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Die Hinzuverdienstgrenzen bei der Erwerbsminderungsrente sollen angehoben werden – so sieht es der Gesetzentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil vor. Bildrechte: IMAGO/Political-Moments

GesetzesänderungErwerbsminderungsrente: Hinzuverdienstgrenze soll angehoben werden

09. Oktober 2022, 05:00 Uhr

Wer aus gesundheitlichen Gründen arbeitsunfähig ist, erhält in der Regel eine Erwerbsminderungsrente. Wer diese bezieht, darf aber nicht mehr verdienen, als es die sogenannte Hinzuverdienstgrenze festlegt. Sonst gibt es weniger Rente. Diese Hinzuverdienstgrenze will Arbeitsminister Hubertus Heil nun anheben. Eine MDR-AKTUELL-Hörerin wollte wissen, was es damit auf sich hat.

Eine Hörerin, die anonym bleiben möchte, fragt: "Wenn ich richtig informiert bin, hat Bundesarbeitsminister Heil die Hinzuverdienstgrenze für Bezieher der Erwerbsminderungsrente abgeschafft. Nun bekommen doch meines Wissens diese Menschen ja die Rente, eben weil sie nicht mehr arbeiten können. Wie passt denn das zusammen?"

Erwerbsminderungsrente – einfach erklärt

Eine Erwerbsminderungsrente erhalten in Deutschland 1,8 Millionen Menschen. Sie erhalten im Schnitt 877 Euro monatlich, je nach Bundesland, je nach individueller Berechnung. Die Hinzuverdienstgrenzen wurden aber nicht abgeschafft, sondern lediglich angehoben.

Für das bessere Verständnis ein Beispiel: Eine Lehrerin hat einen Burnout. Sie bekommt eine zeitlich befristete volle Erwerbsminderungsrente, weil sie wegen ihrer Krankheit pro Tag weniger als drei Stunden ihrem Beruf nachgehen kann. Sie arbeitet also beispielsweise nur noch zwei Stunden pro Tag und kann sich so bisher maximal 525 Euro pro Monat dazuverdienen. Wenn es allerdings Lohnerhöhungen gibt, könnte dieser Zuverdienst für ihre tägliche zweistündige Arbeitszeit die bisher erlaubten 525 Euro schnell überspringen – und alles was drüber ist, würde von der Erwerbsminderungsrente am Ende wieder abgezogen.

Hinzuverdienstgrenzen werden angehoben

Nun soll ab Januar die Hinzuverdienstgrenze steigen, in dem Fall wären das 1.440 Euro pro Monat. Das bedeutet: Die Arbeitnehmerin geht weiterhin nur zwei Stunden pro Tag arbeiten, weil sie kräftemäßig mehr nicht schafft, aber sie hat etwas mehr im Portemonnaie.

Niemand könne wirklich gut von einer Erwerbsminderungsrente leben, so der renten- und alterssicherungspolitische Sprecher der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, Matthias W. Birkwald: "Wir begrüßen deshalb die höheren Hinzuverdienste bei Erwerbsgeminderten als eine mögliche und gute Brücke zurück ins Erwerbsleben."

Bezieher dürfen trotzdem nicht mehr arbeiten

Das Anheben der Hinzuverdienstgrenzen bedeutet aber nicht automatisch, dass Bezieher von Erwerbsminderungsrenten jetzt mehr arbeiten dürfen. Es gilt weiterhin: Wer aus gesundheitlichen Gründen weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten kann, bekommt die zeitlich befristete volle Erwerbsminderungsrente.

So sieht es auch der Gewerkschaftsbund Sachsen, dazu die stellvertretende Vorsitzende Daniela Kolbe: "Bei den Erwerbsminderungsrenten geht für uns die Anhebung der Hinzuverdienstgrenzen in Ordnung. Das bedeutet nicht, dass die Betroffenen beliebig viel arbeiten dürfen. Hier braucht es eine transparente Kommunikation. Nicht dass Menschen in Erwerbsminderungsrente vielleicht mehr arbeiten – weil sie denken, dass sie mehr verdienen – und damit ihre Rente aufs Spiel setzen. Das wäre kontraproduktiv."

Nur wenige beziehen Erwerbsminderungsrente

Der Anreiz, mehr hinzuzuverdienen und damit den Sprung zurück in den Arbeitsmarkt zu schaffen, betrifft aber offenbar nur sehr wenige. Das Bundesarbeitsministerium geht von rund 17.500 Bezieherinnen und Beziehern der Erwerbsminderungsrente aus, die mehr hinzuverdienen, wie die Behörde MDR AKTUELL schriftlich mitteilt.

Die häufigsten Gründe für eine Erwerbsminderung in Deutschland sind psychische Erkrankungen, aber auch Kreislauferkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparats oder Krebs. Laut Statistik werden über 40 Prozent der Anträge auf eine Erwerbsminderungsrente abgelehnt.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. September 2022 | 06:00 Uhr