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Dürfen Reiseveranstalter Stornokosten verlangen, wenn eine Pauschalreise wegen Corona abgesagt wird? Laut BGH gilt: Je konkreter die Infektionsgefahr, umso eher ist ein kostenfreier Rücktritt möglich. Bildrechte: IMAGO / Kirchner-Media

BundesgerichtshofGefahr durch Corona: Kostenfreier Reiserücktritt im Einzelfall möglich

30. August 2022, 18:38 Uhr

Der Ausbruch einer Pandemie kann Pauschalurlauber unter bestimmten Voraussetzungen zur kostenfreien Stornierung ihrer Reise berechtigen. Das hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden.

Eine unzumutbare Gesundheitsbeeinträchtigung wegen der Corona-Pandemie kann Verbraucher zum kostenfreien Rücktritt von einer gebuchten Pauschalreise berechtigen. Das entschied der Bundesgerichtshof, der über drei Einzelfälle zu befinden hatte.

Etwa kann der Veranstalter einer Donaukreuzfahrt keine Stornogebühren als Entschädigung für einen Reiserücktritt verlangen, urteilte der Bundesgerichtshof (AZ: X ZR 66/21). Die Klägerin hatte für Juni 2020 eine Donau-Kreuzfahrt für 1.600 Euro gebucht. Zwei Wochen vor Abfahrt trat sie wegen der Pandemie von der Reise zurück. Der Veranstalter hielt an der Kreuzfahrt mit einer verringerten Teilnehmerzahl fest und behielt von der Klägerin 1.000 Euro Stornokosten ein.

Außergewöhnliche Umstände müssen geltend gemacht werden

Reiseveranstalter können bei Stornierungen grundsätzlich einen "Entschädigungsanspruch" geltend machen und somit Stornogebühren verlangen. Laut dem Gericht scheidet dies allerdings aus, wenn die Reise aufgrund von außergewöhnlichen Umständen mit erheblichen und nicht zumutbaren Beeinträchtigungen verbunden wäre, etwa Risiken für die Gesundheit.

Für die Donau-Kreuzfahrt hat der BGH solche Risiken bejaht, sodass der Veranstalter die Stornokosten erstatten muss. Auch wegen ihres höheren Alters habe die Klägerin davon ausgehen dürfen, dass sie durch die räumliche Nähe bei einer Flusskreuzfahrt besonders gefährdet gewesen wäre.

Hotel-Schließung berechtigt nicht automatisch zum Rücktritt

Die Stornierung einer Mallorca-Reise wegen der coronabedingten Schließung eines gebuchten Hotels könnte, so die Karlsruher Richter, hingegen durchaus Stornogebühren nach sich ziehen (AZ: X ZR 84/21). Die Pandemie stellte in dem Einzelfall laut den Richtern nicht automatisch eine "erhebliche Beeinträchtigung" dar.

So verwies der BGH den Streit zur weiteren Prüfung an das Landgericht Düsseldorf zurück. Es soll noch klären, wie im Reisezeitraum die Corona-Lage auf Mallorca aussah und ob für den Kläger eine andere Unterkunft zumutbar gewesen wäre.

Präventiver Reiserücktritt vor EuGH geprüft

In einem dritten Streit um eine Ostsee-Kreuzfahrt kommt es laut BGH maßgeblich auf den Umstand an, dass der Kunde seinen Rücktritt schon erklärt und der Veranstalter erst danach die Reise abgesagt hatte. Ob in einer solchen Situation der Veranstalter die Stornogebühren zurückgeben muss, hänge von EU-Recht ab. Der BGH hatte schon am 2. August einen vergleichbaren Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Den neuen Streit um die Ostsee-Kreuzfahrt setzte er bis zu einer Antwort der Luxemburger Richter aus (Az: X ZR 3/22).

AFP, epd(amu)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 30. August 2022 | 16:30 Uhr