Corona Hohe Sterblichkeit hat nichts mit Corona-Impfung zu tun

15. Dezember 2022, 05:00 Uhr

Die sogenannte Sterberate rückt seit der Corona-Pandemie immer wieder in den Fokus. Die AfD-Bundestagsfraktion hat sich zu dem Thema Daten von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eingeholt und analysieren lassen. Und die Partei bringt die hohe Sterblichkeit Anfang 2021 mit dem Start der Corona-Impfungen in Zusammenhang. Was ist an dieser Behauptung dran?

Am Montag trat Martin Sichert, der gesundheitspolitische Sprecher der AfD, vor die Presse und forderte die sofortige Aussetzung der Impfung mit den Corona-Impfstoffen bis ausgeschlossen werden könne, dass diese massive Zunahme von Todesfällen auf die Impfung zurückzuführen sei.

Wie Sichert zu dieser Forderung kommt? Die AfD hat Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auswerten lassen. Die beziehen sich auf Erkrankungen der gesetzlich Krankenversicherten im Jahr 2021. Die AfD interessiert sich vor allem für den Diagnosecode R96 - der plötzlich eingetretene Tod. Dieser Wert sei Anfang 2021 sprunghaft angestiegen - zum selben Zeitpunkt, als es auch mit den Impfungen gegen Corona losging.

Kassenärztliche Bundesvereinigung reagiert mit Kritik

Auf diese Schlussfolgerung reagierte die Kassenärztliche Bundesvereinigung prompt mit einem Statement auf Ihrer Website. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Corona-Impfungen und Todesfällen ließe sich aus den Zahlen nicht ableiten.

Ein Sprecher teilt MDR AKTUELL zudem schriftlich mit: "Die Schlussfolgerung der AfD ist für uns absolut nicht nachvollziehbar. (...) Diese Daten enthalten keine Diagnosen, die auf Totenscheinen kodiert werden und keine Daten zum Versterben eines gesetzlich Krankenversicherten. Auswertungen zu Sterbefällen sind auf dieser Basis nicht möglich."

Falsche Interpretation der Krankendaten

Auch Kristan Schneider, Professor für Modellbildung und Simulation an der Hochschule Mittweida, hält die Analyse der AfD für falsch: "Nach dem AfD-Rational müsste in den Monaten, wo besonders viel geimpft wurde, die Übersterblichkeit sehr hoch sein. Genau das sehen wir nicht. Wir können auch davon ausgehen, dass die Impfung keine Langzeitfolgen hat, denn sonst müssten wir ja eine Art exponentiellen Anstieg bei der Übersterblichkeit sehen. Auch das hat man nicht beobachtet."

Die Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien falsch interpretiert worden, sagt Schneider. Denn die AfD beziehe sich auf Diagnosen von gesetzlich Krankenversicherten. Im Todesfall endet jedoch die Mitgliedschaft bei der Krankenversicherung und so könnten die Daten über Todesursachen gar nichts aussagen. Das bedeute, dass hier zweierlei Dinge miteinander vermengt wurden, so Schneider.

Das eine seien die Erkrankungen im Jahr 2021, von denen die KBV die Codes gehabt hätte, und das andere die Todesursachen. "Aber diese Sachen haben ja eigentlich relativ wenig miteinander zu tun. Die sind ziemlich entkoppelt und die wurden bewusst vermengt. Also das war auch wieder eine ziemliche Augenwischerei, die wir da gesehen haben."

Zweite Corona-Welle verantwortlich für hohe Sterberate

Womit sind die hohen Sterberaten stattdessen zu erklären? Modellierer Kristan Schneider erklärt dazu: "Was man definitiv sagen kann, ist, dass man sehr viele Corona-Infizierte hatte in der zweiten Welle. Der Gipfel war Ende 2020 erreicht, da waren die Krankenhäuser voll. Dann werden die Patienten ein paar Wochen behandelt und versterben dann nach zwei, drei Wochen. Das heißt, das ist alles im Januar 2021 zu Buche geschlagen. Dann kann man also eindeutig die Übersterblichkeit auf das Virus zurückführen."

Die Coronaimpfungen auszusetzen, wie Sichert von der AfD es fordert, wäre aus Sicht von Schneider grob fahrlässig.

MDR AKTUELL

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 15. Dezember 2022 | 06:00 Uhr

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