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MDRfragt zur WahlberichterstattungZu uninteressant und unausgewogen

16. August 2021, 10:25 Uhr

It’s Wahlkampf, Baby. Von den Straßenlaternen lachen die Kandidatinnen und Kandidaten. In den Medien steht die Berichterstattung ebenfalls immer stärker im Fokus. Der MDR hat schon vor zwei Wochen sein Wahlberichterstattungskonzept präsentiert. Doch was erwarten die Menschen eigentlich konkret vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk und wie bewerten und nutzen sie seine Berichterstattung zur Wahl? Um das herauszubekommen, haben wir mit dem Team von MDRfragt die MDR-Community um ihre Meinung gebeten.

von Steffen Grimberg

MDRfragt ist die Plattform für Online-Befragungen des Mitteldeutschen Rundfunks. Aktuell sind hier 46.943 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen angemeldet (Stand Anfang August 2021). Die Ergebnisse bei MDRfragt sind nicht repräsentativ. An unserer Befragung zur Wahl hat gut die Hälfte der MDRfragt-Community (23.916 Menschen) teilgenommen.

Drei Viertel nutzen vor allem öffentlich-rechtliches Fernsehen

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Drei Viertel der Befragten sagen, sie nutzen vor allem öffentlich-rechtliche TV-Angebote, um an ihre Informationen zur Wahl zu kommen. Damit liegt das Fernsehen klar vor Zeitungen und Radio, die aber immerhin für knapp die Hälfte eine wichtige Informationsquelle sind. Neue Medien spielen bei älteren Befragten keine besonders große Rolle, dafür aber bei jungen Menschen. Hier gaben 36 Prozent an, YouTube, Facebook oder Twitter als Informationskanäle in Sachen Wahlen zu nutzen.

Wahlberichterstattung für mehr als die Hälfte uninteressant

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Auch wenn die öffentlich-rechtlichen Angebote also hoch im Nutzungskurs liegen, sind die Ergebnisse für die Medienschaffenden eher kein Grund zum Feiern: Denn fast zwei Drittel der Teilnehmenden (63 Prozent) bewerten die Berichterstattung als uninteressant. Die Mehrheit ist außerdem der Meinung, sie sei nicht ausgeglichen genug (57 Prozent). Und immerhin fast die Hälfte (49 Prozent) findet sie obendrein zu abgehoben und für die breite Gesellschaft eher unverständlich (46 Prozent).

Mehr Perspektive der Bürgerinnen und Bürger gewünscht

Die Berichterstattung personalisiere den Wahlkampf und hänge viel zu sehr an Skandalen und Äußerlichkeiten, lautet die Kritik. Ein älterer Teilnehmer kritisiert, das Angebot zeige „deutlich die Sympathie oder Antipathie der Medienmitarbeiter für oder gegen eine politische Partei und ist leider nicht mehr auf eine unparteiische und umfassende Berichterstattung ausgerichtet“. Ein jüngerer fordert, die Berichterstattung thematisch stärker auf die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger auszurichten und diese „offensiv, fordernd und transparent in die Debatte“ einzubringen.

Wahlprognosen für die Älteren eher unwichtig

Beim Blick darauf, ob der Umfang der Wahlberichterstattung passt, ergibt sich ein geteiltes Bild. Nur ein Drittel der Befragten findet ihn genau richtig. Ein Viertel findet dagegen, es sei zu viel - und ein knappes weiteres Viertel sagt, es dürfe gerne noch etwas mehr sein.

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Spannend ist die Beurteilung von Wahlprognosen, die in den Medien bis zur Wahl immer eine große Rolle spielen. Denn mehr als die Hälfte der Befragungsteilnehmenden findet solche Wahlprognosen unwichtig oder eher unwichtig (56 Prozent). Immerhin 43 Prozent gaben an, die Erhebungen wichtig oder eher wichtig zu finden. Bei der jungen Altersgruppe unter 30 ist die Bedeutung von Wahlprognosen dagegen deutlich höher, sie finden 63 Prozent der Befragten wichtig.

Prognosen haben kaum Einfluss auf Wahlentscheidung

Doch stärker als auf Prognosen verlassen sich alle Teilnehmenden auf ihren eigenen Kopf - oder vielleicht auch ihren Bauch. 81 Prozent der Jüngeren und sogar 85 aller Befragten gaben an, dass sie sich nicht oder kaum von solchen Prognosen in ihrer Wahlentscheidung beeinflussen lassen.

Hierbei muss beachtet werden, dass diese Zahlen auf Selbsteinschätzungen basieren. Die Wissenschaft hat bislang nur wenige Erkenntnisse darüber, was das Wahlverhalten tatsächlich beeinflusst. Bei einer solchen Entscheidung gibt es viele Faktoren, die Einfluss haben können. Dazu gehören Prägung und Sozialisation durch Familie und Freunde sowie Sympathien für einzelne politische Akteure, aber auch strategisches Wählen, um bestimmte Konstellationen zu verhindern oder zu befördern.

Klar ist: Die Berichterstattung der Medien und Wahlprognosen können einen Einfluss auf die Entscheidungen der Bürgerinnen und Bürger haben. Deshalb gelten insbesondere für öffentlich-rechtliche Medien besondere Spielregeln bei der Wahlberichterstattung.

MDRfragt

MDR fragt ist die Plattform für Online-Befragungen des Mitteldeutschen Rundfunks. Aktuell sind 46.943 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bei MDRfragt angemeldet (Stand: 4. August 2021). An der aktuellen Befragung zur Wahl haben 23.916 Menschen teilgenommen. Davon stammten (51 Prozent) aus Sachsen, 25 Prozent aus Sachsen-Anhalt und 23 Prozent aus Thüringen. 56 davon waren Männer, 44 Prozent Frauen. Die übergroße Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war über 50 Jahre alt, nur rund 4.500 waren jünger. Die Ergebnisse der MDRfragt-Befragungen sind nicht repräsentativ. Sie werden allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat von MDRfragt nach statistischen Merkmalen wie Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung insgesamt abgeglichen werden. Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben. Im wissenschaftlichen Beirat von MDRfragt sitzen die Politik- und Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Dr. Heike Grimm von der Universität Erfurt und der Medienwissenschaftler Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler (Universität Leipzig).