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DDR-RentenHärtefallfonds: Kritik aus den Ländern an Plänen der Bundesregierung

03. Dezember 2022, 14:28 Uhr

Die Bundesregierung plant einen Härtefallfonds für DDR-Renten, Spätaussiedler und jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion und will für die bis zu 190.000 Betroffenen eine Stiftung errichten. Über diese soll pauschal eine einmalige finanzielle Hilfe in Höhe von 2.500 Euro ausgezahlt werden. Durch eine Beteiligung der Länder soll sich diese Summe verdoppeln.

Die Pläne der Bundesregierung zu einem Härtefallfonds für Menschen aus der ehemaligen DDR, jüdische Kontingentflüchtlinge und Spätaussiedler mit sehr geringer Rente stoßen bei den Bundesländern auf Widerstand. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab, ist bislang nur eine kleine Minderheit der Länder bereit, die Entschädigungen mitzufinanzieren.

Die Bundesregierung will für die bis zu 190.000 Betroffenen eine Stiftung errichten. Diese Stiftung soll pauschal eine einmalige finanzielle Hilfe in Höhe von 2.500 Euro an die Berechtigten auszahlen. Durch eine Beteiligung der Länder soll sich diese Summe verdoppeln. Dazu sind erklärtermaßen bislang aber nur Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg bereit.

Sachsen-Anhalt hält Härtefallfonds für nicht entscheidungsreif

Sachsen-Anhalt hält die vom Bund in Grundzügen beschlossene Einrichtung eines Härtefallfonds für ostdeutsche Rentnerinnen und Rentner für "nicht entscheidungsreif". Bisher liege lediglich ein Eckpunktepapier zur Errichtung einer Bundesstiftung vor, sagte Sachsen-Anhalts Regierungssprecher Matthias Schuppe dem epd.

Die genaue Ausgestaltung sei dabei noch völlig offen. Insofern plane Sachsen-Anhalt derzeit keine konkrete Beteiligung an diesem Fonds. Es müsse bei diesem Thema zunächst auch eine länderübergreifende Abstimmung erreicht werden. Auf dieses Vorgehen habe sich Sachsen-Anhalts Regierungskoalition bereits Mitte November im Kabinett verständigt, sagte Schuppe.

Thüringen will gemeinsames Vorgehen Ostdeutschlands

Thüringen strebt bei der Ausgestaltung der Fonds ein gemeinsames Vorgehen an – im Rahmen einer Sonderkonferenz der Ost-Ministerpräsidenten. Dies werde Ministerpräsident Bodo Ramelow seinen Amtskollegen in den kommenden Tagen vorschlagen, sagte Thüringens Regierungssprecher Falk Neubert in Erfurt dem epd. Der vom Bund vorgelegte Vorschlag zur Ausgestaltung des Fonds berge das Risiko neuer Ungerechtigkeiten.

Die Landesregierung gehe von bis zu 11.400 anspruchsberechtigten Thüringern aus. Hinzu kämen aus der Gruppe der jüdischen Zuwanderer rund 1.800 Personen sowie etwa 800 Spätaussiedler.

Köpping wirbt für Beteiligung am Härtefallfonds

Ob sich Sachsen am Fonds beteiligt, ist noch unklar. "Wie andere Bundesländer auch werden wir dies beraten", erklärte Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) in Dresden. Eine Aufstockung der Hilfsgelder würde dem Freistaat "gut zu Gesicht stehen".

Köpping kritisierte jedoch, dass nicht alle Betroffenen von der geplanten einmaligen Ausgleichszahlung profitieren, die um Rentengerechtigkeit und die Anerkennung ihrer Lebensleistung gekämpft haben. Nicht eingeschlossen sind etwa ehemalige Leistungssportler und Künstler.

Skepsis aus vielen Ländern

Aus vielen anderen Ländern kommt Skepsis bis Ablehnung. Unter anderem Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg lehnen die Pläne mit Verweis auf die nach ihrer Beurteilung alleinige Zuständigkeit des Bundes ab. "Rentenrecht ist Bundesangelegenheit", erklärte etwa das Brandenburger Sozialministerium. Hamburg will es auf die Tagesordnung der Sozialministerkonferenz bringen.

Auch die Staatskanzleien in Baden-Württemberg und Hessen sehen den Bund in der Pflicht, äußerten sich aber "verhandlungsbereit". Eine Beteiligung sei grundsätzlich dann vorstellbar, wenn sich alle Länder beteiligen, erklärten beide Länder in wortgleichen Erklärungen. Ähnlich äußerte sich das Sozialministerium in Schleswig-Holstein. Die Landesregierung sei bestrebt, eine möglichst gemeinsame Haltung aller Länder in dieser Frage zu erzielen, sagte ein Sprecher. Die Gewährung der Leistung dürfe nicht vom Wohnsitz der Rentenbeziehenden abhängen.

Fondszahlungen könnten ab 2024 fließen

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will für die Stiftung 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Die Errichtung der Stiftung soll Anfang 2023 abgeschlossen sein, Anträge für den Härtefallfonds sollen ab Januar 2023 eingereicht werden können. Das erste Geld könnte dann 2024 fließen. Die Länder sollen bis Ende März beitreten können. Schon die Große Koalition hatte geplant, den Härtefallfonds umzusetzen. Dies scheiterte jedoch an der Finanzierung.

Wie sich die 190.000 Berechtigten bundesweit verteilen, lässt sich nicht genau beziffern. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums sind die drei Gruppen in etwa gleich groß. Danach wird von rund 65.000 bis 70.000 jüdischen Kontingentflüchtlingen, 60.000 Spätaussiedlern sowie 65.000 bis 70.000 benachteiligten Ost-Rentnern ausgegangen bei denen es im westdeutschen Rentensystem zu Ungerechtigkeiten gekommen war. Die finanzielle Hilfe soll bekommen, wer weniger als 830 Euro Rente im Monat bezieht.

Bislang sollen sechs Gruppen von Ost-Rentnerinnen und -rentnern berücksichtigt sein, darunter Beschäftigte der Reichsbahn, Personen, die wegen mindestens vierjähriger Pflege von Angehörigen ihre Beschäftigung aufgegeben haben und nach DDR-Recht Geschiedene, die dadurch Nachteile bei der Rente haben, teilte das Bundesarbeitsministerium mit.

epd (kar)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 03. Dezember 2022 | 09:57 Uhr