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Mega-SitzungBundestag beschließt Inflationsausgleich sowie höheres Kinder- und Wohngeld

11. November 2022, 08:08 Uhr

In einer Mega-Sitzung hat der Bundestag über zahlreiche neue Gesetze abgestimmt. Mit einem Inflationsausgleichsgesetz soll die Kaufkraft erhalten werden. Höheres Kinder- und Wohngeld soll soziale Härten verhindern. Das gilt auch für die erste Stufe der Gaspreisbremse. Zudem wurden ein Triage-Gesetz und die Senkung des Wahlalters bei EU-Wahlen auf 16 Jahre beschlossen. Auf der Agenda steht auch die Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin.

Inflationsausgleichsgesetz soll Kaufkraft erhalten

Mit dem vom Bundestag mit deutlicher Mehrheit beschlossenen Inflationsausgleichsgesetz soll das Steuersystem an die extrem hohe Inflation angeglichen werden. Damit soll verhindert werden, dass Steuerzahler bei Lohnerhöhungen in eine höhere Steuerklasse rutschen und am Ende eine geringere Kaufkraft haben als vorher. Nach Angaben des Finanzministeriums sollen 48 Millionen Menschen von dem Gesetz profitieren.

Konkret sollen für die Jahre 2023 und 2024 Freibeträge erhöht und der Tarifverlauf bei der Einkommenssteuer verändert werden, um Steuerzahler nicht zusätzlich zu belasten. Die Freistellung des Existenzminimums ist gesetzlich vorgeschrieben. Daher steigen Grund- und Kinderfreibetrag. Die Steuerprogression setzt erst ab Einkommen von 16.004 Euro ein, der Spitzensteuersatz greift erst ab 62.826 Euro.

Kindergeld wird pauschal auf 250 Euro erhöht

Das Kindergeld wird zum 1. Januar 2023 auf pauschal 250 Euro pro Monat erhöht. Die bisher vorgesehene Staffelung der Leistung je nach Zahl der Kinder entfällt damit. Ursprünglich sollte das Kindergeld für das erste, zweite und dritte Kind jeweils nur auf 237 Euro pro Monat steigen. Erst ab dem vierten und für jedes weitere Kind sollte es 250 Euro geben. Derzeit bekommen Eltern für das erste und zweite Kind 219 Euro und für das dritte Kind 225 Euro im Monat. Die Kindergelderhöhung ist Teil des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung. Die Kindergelderhöhung soll Familien entlasten, weil sie stärker unter den steigenden Lebenshaltungskosten leiden als Haushalte ohne Kinder. Zugleich soll das höhere Kindergeld auch ein Schritt zur Kindergrundsicherung sein.

Wohngeldreform: Höhere Sätze für mehr Berechtigte

Auch eine umfassende Reform des Wohngeldes wurde beschlossen. Statt zuletzt rund 600.000 Haushalte sollen künftig etwa zwei Millionen Haushalte Anspruch auf Wohngeld haben. Die durchschnittliche Höhe soll von zuletzt rund 180 Euro deutlich auf etwa 370 Euro monatlich steigen. Gleichzeitig wird das Wohngeld neu strukturiert. So gibt es künftig eine dauerhafte Heizkostenkomponente, die als Zuschlag auf die zu berücksichtigende Miete oder Belastung in die Wohngeldberechnung eingeht. Eine sogenannte Klimakomponente berücksichtigt Mieterhöhungen aufgrund energetischer Maßnahmen. Außerdem wird die allgemeine Formel zur Wohngeldberechnung verändert.

Erste Stufe der Gaspreisbremse bringt Entlastungen im Dezember

Die erste Stufe der Gaspreisbremse für diesen Winter hat ebenfalls den Bundestag passiert. Das Gesetz regelt die Übernahme der Abschlagszahlung von einem Zwölftel des Jahresverbrauchs im Dezember. Die gut 20 Millionen Gas- und Fernwärmekunden in Deutschland können demnach die Zahlung für Dezember auf Null setzen oder diese mit der nächsten Gas-Abrechnung erstatten.

Der Bund überweist den Versorgern für die Hilfen rund 8,9 Milliarden Euro. Mit der für März geplanten zweiten Stufe der Gaspreisbremse sollen 80 Prozent des Basisverbrauchs von Haushalten und Gewerbe auf zwölf Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden. Der Marktpreis liegt derzeit durchschnittlich bei 20 Cent pro Kilowattstunde. Das Finanzministerium hat für das Jahr 2023 40,3 Milliarden Euro zur Finanzierung der Gas-Preisbremse eingeplant.

Triage-Gesetz gegen Benachteiligung Behinderter

Bei der Zuteilung knapp vorhandener Krankenhaus-Intensivbetten im Fall einer Pandemie dürfen behinderte und alte Menschen nicht benachteiligt werden. Der Bundestag beschloss eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Darin werden Regeln für die sogenannte Triage in Notfallsituationen formuliert. Das neue Gesetz sieht vor, dass die Zuteilung medizinischer Ressourcen etwa im Krankenhaus nur aufgrund "der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit" getroffen werden darf. Eine Benachteiligung wegen Behinderung, Alter, Geschlecht oder Herkunft wird im Gesetz ausdrücklich untersagt. Ausgeschlossen wird zudem eine sogenannte Ex-Post-Triage, bei der die Behandlung eines Patienten zugunsten eines anderen abgebrochen werden könnte.

Wahlalter bei Europawahl auf 16 Jahre gesenkt

Bei der nächsten Europawahl im Mai 2024 dürfen in Deutschland erstmals auch Jugendliche ab 16 Jahren ihre Stimme abgeben. Der Bundestag beschloss, das Mindestwahlalter für Wahlen zum EU-Parlament von 18 auf 16 Jahre zu senken. Die Zahl der Wahlberechtigten steigt nach Angaben der Ampel-Koalition damit um knapp 2,3 Prozent. Mit der Senkung des Wahlalters wollen die rot-grün-gelben Koalitionäre ihrem Bekunden nach das politische Engagement vieler Jugendlicher würdigen. Zudem verweisen die Koalitionsfraktionen auch auf eine Entschließung des Europaparlaments vom Mai, in der eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre empfohlen wurde. In anderen EU-Staaten wie Malta, Griechenland und Österreich sei das Wahlalter bei Europawahlen schon abgesenkt worden, hieß es.

Bundestagswahl in Teilen Berlins vor Wiederholung

In Teilen von Berlin soll die Bundestagswahl vom vergangenen Jahr wiederholt werden. Mit der Entscheidung folgt der Bundestag mit den Stimmen der Koalition einer entsprechenden Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses. Demnach sollen in insgesamt 431 Berliner Wahlbezirken Bürgerinnen und Bürger erneut die Erst- und Zweitstimme abgeben. Der Union ging die Teilwiederholung nicht weit genug. Sie wollte in sechs der zwölf Berliner Wahlkreise komplett neu wählen lassen. Es gilt deshalb als wahrscheinlich, dass der Parlamentsbeschluss noch vor dem Bundesverfassungsgericht angefochten wird. Damit ist unklar, wann die Teilwiederholung der Wahl tatsächlich stattfinden wird.

Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 war es in zahlreichen Berliner Wahllokalen zu Pannen gekommen. Es fehlten Stimmzettel, vor den Wahllokalen bildeten sich lange Warteschlangen. Manche Wahllokale schlossen zwischendurch oder blieben länger geöffnet.

dpa/AFP/Reuters/epd (dni)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 10. November 2022 | 14:00 Uhr