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Frauen in Führungspositionen sind in Deutschland immer noch selten. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Annette Riedl

Kaum ChefinnenWenige weibliche Führungskräfte in Kommunalbetrieben

07. August 2023, 05:00 Uhr

Die Politik will mehr Frauen in Führungspositionen. Vor diesem Hintergrund hat sich ein Wissenschaftler angeschaut, wie viele Frauen aktuell in Kommunalbetrieben in Chefpositionen tätig sind. Das Ergebnis: Nur jedes fünfte städtische Unternehmen in Deutschland hat eine Chefin. Wie sieht es in Mitteldeutschland aus?

Es sind Stadtwerke, Firmen, die den Müll abholen, Strom liefern oder Krankenhäuser betreiben. Mehr als 2.000 Betriebe in Deutschland sind in kommunaler Hand. Wie oft diese städtischen Firmen von Frauen geführt werden, erhebt der Soziologe Ulf Papenfuß. Seine Zahlen klingen allerdings, als seien die Gleichstellungsdebatten an vielen Städten vorbeigegangen. Nur jeder fünfte städtische Betrieb in Deutschland hat eine Chefin.

"Trotz eines leichten Anstiegs um 0,9 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr liegt der Wert weiter deutlich unter dem von der Politik formulierten Zielen", so Papenfuß. Erstmalig liege die Repräsentation bei öffentlichen Unternehmen sogar unter den aktuellen Werten der DAX40-Unternehmen. Anders formuliert: DAX-Konzerne haben häufiger Frauen an der Spitze als Kommunalbetriebe. Doch woran liegt das?

Gleichstellungsbeauftragte: Frauen sollten faire Chance haben

Zunächst gibt es von Stadt zu Stadt Unterschiede. In Lutherstadt Wittenberg sind immerhin 5 von 14 Chefposten bei Kommunalbetrieben mit Frauen besetzt. Das sind 36 Prozent. Der höchste Wert in Mitteldeutschland.

In Gera hingegen ist von acht zu besetzenden Chefposten nur einer an eine Frau gegangen. Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Claudia Steinhäuser, sieht darin nicht zwingend ein Manko: "Vielleicht sind das ja die geeignetsten gewesen. Und das waren in dem Fall vielleicht eben Männer." Man wolle ja auch nicht, dass nur noch Frauen zählen, sondern man wolle, dass sie fair behandelt und wirklich die besten gefunden würden.

Steinhäuser betont, in Geras Verwaltung würde fast die Hälfte der Ämter von Frauen geleitet. Bei den städtischen Firmen habe sie kein Mitspracherecht. In der Regel wählten Aufsichtsräte die Geschäftsführer, die der Stadtrat bestätigen müsse.

Sachsen kein Vorreiter bei der Frauenförderung

Das ist auch in Zwickau so. Hier sind nur 2 von 24 zu vergebenden Chefposten in Kommunalbetrieben mit Frauen besetzt. Die Gleichstellungsbeauftragte Ulrike Lehmann bedauert das: "Sachsen ist natürlich nicht gerade ein Vorreiter, wenn es um Frauenförderung geht. Eigentlich gehen wir seit Jahren rückwärts in Sachsen, wenn man die Entwicklung betrachtet." Davon zeuge auch, dass man kein modernes Gleichstellungsgesetz habe, sondern immer noch das Frauenfördergesetz von 1994. Außerdem würden die Versuche der jetzigen Ministerin das zu ändern, von verschiedenen Stellen torpediert.

Nach der Sommerpause soll Sachsen ein neues Gleichstellungsgesetz erhalten. Für die personelle Besetzung der Kommunalbetriebe darf es aber keine Vorgaben machen. Mehr Rechte für die Gleichstellungsbeauftragten der Kommunen haben die Bürgermeister im Gesetzgebungsverfahren abgelehnt.

Dessau-Rosslau: Frauenquote ist nicht die Lösung

In Sachsen-Anhalt ist Dessau-Rosslau die Stadt mit den wenigsten Chefinnen in städtischen Betrieben. Von den 16 zu vergebenden Posten sind zwei an Frauen gegangen. Hier sagt Katrin Kuhnt, die Referentin des Oberbürgermeisters, in den Ämtern sei die Geschlechterverteilung besser. Die städtischen Firmen brauchten halt noch Zeit.

"Das ist natürlich auch historisch ein bisschen belegt. Früher war es nun mal so, dass die Frauen für die Kindererziehung zuständig waren", so Kuhnt. Die Gesellschaft habe zwar schon einen Wandel vollzogen, der sei aber noch nicht beendet. Das sei auch ein Grund, warum es in Führungspositionen mehr Männer als Frauen gebe.

Eine feste Frauenquote lehnt Kuhnt ab. Sie sei optimistisch, dass sich auch so mehr Frauen bis an die Spitzen durchsetzen. Um das zu beweisen, bewirbt sie sich als Oberbürgermeisterin in Bitterfeld-Wolfen. Wird sie gewählt, könnte sie auch dazu beitragen, den Chefinnen-Anteil in den Kommunalunternehmen zu erhöhen. Derzeit kommt auch in Bitterfeld-Wolfen auf sechs Posten nur eine Frau.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 07. August 2023 | 06:00 Uhr