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Der Krankenwagen wird oft auch dann gerufen, wenn gar kein medizinischer Vorfall vorliegt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Marcel Kusch

FaktencheckWie können die Kassenärztlichen Vereinigungen den Rettungsdienst entlasten?

24. Oktober 2022, 11:37 Uhr

Die Rettungsdienste in Deutschland klagen über eine sehr hohe Auslastung. Vor allem, weil viele Einsätze überhaupt keine medizinischen Notfälle sind. Der Vorsitzende des Deutschen Bundesverbandes Rettungsdienst, Marco König, übt Kritik an den Kassenärztlichen Vereinigungen – kurz: KV. Diese könnten den Rettungsdienst entlasten, und zwar mit ihrem eigenen Notfalldienst. Doch immer weniger Ärzte würden an diesem Notfalldienst teilnehmen, sagt König. Ist dieser Vorwurf gerechtfertigt?

Der Vorsitzende des Deutschen Bundesverbandes Rettungsdienst, Marco König, sagte im Interview mit MDR AKTUELL: "Offensichtlich nehmen immer weniger Ärzte an diesem Notfalldienst teil. Es ist auch so, dass man vielleicht nicht hinterhergekommen ist mit den Strukturen bei der KV, das mag regional sehr unterschiedlich sein. Aber die Patienten, zu denen wir dann fahren, sagen: Ich habe eine Stunde in der Warteschleife gehangen und hatte immer noch keinen." Was ist dran an dieser Aussage?

KV Sachsen: "völlig daneben"

Immer weniger Ärztinnen und Ärzte nehmen am Notfalldienst teil – diese These verärgert die Angesprochenen in Mitteldeutschland. Klaus Heckemann von der KV Sachsen: "Das ist völlig daneben, der Kassenärztliche Bereitschaftsdienst läuft unverändert zu den Zeiten, wo es keine Sprechstunden gibt, flächendeckend in ganz Deutschland. Und da gibt es keinerlei Reduktion."

Denn der Bereitschaftsdienst ist gar nicht freiwillig, sondern eine Pflicht für alle Ärztinnen und Ärzte. Fällt jemand kurzfristig aus, muss er oder sie eine Vertretung benennen. Der Dienstplan ist dementsprechend in allen drei mitteldeutschen Ländern lückenlos – unabhängig von der Zahl der gemeldeten Ärztinnen und Ärzte. Das bestätigen alle Kassenärztlichen Vereinigungen in Mitteldeutschland.

Wie sind die KV in Mitteldeutschland aufgestellt?

Damit zum zweiten Teil der Aussage, dass die KV mit dem Ausbau ihrer Strukturen möglicherweise nicht hinterherkommen. Beleg dafür soll ein Fall aus Baden-Württemberg sein. Dort wurden Anrufe für den Notfalldienst wegen Personalmangels von einem Call Center angenommen. Die technische Umstellung führte offenbar zu Problemen. Ein Patient hatte sich danach über eine Stunde Wartezeit beklagt.

Die drei KV in Mitteldeutschland besetzen dagegen nach wie vor die Leitstellen mit eigenem Personal. Thomas Schröter, zweiter Vorsitzender in Thüringen: "Das sind fachkundige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir hier eingestellt haben und die hier rund um die Uhr ihren Dienst erledigen, die sehr erfahren sind, und die eben auch personell verstärkt werden zu den Zeiten, wo auch die stärkste Nachfrage ist."

In Sachsen kam laut der Statistik für 2021 jeder zweite Anrufer in unter einer Minute durch. In Spitzenzeiten könne es zwar auch mal länger dauern, heißt es aus allen drei Ländern – von stundenlangen Wartezeiten weiß aber niemand.

Kooperation zwischen KV und Rettungsdienst müsse verbessert werden

Und damit zur Frage, inwiefern die Bereitschaftsärztinnen und -ärzte den Rettungsdienst entlasten könnten. Die KV Sachsen-Anhalt schreibt MDR AKTUELL dazu, sie täten das jetzt schon: "Nur haben wir auch mit der angesprochenen Thematik der Anspruchshaltung zu kämpfen. Die Patienten erwarten auch bei leichten Gesundheitsstörungen oder Bagatellerkrankungen eine sofortige maximale Reaktion und wählen, wenn dies aus ihrer Sicht nicht gegeben ist, das schnellere und somit vermeintlich bessere Mittel – den Rettungsdienst."

Klaus Heckemann von der KV Sachsen findet außerdem, dass die Kooperation zwischen den beiden Diensten – also Notfall und ärztliche Bereitschaft – verbessert werden müsste. Aber das sei schon in Arbeit: "Wir müssen versuchen, dass man Anrufe, die an die falsche Stelle ankommen, dann papierlos und auch möglichst noch ohne ein Telefonat weitergeben kann. Da werden die Systeme momentan aufeinander abgestimmt." Gegenseitige Vorwürfe seien allerdings nicht so gut geeignet, um die Zusammenarbeit zu befördern, so Heckemann.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 24. Oktober 2022 | 05:00 Uhr