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Debatte um MigrationKretschmer fordert mehr als Grenzkontrollen

27. September 2023, 08:29 Uhr

Sachsens Ministerpräsident will, dass noch mehr gegen den Anstieg der Zahl von Asylbewerbern und Migranten getan wird. Auch er fordert eine Obergrenze für ihre Aufnahme und sagte bei MDR AKTUELL, nur Grenzkontrollen reichten nicht aus.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) verlangt weitere härtere Maßnahmen, um die Zuwanderung nach Deutschland zu begrenzen. Zum Nutzen stationären Grenzkontrollen sagte er bei MDR AKTUELL, "die ganze Diskussion ist scheinheilig, wenn man nicht am Anfang über die Anzahl spricht der Menschen, die in Deutschland Schutz bekommen können".

Kretschmer zufolge geht es ihm um eine Obergrenze für die Aufnahme von Migranten – "also eine Zahl, die für uns als Deutschland Orientierung ist, von der wir wissen, das können wir leisten, das wollen wir auch leisten." Wenn man diese "zentrale Frage" nicht löse, sei alles andere wenig wert.

Faeser: Stationäre Grenzkontrollen geplant

An den Grenzen zu Tschechien und Polen sind nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser gegen Schleuserkriminalität nun auch stationäre Kontrollen geplant. Diese werde es zusätzlich zur Schleierfahndung geben, sagte die SPD-Politikerin unter anderem bei einer von der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" organisierten Diskussion am Montagabend.

Aktuell gibt es seit Herbst 2015 als vorübergehend deklarierte stationäre Grenzkontrollen in Bayern an der Grenze zu Österreich. Schleierfahndung bedeutet verdachtsunabhängige Kontrollen im weiteren Grenzgebiet.

Die Forderung nach einer Aufnahme-Obergrenze hatte auch CDU-Chef Friedrich Merz schon erhoben. Kretschmer begründet sie nun auch so: "Der Zustand, so wie wir ihn jetzt haben, ist ja nicht länger zu halten. Wir haben keine Wohnungen, wir haben keine Deutsch- und Integrationskurse." Die Menschen warteten über ein Jahr auf diese Kurse und es gebe Schulen und Kindergärten mit "50 bis 60 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund" in manchen Klassen. Da sei "vollkommen klar, dass es so nicht geht".

Kritik an stationären Grenzkontrollen

Die Gewerkschaft der Polizei hält stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien für wenig effektiv. GdP-Vizechefin Erika Krause-Schöne, sagte der "Rheinischen Post", Schleuser würden die Kontrollpunkte einfach umfahren. Auch Thüringens SPD-Innenminister Georg Maier (SPD) zeigte sich skeptisch. Er sagte dem Nachrichtenportal "The Pioneer", es gebe rechtlich keine Handhabe, Menschen zurückzuweisen, wenn sie Asyl begehrten. Zudem brächten Kontrollen auch Staus und einen enormen Personalaufwand.

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Während nun auch Polen eigene Fahrzeugkontrollen an der Grenze zur Slowakei ankündigte, sagte Faeser am Dienstagmorgen im Deutschlandfunk: "Wir bereiten erstmal stationäre Grenzkontrollen mit vor." Also "zusätzliche Kontrollen", sagte die SPD-Politikerin: "Und wir müssen schauen, was das dann bringt." Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahlen 2024, Katarina Barley, sieht solche Grenzkontrollen gerechtfertigt: Als "das letzte Mittel und genauso sehe das auch die Innenministerin", sagte sie bei RTL und ntv.

Länder wollen Bund in die Pflicht nehmen

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann kritisierte unterdessen die Bundesregierung, dass sie Länder und Kommunen 2024 mit weniger Mitteln für Flüchtlinge und Migranten "komplett im Regen stehen" lasse. Er reagierte so auf den Abbruch der Bund-Länder-Gespräche darüber am Montag.

Die Ministerpräsidenten wollen über weitere Schritte nun offenbar eher beraten als bisher geplant. Das Thema werde "mit Sicherheit" schon auf der nächsten Konferenz am 12. Oktober intensiv behandelt, sagte Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) dem "Stern". Mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sollte es erst am 6. November darum gehen. Es gelte jetzt aber, dieses Treffen gut vorzubereiten, hieß es dazu von Weil: Eine verlässliche Mitfinanzierung des Bundes bei den Flüchtlingskosten sei "überfällig.

Moralischer Kompass gefordert

Laut SPD-Innenpolitiker Hakan Demir braucht es auch einen moralischen Kompass. Der Experte der SPD-Bundestagsfraktion für Flüchtlingsrecht sagte der dpa: "Wer vor Krieg und Gewalt flieht, hat ein Recht auf Asyl."

Der Union warf Demir vor, "mit populistischen Ablenkungsmanövern Stimmung zu machen". Obergrenzen oder Sachleistungen statt Geld werde die Zahl derjenigen, die vor Gewalt oder Armut fliehen, nicht senken. Wer Fluchtmigration regulieren wolle, solle sich für mehr Abkommen einsetzen, die Menschen auch Arbeitsvisa ermöglichten. Wer verunsichert "auf den Zug der Abschottung" steige, stehe "auf der falschen Seite der Geschichte".

MDR (ksc), mit u.a. dpa, AFP, Reuters

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 26. September 2023 | 09:00 Uhr