Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben
Nicht nur die Steuerlast, sondern auch die Rentenbezüge sind im Osten in den vergangenen Jahren deutlicher gestiegen als im Westen. Bildrechte: imago images / Sven Simon

AbgabenWarum Ost-Rentner trotz höherer Steuern nicht pauschal schlechter dastehen

25. April 2023, 16:40 Uhr

Es hat fast 33 Jahre gedauert, bis die Bundesregierung diese erfreuliche Nachricht verkünden konnte: Die Renten in Ost und West errreichen endlich dasselbe Niveau. Ab dem Sommer liegt der sogenannte Rentenwert sowohl in den alten als auch den neuen Bundesländern bei 37,60 Euro. Allerdings zahlen ältere Rentner in Ostdeutschland teils mehr Steuern als ihre westdeutschen Altersgenossen. Ist das tatsächlich ungerecht, wie die Linke meint?

Das deutsche Rentensystem ist für viele Laien genauso schwer zu verstehen wie die Quantenphysik. Entgeltpunkte, Zugangsfaktoren, Rentenwert – und dazu noch die unterschiedlichen Regeln für Ost und West. Es wird umgerechnet und multipliziert, damit es trotz unterschiedlichen Lohnniveaus bei der Rente möglichst gerecht zugeht. Wie kann es dann sein, dass mancher Ost-Rentner trotz ähnlicher Bezüge mehr Steuern zahlt als einer im Westen?

Alle Ost-Rentner laut Pellmann von Steuerungerechtigkeit betroffen

Das fragte sich Sören Pellmann, Abgeordneter der Linken, nachdem er die Antwort der Bundesregierung auf seine Anfrage bekam: "Grundsätzlich sind alle Ost-Rentner betroffen. Alle zahlen zu viele Steuern, weil der Mechanismus immer gleich ist: Geringerer Rentenwert, deshalb geringerer Freibetrag, deshalb höherer Steueranteil. Es ist doch grotesk, dass die Ungerechtigkeit, dass 33 Jahre lang nicht dieselbe Rente für dieselbe Lebensleistung gezahlt wurde, heute dazu führt, dass auch die Steuern höher sind."

Es ist doch grotesk, dass die Ungerechtigkeit, dass 33 Jahre lang nicht dieselbe Rente für dieselbe Lebensleistung gezahlt wurde, heute dazu führt, dass auch die Steuern höher sind.

Sören Pellmann | Bundestagsabgeordneter der Linken

Das, was Pellmann so einfach dahersagt, ist in Wahrheit sehr kompliziert. Seit 2005 wird die Besteuerung der Rente schrittweise umgestellt: von der Besteuerung der Versicherungsbeiträge hin zur Besteuerung der Rentenauszahlung. Es gibt zwar noch für längere Zeit einen Freibetrag, der nicht versteuert werden muss und bis zum Lebensende gleich bleibt, für den anderen Teil sind allerdings Abgaben fällig.

Rentenexperte: Höhere Zuwachsraten führen zu höherer Steuerlast

Johannes Geyer ist Rentenexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin und erklärt: "Alle Zuwächse, die Sie in der Rente haben – jedes Jahr werden ja die Renten angepasst – müssen Sie voll versteuern. In Ostdeutschland fielen diese Zuschläge höher aus über die Zeit. Jetzt haben wir bis 2024 die Angleichung zwischen Ost und West. Aber über die Zeit musste die Rente im Osten immer etwas stärker wachsen als in Westdeutschland. Das heißt, in Ostdeutschland kommen Sie zwar von einem niedrigen Niveau, aber die Zuwächse werden Sie versteuern müssen. Das führt dazu, dass Sie in der Summe einen höheren Anteil der Rente versteuern."

Das lässt sich am Beispiel eines Standardrentners festmachen: Eine Person, die 45 Jahre lang Durchschnittslohn verdient und darauf Rentenbeiträge entrichtet hat. Eine reine Rechengröße. Wer als Standardrentner 2010 in den Ruhestand ging, zahlt 2023 im Osten 217 Euro Einkommensteuer im Jahr. Im Westen sind es nur 128 Euro. Bei Rentenbeginn ab dem Jahr 2020 dreht sich das Verhältnis aber um.

Die Steuerungerechtigkeit ist also relativ – auch aus einem anderen Grund, wie Geyer erklärt: "Man müsste eigentlich für eine richtige Betrachtung in Ost und West auch noch gucken: Wie wurden eigentlich die Rentenbeiträge versteuert über die Zeit? Und da muss man sagen, dass in Ostdeutschland weniger Steuern gezahlt werden mussten. Die Rentenbeiträge von den Erwerbstätigen wurden ja angehoben über einen Umrechnungsfaktor. Der hat die Löhne immer ungefähr auf das Westniveau gehoben. Und dieser Zuschlag war nicht steuerpflichtig." Deshalb, so Geyer, führe die Aussage, viele Ostdeutsche müssten mehr Steuern auf ihre Rente zahlen als Westdeutsche, etwas in die Irre.

MDR (dkn)

Mehr zum Thema Rente

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 25. April 2023 | 06:52 Uhr