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Generaldebatte im BundestagMerz greift Ampel-Koalition an – Scholz attackiert Union

07. September 2022, 22:25 Uhr

Die Debatte um den Haushalt des Bundeskanzlers nutzt die Opposition traditionell zur Abrechnung mit der Politik der Bundesregierung. CDU-Chef Merz warf der Ampel vor, ihr fehle ein Kompass. Kanzler Scholz reagierte empört. Er erklärte, die Regierung habe viele Probleme schon gelöst, bevor die Union sie überhaupt erkannt habe. Auch AfD und Linke stellten der Regierung ein schlechtes Zeugnis aus.

CDU-Chef Friedrich Merz hat Bundeskanzler Olaf Scholz und der Ampel-Regierung vorgeworfen, dass ihr in der Wirtschaftspolitik jeglicher Kompass fehlt. In der Generaldebatte um den Haushalt des Bundeskanzleramts sagte Merz mit Blick auf die steigenden Energiekosten, bei den Entscheidungen der Bundesregierung handele es sich um ein Sammelsurium an Kompromissen auf dem Niveau des kleinsten gemeinsamen Nenners.

Merz forderte einen Nationalen Sicherheitsrat, um Deutschland durch die Krise zu führen. Die Lösung der Probleme dürfe nicht allein dem Bundeswirtschaftsminister überlassen werden. Zugleich verlangte Merz, auf die Gasumlage zu verzichten. Bürger und Unternehmen würden dadurch zunehmend belastet. Gas-Importeure müssten stattdessen unter einen staatlichen Schutzschirm gestellt werden. Das habe es auch schon in der Bankenkrise gegeben. Merz appellierte an Kanzler Scholz, den – so wörtlich – Irrsinn zu stoppen, die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland stillzulegen. Die Kapazitäten müssten am Netz bleiben, damit die Energieversorgung stabil bleibe und die Preise sänken.

Herr Bundeskanzler, stoppen sie diesen Irrsinn, solange wir die Zeit noch dafür haben.

Friedrich Merz | CDU-Chef

Scholz: Bundesregierung handelt

Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte dagegen, die jetzige Ampel-Regierung habe frühzeitig dafür gesorgt, dass die Gasspeicher gefüllt würden. CDU/CSU hätten das Problem der leeren Speicherstände gar nicht gesehen. "Wir haben es schon gelöst, bevor Sie mitbekommen haben, dass da überhaupt eins war", sagte Scholz. Auch bei den Flüssiggas-Terminals an der Nordsee habe die Koalition schnell gehandelt. Zudem habe man Gesetze zu Kohlekraftwerken auf den Weg gebracht. Man habe früh angefangen, die Probleme zu lösen und könne jetzt sagen, dass Deutschland wohl durch den Winter komme. In Richtung Union erklärte der Kanzler, wer Spaltung herbeirede, gefährde den Zusammenhalt im Land. Die Bürger sollten nicht unterschätzt werden. Es gebe eine gute Tradition, sich in schwierigen Zeiten unterzuhaken.

Wir kommen wohl durch diesen Winter.

Olaf Scholz | Bundeskanzler

Weidel: Bundesregierung ruiniert Deutschland

Nach Scholz trat AfD-Fraktionschefin Alice Weidel ans Mikrofon und übte ebenfalls harsche Kritik an der Bundesregierung. Weidel warf der Ampel vor, das Land wirtschaftlich in den Ruin zu treiben.

Inflation und Energiekrise zerstörten den Mittelstand und die Mittelschicht. Vielen Menschen drohe die Verarmung.

Weidel zufolge verteilt die Regierung jetzt Geld, "das Sie den Bürgern zuvor mehrfach weggenommen haben." Mittelstand und Industrie bräuchten aber Luft zum Atmen.

Die Grünen-Co-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann sicherte der Bevölkerung in der aktuellen Krise indes die volle Unterstützung der Regierung zu. "Wir wissen, viele Menschen haben Angst vor Abstieg und vor Armut. Und wir federn das ab." Sie deutete an, dass weitere Maßnahmenpakete zur finanziellen Entlastung der Menschen notwendig werden könnten. Man sei "längst nicht am Ende mit diesen Unterstützungspaketen", sagte die Grünen-Politikerin.

Mohamed Ali fordert Vermögenssteuer

Die FDP kritisierte hingegen die Union scharf. "Ökonomisch sind Sie gerade auf der Fehlspur", sagte Fraktionschef Christian Dürr in der Generaldebatte.

"Ökonomisch sind manche Jungsozialisten marktwirtschaftlicher unterwegs als die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag". Unions-Fraktionschef Merz habe das spanische Modell eines Strompreisdeckels vorgeschlagen. "Das kann doch kein Modell für Deutschland sein", erklärte Dürr. Stattdessen sei die von der Regierung geplante Strompreisbremse "die richtige Antwort".

Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali erklärte, die Preisexplosion müsse gebremst werden. Die Menschen bräuchten jetzt Unterstützung. Die Linke fordere Direktzahlungen von 125 Euro pro Monat für jeden mit kleinem und mittlerem Einkommen. Die geplante Strompreisbremse ist aus Sicht von Mohamed Ali eine Luftnummer. Die vorgesehenen 300 Euro für Rentner und 200 Euro für Studierende nannte sie einen Witz. Die Linken-Politikern sprach von einer historischen Krise. Die Vermögenssteuer müsse wieder eingeführt werden.

Bundestag gedenkt Michail Gorbatschow

Vor der Aussprache hatte der Bundestag an den gestorbenen Michail Gorbatschow erinnert. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sagte, die Deutschen hätten Gorbatschow viel zu verdanken.

Er sei ein Mann des Friedens gewesen und habe die Welt zum Besseren verändert. "Er machte möglich, was über Jahrzehnte undenkbar schien: Den Kalten Krieg friedlich zu beenden und die Teilung unseres Landes und unseres Kontinents zu überwinden." Anschließend erhoben sich die Abgeordneten und Gäste im Bundestag für eine Schweigeminute.

Gorbatschow war in der vergangenen Woche im Alter von 91 Jahren gestorben. Am Wochenende war er beigesetzt worden.

dpa, Reuters, AFP (aju,fef)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 07. September 2022 | 12:00 Uhr