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Hörer machen ProgrammSprengungen: Warum werden Geldautomaten nicht besser gesichert?

06. Juli 2022, 14:40 Uhr

Immer wieder berichten auch wir im Programm über die Sprengung von Geldautomaten, in Sachsen-Anhalt etwa nehmen die Fälle rasant zu. Warum werden die Automaten nicht besser gesichert, fragt uns MDR-Nutzer Eckhard Lochner aus Schwallungen.

Der klassische Bankraub am Schalter war einmal. Heutzutage setzen Kriminelle vermehrt auf Geldautomatensprengungen, um schnelles Geld zu machen. Der regionale Brennpunkt liegt dabei in Nordrhein-Westfalen. 2020 ereigneten sich dort 176 Angriffe auf Geldautomaten. In Sachsen-Anhalt stiegen die Fallzahlen im gesamten Bundesgebiet neben Bremen am stärksten. Die Täter: Meist professionell organisierte, international agierende Banden.

Sprengungen durch Farbpatronen unattraktiv machen?

MDR-User Eckhard Lochner aus Schwallungen hat uns zu dem Problem eine Frage gestellt: "Warum werden Geldautomaten nicht standardmäßig mit einer technischen Vorrichtung ausgestattet, die im Fall der Zerstörung oder des gewaltsamen Öffnens des Geldautomaten, den Inhalt, sprich die Geldscheine, durch Farbzusatz, unbrauchbar macht?" Damit könnte dieser Kriminalität der Boden entzogen werden.

Insgesamt flogen im vergangenen Jahr 21 Geldautomaten in Sachsen-Anhalt in die Luft. So hallte ein lauter Knall eines Nachts auch durch die Straßen in Lützen. Einbrecher sprengten einen Geldautomaten in einer Geschäftsstelle der Sparkasse Burgenlandkreis. Der Schaden diesmal: Mehrere hunderttausend Euro.

Bisher investierte die Sparkasse Burgenlandkreis jährlich einen sechsstelligen Betrag in Sicherheitstechnik. Auch in Geldeinfärbesysteme? Mario Kerner, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Burgenlandkreis: "Wir hatten hier keine Farbpatronen-Sicherung. Wir haben an vielen Standorten Farbpatronen eingesetzt, stellen aber wie viele andere Institute mittlerweile fest, dass das die Täter gar nicht mehr abschreckt. Es gibt mittlerweile wohl einen Zweitmarkt für eingefärbte Geldscheine."

Kleiner Schwarzmarkt für eingefärbte Scheine

Der Zweitmarkt, also der Schwarzmarkt, ist laut dem Bundeskriminalamt eher klein. Eingefärbte Scheine tauchten bislang nur bei Bargeldzahlungen oder in Automaten auf. Jede Bank entwickelt ihr eigenes Sicherheitskonzept und investiert individuell in Präventionsmaßnahmen. Bisher nutzten die Täter zur Sprengung meist ein Gasgemisch. Die Banken haben mit einem Gasneutralisationssystem aufgerüstet. Dieses neutralisiert das von den Tätern eingeführte Gas im Geldautomat und verhindert somit eine Explosion. Nun greifen die Täter vermehrt zu Festsprengstoffen.

Manuela Kurrat, Kriminaloberkommissarin vom Landeskriminalamt in Sachsen-Anhalt weiß: "Das ist ein typisches Täterverhalten. Wenn eine Vorgehensweise nicht mehr klappt, passen sich Täter an. Das kann man in allen Phänomen-Bereichen beobachten. Die suchen sich andere Wege und Mittel und nehmen natürlich in Kauf, dass auch größere Schäden entstehen." Man sei als Polizei in engem Austausch mit den Banken und Geldinstituten, um entsprechende Präventionstipps zu geben. Präventionsmaßnahmen, die die Beute unbrauchbar machen, sind teuer.

Diebe aus Nachbarländern weichen auf Deutschland aus

Pro Geldautomat müssen Banken für ein Geldeinfärbesystem mit Kosten bis zu 10.000 Euro rechnen. Gefährlich werden die Sprengungen vor allem in Wohngebieten. Wieso schließt man hier die Ausgabestellen zur Sicherheit nicht im Vorfeld? Christian Dähne vom Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen erklärt: "Wir haben als Sparkassen einen öffentlichen Versorgungsauftrag, müssen also auch sicherstellen, dass die Bürger an das Geld herankommen." Wenn allerdings Standorte öfters betroffen seien, dann sei es aber sicherlich sinnvoll, diese Automaten eben zu überdenken.

In den Niederlanden, Frankreich und Belgien sind Geldeinfärbesysteme gesetzlich vorgeschrieben. Da die Täter dort keine brauchbare Beute mehr vorfinden, kommen sie verstärkt nach Deutschland. Das Bundesinnenministerium prüft derzeit, ob auch bei uns Banken zur Ergreifung von Sicherungsmaßnahmen gesetzlich in die Pflicht genommen werden können.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 06. Juli 2022 | 06:29 Uhr

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