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Die Bundesregierung steht bei der Legalisierung von Cannabis noch immer vor großen europarechtlichen Hürden. Bildrechte: picture alliance/dpa/Christoph Soeder

DrogenpolitikGutachten: Cannabis-Legalisierung verstößt gegen EU-Recht

12. September 2022, 14:55 Uhr

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hält die von der Ampelkoalition geplante Cannabis-Legalisierung für nicht vereinbar mit EU-Recht. Das Bundesgesundheitsministerium hält dennoch an seinen Plänen fest. Das Gesetzgebungsverfahren wird momentan vorbereitet.

Die von der Koalition geplante Cannabis-Legalisierung verstößt nach Einschätzung von Fachleuten des Bundestags gegen EU-Recht. In einer Analyse für den CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger, über die zunächst das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" berichtete, nennt der Wissenschaftliche Dienst europäische Vereinbarungen, an die Deutschland gebunden sei und die einer Legalisierung entgegenstünden.

EU-Rahmenbeschluss und Schengen-Abkommen

Der Wissenschaftliche Dienst verweist etwa auf einen sogenannten EU-Rahmenbeschluss von 2004, der vorschreibe, dass jeder Mitgliedsstaat unter anderem das Herstellen, Anbieten, Verkaufen, Liefern sowie Ein- und Ausführen von Drogen unter Strafe stellen müsse – wenn diese vorsätzlichen Handlungen ohne entsprechende Berechtigung vorgenommen wurden. Unter den Begriff Drogen falle laut einem Übereinkommen von 1971 auch Cannabis. Die Mitgliedsstaaten sollten gegen die genannten Straftaten "mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen" vorgehen.

Der Wissenschaftliche Dienst verweist außerdem auf das Schengen-Abkommen. Darin hätte sich auch Deutschland verpflichtet, "die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließlich Cannabis-Produkten sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden".

Schengen-AbkommenDas Schengen-Abkommen wurde 1985 im Grenzort Schengen in Luxemburg geschlossen. Die Vereinbarung sieht den Abbau von Personenkontrollen an den Binnengrenzen vor. Um den Missbrauch offener Grenzen durch illegale Einwanderung oder das internationale Verbrechen zu verhindern, vereinbarten die Schengen-Staaten eine verstärkte Kontrolle der Außengrenzen und eine engere Zusammenarbeit ihrer Polizei- und Justizbehörden.Bundeszentrale für politische Bildung

Niederlande für Cannabis-Legalisierung kein Vorbild

In einer weiteren Ausarbeitung weisen die Fachleute des Wissenschaftlichen Dienstes darauf hin, dass die Niederlande nicht als Vorbild für Deutschland dienen könnten. Dort sei der Verkauf von Cannabis weiterhin "formalrechtlich illegal". Allerdings sei Besitz und Verkauf kleinerer Mengen "de facto entkriminalisiert". Anbau und Erwerb größerer Cannabis-Mengen seien weiterhin vollständig kriminalisiert.

CSU-Politiker Pilsinger sagte, die Ausarbeitungen zeigten, dass die vorgesehene Legalisierung von Cannabis nicht legal wäre. Cannabis einfach zu dulden, wie es in den Niederlanden gehandhabt werde, könne und dürfe für Deutschland keine Option sein.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte am Montag: "Wir prüfen die Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes und beziehen sie selbstverständlich in unsere Überlegung mit ein. Die neuen Cannabis-Regeln müssen natürlich rechtssicher sein." Es werde nach einer Lösung gesucht, die auch mit internationalem Recht vereinbar sei.

Vorbereitungen für Legalisierung laufen

Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, eine "kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" einzuführen. Derzeit laufen die Vorbereitungen für das Gesetzgebungsverfahren. Der Bundesdrogenbeauftragte, Burkhard Blienert (SPD), hatte einen Gesetzentwurf für Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres angekündigt.

Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Bundestages sind momentan in den USA und Kanada unterwegs, um sich über die dort zum Teil bereits erfolgte Legalisierung zu informieren.

dpa/MDR (ala)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL Radio | 12. September 2022 | 09:13 Uhr

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