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Seit 2011 ist die Einberufung zum Grundwehrdienst in Deutschland ausgesetzt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jan Woitas

CDU-Beschluss zur WehrpflichtVor allem junge Menschen lehnen Wiedereinführung der Wehrpflicht ab

08. Mai 2024, 08:58 Uhr

Der CDU-Parteitag in Berlin hat am Dienstag für eine schrittweise Rückkehr zur Wehrpflicht gestimmt. Damit hat die Debatte um die Wiedereinführung neuen Zündstoff bekommen. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist dieses Thema wieder stärker in den Fokus gerückt. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius will bis zum Sommer darüber entscheiden. Vor allem junge Leute lehnen eine Rückkehr zur Wehrpflicht ab.

  • Laut der Vorsitzenden des Deutschen Bundesjugendrings würde mit der Wiedereinführung der Wehrpflicht wieder einmal gegen den Willen junger Menschen entschieden.
  • Dem Verein für Friedensarbeit von der evangelischen Kirche zufolge hat sich die Zahl der Beratungsanfragen innerhalb eines Jahres nahezu verdoppelt.
  • Im Grundgesetz ist festgeschrieben, dass aber ohnehin niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden darf.

Es ist noch keinen Monat her, als das Meinungsbarometer MDRfragt wissen wollte: Wehrpflicht ja oder nein? Zwei Drittel der Befragten sprachen sich damals für eine Wiedereinführung aus. Die einzige Ausnahme bildete die Altersgruppe der unter 30-Jährigen. Hier lehnten zwei Drittel eine Rückkehr zur Wehrpflicht ab.

Entscheidung gegen den Willen junger Menschen

Die Ergebnisse des MDR-Meinungsbarometers sind zwar nicht repräsentativ, aber für Daniela Broda zeigt sich, dass wieder einmal gegen den Willen junger Menschen entschieden werden soll. Broda ist Vorsitzende des Deutschen Bundesjugendrings, der die Interessen von sechs Millionen Jugendlichen vertritt.

"Wir haben diese Diskussion in den letzten Jahren wiederholt geführt. Es ist immer in Zeiten von Fachkräftemangel, wenn diese Argumente hervorgebracht werden und der Fokus richtet sich immer und immer wieder auf junge Menschen. Das finden wir als Deutscher Bundesjugendring nicht richtig, denn es geht darum, dass sich Solidarität und Gemeinsinn nur wirklich in Menschen verwurzeln, wenn sie sich freiwillig und selbstbestimmt dafür entscheiden können."

Die Vorsitzende des Bundesjugendrings spielt auch auf das Ziel an, ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr einzuführen, das entweder bei der Bundeswehr oder in sozialen Einrichtungen geleistet werden soll.

Deutlich gestiegener Beratungsbedarf von jungen Menschen und ihren Eltern

Die Angst junger Menschen, Dienst an der Waffe leisten müssen, ist laut Wolfgang Max Burggraf groß. Er ist Geschäftsführer des Vereins für Friedensarbeit, der bei der Evangelischen Kirche angesiedelt ist. "Es gibt natürlich viele Menschen – auch viele Eltern, viele Mütter von erwachsen werdenden Söhnen – die Sorge und Angst haben, was da passieren könnte."

Burggraf zufolge erhält der Verein viele Beratungsanfragen von Menschen, die mit der Bundeswehr bisher nie etwas zu tun hatten. "Man kann ungefähr sagen, dass gegenüber den Vergleichswerten des letzten Jahres das Ganze um 50 Prozent zugenommen hat."

Dienst an der Waffe kann verweigert werden

Im Grundgesetz regelt Artikel 12a, dass Männer ab 18 Jahren zum Dienst in den Streitkräften verpflichtet werden können. Ausgesetzt wurde im Jahr 2011 lediglich die Einberufung dazu. Das wiederum kann mit einer einfachen Mehrheit im Bundestag rückgängig gemacht werden. Der Geschäftsführer vom Verein für Friedensarbeit warnt aber vor Panik.

"Wir haben im Grundgesetz den Artikel 3, der vorsieht, dass niemand gegen seine Gewissensentscheidung zum Dienst an der Waffe einberufen werden darf. Das heißt, das ist der Grundgesetzartikel, auf den sich jede Kriegsdienstverweigerung bezieht und dieses Recht bleibt natürlich auch im sogenannten Spannungsfall oder im Verteidigungfall bestehen. Ich würde jetzt abraten, sofort einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung zu stellen, weil irgendwie eine Wehrpflicht kommen könnte. So schnell wird das alles nicht gehen."

Burggraf rechnet eher damit, dass der Personalmangel bei der Bundeswehr zunächst mit einem verschärften Einzug von Reservisten abgefedert wird. Die Personallücke ist groß, rund 30.000 Beschäftigte fehlen der Bundeswehr vor allem im qualifizierten Mittelbau der Unteroffiziersdienstgrade.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 08. Mai 2024 | 06:11 Uhr