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Seit April ist Zeitarbeit in der Fleischindustrie verboten. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO/Funke Foto Services

Sonderregelung ausgelaufenLeiharbeits-Verbot: Fleischindustrie schiebt Überstunden

24. Mai 2024, 08:49 Uhr

Auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie machte die Fleischindustrie Negativschlagzeilen. Großbetriebe meldeten hunderte Infizierte. Schlechte Arbeitsbedingungen rückten in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Politik reagierte und untersagte Werkverträge und Leiharbeit in der Fleischindustrie. Eine Sonderregelung lief im April aus. Die Gewerkschaft freut es, die Branche murrt.

Es geht um die Wurst – und wie sie noch hergestellt werden kann. Wenn die Republik an lauen Sommerabenden Thüringer oder Nürnberger auf den Rost wirft, hat die Wurstindustrie Hochsaison. Früher holten sich die Betriebe dann Leiharbeiter zum Aushelfen. Doch seit April dürfen sie das nicht mehr.

Das sei ein Problem, sagt Horst Koller vom Bundesverband Deutscher Wurst- und Schinkenproduzenten. Die Betriebe seien gezwungen, die Produktion zu drosseln. "Wir haben trotz einer guten bestehenden Auftragslage wirklich Probleme die Spitzen abzudecken, Personal einzusetzen. Die Auftragsfälle sind nahezu nicht zu bewältigen. Fast alle Unternehmen sehen sich mit Personalmangel konfrontiert", so Koller.

Einschränkungen der Leiharbeit seit Corona-Pandemie

Tatsächlich unterliegt die Branche schon seit drei Jahren starken Arbeitsmarkt-Beschränkungen. Als während der Corona-Pandemie die katastrophalen Bedingungen in Schlachtbetrieben öffentlich wurden, gab Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ein Versprechen. Er war schon damals für die SPD-Arbeitsminister. "Ich werde mich nicht davon abbringen lassen, im Kernbereich des Schlachtens und Zerlegens in der Fleischindustrie die Werksverträge und die Zeitarbeit, die Leiharbeit zu verbieten. Ohne Wenn und Aber", sagte der Arbeitsminister.

Zeitarbeitsverbot seit April

Heil hat sein Versprechen gehalten. Seit April dürfen in der Fleisch- und Wurstindustrie selbst Betriebe mit Tarifvertrag keine Leiharbeiter mehr beschäftigen.

Thomas Bernhard von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten findet das gut. Prekäre Beschäftigung habe man so reduziert. "Grundsätzlich ist das Ziel auch gewesen, zumindest unser Ziel, bei der Abschaffung von Leiharbeit, die Belegschaften entsprechend so aufzustocken, dass man mit den Belegschaften arbeitet und nicht mit irgendwelchen windigen Verleihunternehmen, die die Menschen als Verleihunternehmen aus Rumänien, Bulgarien, Georgien und sonst woher holen."

Verband befürchtet Verdrängung deutscher Ware

Noch immer beschäftigt die Branche viele Osteuropäer, jetzt allerdings festangestellt. Die Wurstverarbeiter wollen zusätzlich die Leiharbeiter zurück. Missstände habe es vor allem in Schlachtbetrieben gegeben, sagt Verbandsgeschäftsführer Koller.

Bei der Weiterverarbeitung zur Wurst seien Saisonkräfte aber wichtig. Denn die Festangestellten kämen im Sommer selbst mit Überstunden kaum hinterher, sagt Koller. Das habe Folgen im Supermarktregal. "Das könnte eine Verknappung in deutscher Ware bedeuten. Nicht insgesamt. Ausländische Unternehmen können auf den Markt drängen. Die können die Spitzen eher abdecken, sind auch schneller gelistet in den Einzelhandelsunternehmen und würden dann deutsche Ware verdrängen", meint Koller.

Gewerkschafter Thomas Bernhard hält das hingegen für unwahrscheinlich. Er entgegnet, die meisten Betriebe hätten sich längst angepasst. In den vergangenen Jahren hätten vielleicht zehn Großbetriebe noch Leiharbeiter eingesetzt, zwei von ihnen mache das Verbot womöglich zu schaffen. Bei bundesweit 800 Betrieben sei das aber kein Grund, die Leiharbeit grundsätzlich wieder zu gestatten.

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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 23. Mai 2024 | 06:53 Uhr