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Gefährlicher BrandherdBrände an Windrädern löschen: Wo die Drehleiter nicht mehr hinkommt

20. April 2024, 10:45 Uhr

Brennt ein Windrad, kann das große Schäden verursachen und auch die Umwelt belasten. Wie oft kommt das vor? Vor welchen Problemen steht dann die Feuerwehr? Und: Welche alternativen Löschmöglichkeiten gibt es?

von Redaktion Wirtschaft und Ratgeber

Experte: Nur fünf bis zehn Brände geschätzt pro Jahr

Rund 30.000 Windräder gibt es aktuell in Deutschland. Die Giganten produzieren häufig in einer Höhe von über 100 Metern Strom. Diese Woche erst wurde ein XXL-Modell im Landkreis Mittelsachsen in Betrieb genommen: Zusammen mit den Rotorblättern ist es stolze 246,6 Meter hoch.

Das XXL-Windrad in Königshain-Wiederau im Landkreis Mittelsachsen ist fast 250 Meter hoch. Bildrechte: picture alliance/dpa/Sebastian Kahnert

Bis dahin schafft es natürlich keine Drehleiter der Feuerwehr. Ist kein fest installiertes Löschsystem in der sogenannten Gondel angebracht, das dann selbst auslöst und löscht, bleibt der Feuerwehr vor Ort im Ernstall nur für Sicherheit zu sorgen, den Gefahrenbereich abzusperren und zuzusehen, bis das Feuer durch kontrolliertes Abbrennen erlischt.

Brände an den Millionen Euro teuren Windrädern können einen großen finanziellen Schaden verursachen, sie sind aber äußerst selten. Fünf bis zehn Brände gäbe es etwa jährlich, schätzt Wolfram Axthelm vom Bundesverband Windenergie. "Das ist im Promillebereich und damit sozusagen für den gesamten Anlagenpark zu vernachlässigen", sagt er dem MDR-Magazin-Umschau. Wenn es passiert, werde viel darüber berichtet: "Jedes von denen wird bemerkt, einfach weil es so spektakulär ist." Eine Statistik über die Brände gäbe es bislang nicht. Als Hauptursache gelten bei Branchenkennern Blitzeinschläge. "Es gibt Blitzableiter in den Anlagen. Es gibt viele Vorkehrungen, aber Sie können das wie bei einem Wohnhaus nie zu 100 Prozent ausschließen", so Axthelm.

Das Beispiel Clausnitz in Sachsen

Einer der letzten Brände an einem Windrad war am 27. Februar im sächsischen Clausnitz. Noch stehen die Überreste da, die das MDR-Magazin Umschau mit Gemeindewehrleiter Nico Liebscher von der Freiwilligen Feuerwehr Holzhau in Augenschein nehmen konnte. Jetzt, Mitte April, wurde nun ein Kran aufgestellt, um sie abzureißen. "Jetzt erkennt man mal das ganze Ausmaß von diesem Brand", sagt Liebscher. "Ich hätte mir nie vorstellen wollen, wenn wir jetzt hier Sommer gehabt hätten und ein Stoppelfeld. Dann hätte es vielleicht noch einen Flächenbrand gegeben", erklärte er vor Ort. Nach sechs Stunden sei das Feuer kontrolliert abgebrannt gewesen. Ein Sperrkreis von 350 Metern sei vorschriftsmäßig abgesichert worden, um die "Gefahr von herunterfallenden Teilen" wie Rotorblättern auszuschließen. Ursache war nach Auskunft des Betreibers ein technischer Defekt.

Das Windrad in Clausnitz wird per Kran zerlegt. Bildrechte: MDR/Umschau

Der Brand ist inzwischen auch ein Fall für die Polizei. Laut einem Bericht der "Freien Presse" wurden mehrere Anzeigen wegen Umweltverschmutzung gestellt. "Nach dem Brand, so der Vorwurf, seien Gefahrenstoffe nicht ausreichend beseitigt worden", heißt es. Auch Michael Eilenberger, Anwohner von Holzhau und Mitglied der Bürgerinitiative "Gegenwind", ist beunruhigt, wie er dem MDR-Magazin Umschau sagt. Er befürchte, dass giftige Partikel in die Umgebung gelangt sein könnten. "Über Quadratkilometer sind diese Faserbestandteile verteilt. Zum Teil auch schon eingearbeitet durch die Ackermaschinen. Das bedeutet natürlich, dass die immer mehr zerkleinert werden und immer feiner werden", erklärt er.

Die Behörden haben nach MDR-Informationen den Betreiber aufgefordert, die Glasfasern im Umkreis von 200 Metern zu entfernen. Die Erde direkt am Windrad soll abgetragen und entsorgt werden.

Über Quadratkilometer sind diese Faserbestandteile verteilt. Zum Teil auch schon eingearbeitet durch die Ackermaschinen. Das bedeutet natürlich, dass die immer mehr zerkleinert werden und immer feiner werden.

Michael Eilenberger, Anwohner von Holzhau und Mitglied der Bürgerinitiative "Gegenwind"

Möglichkeit von fest installierbaren Löschsystemen

Betreiber von Windanlagen können inzwischen auch fest installierbare Löschsysteme an den sogenannten Gondeln anbringen. Die Technik kann einen Brand erkennen und löscht selber vor Ort. Vorgeschrieben sind diese bislang bereits in Waldnähe. Hier gibt es jedoch keine bundeseinheitliche Regelung, denn das ist Ländersache. "Werden Windenergieanlagen im Wald errichtet, müssen die Anlagen über eine automatische Löschanlage zur Brandbekämpfung in der Gondel verfügen", heißt es etwa im Windenergie-Erlass in Niedersachsen. In Sachsen-Anhalt sind Windräder nach dem Landeswaldgesetz noch verboten. Dies soll aber nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das ein generelles Verbot für rechtswidrig erklärt hat, in naher Zukunft geändert werden.

Die Gondel ist der Platz hinter den Rotorblättern. Bildrechte: IMAGO / Harry Koerber

Doch wie funktioniert so ein Löschsystem genau?  Es ist eine Kombination aus einem System zur Brandfrüherkennung und einer Löschanlage. Zur Bekämpfung des Feuers gibt es dann nach Angaben des "Deutschen Ingenieurblattes" in der Regel zwei Techniken: Es kann ein Inertgas wie Stickstoff zum Einsatz kommen. Dadurch wird der Sauerstoff verdrängt und der Gehalt so weit gesenkt, dass das Feuer keine Nahrung mehr bekommt. Auch kann eine Flüssigkeit zum Löschen über feine Düsen, die am Windrad platziert sind, verteilt werden.

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MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Umschau | 16. April 2024 | 20:15 Uhr