Geplanter Selenskyj-BesuchBerliner Polizei ermittelt wegen Geheimnisverrats
Wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj andere Staatschefs trifft, wird dies meist erst kurz vorher bekannt gegeben – aus Sicherheitsgründen. Sein angeblich geplanter Deutschland-Besuch in Mai ist allerdings schon knapp zwei Wochen vor dem Termin öffentlich geworden. Die Berliner Polizei hat nun wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat die Ermittlungen aufgenommen.
Die Berliner Polizei hat Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat im Zusammenhang mit einem möglichen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufgenommen.
"Hintergrund ist die gestrige Medienberichterstattung zu einem möglichen Besuch eines Staatspräsidenten", teilte die Behörde am Donnerstag mit. "Am Vormittag erschien in einer Berliner Tageszeitung ein Artikel, in welchem angeblich ein Angehöriger der Polizei Berlin zitiert wird. In dem Pressebericht werden vertrauliche Details zu einem in Planung befindlichen Einsatz wiedergegeben."
Polizei hat offiziell keine Auskünfte erteilt
"Ich finde es unerträglich, dass – wenn man dem Artikel in der Zeitung Glauben schenkt – ein einzelner Mitarbeiter das Ansehen der Polizei Berlin auf eine derart beschämende Weise national und international beschädigt", teilte Polizeipräsidentin Barbara Slowik mit. Die Polizei habe offiziell "zu keiner Zeit Auskünfte erteilt, welche den Staatsbesuch gefährdet" hätten. "Lediglich auf Anfragen aufgrund der vorangegangenen medialen Berichterstattung wurde seitens der Pressestelle der Polizei Berlin der bevorstehende Einsatz bestätigt."
Selenskyj wird möglicherweise Mitte Mai zum ersten Mal seit dem russischen Angriff auf die Ukraine nach Berlin kommen. Die Berliner Polizei hatte am Mittwoch überraschend mitgeteilt, dass sie alle Sicherheitsvorkehrungen für einen solchen Besuch am 13. und 14. Mai treffe. Für den 14. Mai ist die Verleihung des Karlspreises an Selenskyj in Aachen geplant, zu der unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet wird. Bisher wurde nicht bestätigt, dass der ukrainische Präsident persönlich dabei sein wird.
Kiew: Bekanntgabe ist "unverantwortlich"
Die Berliner Polizei bestätigte die Reisepläne des ukrainischen Präsidenten auf Nachfrage, nachdem die Zeitung "B.Z." darüber berichtet hatte. Es ist ein ungewöhnlicher Schritt, weil Auslandsreisen Selenskyjs aus Sicherheitsgründen in der Regel bis zur letzten Minute geheim gehalten werden. Weder vom Kanzleramt noch von der ukrainischen Botschaft gab es am Mittwoch eine Bestätigung für den Berlin-Besuch Selenskyjs.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte lediglich, die Termine des Bundeskanzlers würden am Freitag der Vorwoche bekanntgegeben. Nach einem Bericht von "t-online" gibt es in Kiew Unmut über die Bekanntgabe der Reisepläne. Dieser Vorgang sei "unverantwortlich" und könne "einen möglichen Besuch des ukrainischen Präsidenten in Frage stellen", zitierte das Nachrichtenportal regierungsnahe Kreise.
dpa (kar)
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 04. Mai 2023 | 14:00 Uhr