtschaftEuro-Kurs auf einen Dollar gefallen

12. Juli 2022, 21:13 Uhr

Der Euro-Kurs ist erstmals seit zwei Jahrzehnten wieder auf ein Tauschverhältnis von einem US-Dollar gefallen. Die Inflation hierzulande könnte dadurch weiter angefacht werden.

Erstmals seit etwa zwei Jahrzehnten ist der Euro wieder genau einen Dollar wert. Am Mittag fiel die Gemeinschaftswährung bis auf exakt einen Dollar und sank damit erstmalig seit 2002 auf Parität, also auf ein Tauschverhältnis von eins zu eins.

Schwächere Währung befeuert Inflation

Schon länger steht der Euro an den Finanzmärkten unter Druck. Gründe sind die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, die Europa besonders treffen, und der vergleichsweise zurückhaltende Kampf der Europäischen Zentralbank gegen die Inflation. Die Euroschwäche kommt im jetzigen Umfeld mit vergleichsweise hohen Inflationsraten ungelegen. Denn je niedriger der Wechselkurs der Gemeinschaftswährung ist, desto stärker werden im Verhältnis andere Währungen wie der Dollar.

Das führt dazu, dass nach Deutschland eingeführte Waren teurer werden. Die Inflation wird dadurch angefacht – Verbraucher müssen bei einem sinkenden Eurokurs also noch tiefer in die Tasche greifen, um ihre Lebenshaltungskosten zu stemmen. Vor allem Energie- und Rohstoffpreise drohen weiter zu steigen. Denn gezahlt wird international häufig in US-Dollar.

Fragen und Antworten rund um den gesunkenen Eurokurs

Warum ist der Euro so schwach?

Fachleute erklären die Euro-Schwäche vor allem mit zwei Entwicklungen: Zum einen geht derzeit die Furcht vor einem wirtschaftlichen Absturz um. "Die Rezessionsängste in Europa verschärfen sich", kommentierten Analysten der Commerzbank. Dafür gibt es einige Gründe, vor allem aber hat der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine die hohe Abhängigkeit Europas von russischen Gaslieferungen drastisch vor Augen geführt. Russland hat seine Lieferungen bereits stark reduziert. Als zweiter wichtiger Grund für die Euro-Schwäche gilt die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.

Welche Rolle spielt die Europäische Zentralbank?

Viele andere Notenbanken haben den Kampf gegen die hohe Inflation bereits aufgenommen und ihre Leitzinsen deutlich angehoben. Die EZB stellt allerdings eine der wenigen Ausnahmen dar: Sie hat sich bisher nur zu einer Ankündigung durchgerungen. Im Juli sollen die Leitzinsen im Euroraum erstmals seit elf Jahren steigen, allerdings nur um 0,25 Prozentpunkte. Das ist im Vergleich zu anderen Zentralbanken wenig.

Gibt es Profiteure des niedrigen Euro-Kurses?

Ja, insbesondere in der Exportnation Deutschland. Denn deutsche Waren werden mit fallendem Euro-Wechselkurs für andere Länder günstiger. Ein Nachfrageschub könnte also dazu führen, dass die befürchtete wirtschaftliche Abschwächung zumindest abgebremst wird. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die wirtschaftliche Lage in vielen anderen Ländern ähnlich ungünstig ist wie in Deutschland. Die Auslandsnachfrage dürfte konjunkturell bedingt also eher fallen als steigen.

Wie geht es nun weiter?

Besondere wirtschaftliche Auswirkungen hat ein Kursverfall auf Parität zwar nicht. Allerdings ist die Signalwirkung groß: So wurde zur Einführung des Euro für die Kursdarstellung nicht wie einst für die D-Mark eine Preisnotierung gewählt. Diese fragt danach, "was kostet der US-Dollar?". Stattdessen hat man sich für die Mengennotierung entschieden, bei der gefragt wird, "was kostet der Euro?". Damit wollte man wohl auch ein Zeichen für die wirtschaftliche Stärke und Unabhängigkeit setzen. Sinkt der Kurs unter Parität, dürfte das dem internationalen Ruf des Euro eher schaden als nutzen.

dpa, Reuters, MDR (fef)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 12. Juli 2022 | 13:00 Uhr