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Chip-HerstellungInfineon beginnt mit Bau seiner neuen Chip-Fabrik in Dresden

01. Mai 2023, 18:00 Uhr

Das Festzelt steht schon seit vergangener Woche. Der Chiphersteller Infineon lädt am Dienstag in Dresden zum Spatenstich für seine bislang größte Investition ein. Der Konzern will für fünf Milliarden Euro eine Fabrik für sogenannte Leistungschips bauen, die in Elektroautos, Ladesäulen oder Windrädern eingesetzt werden. Zum Spatenstich wird nicht nur Kanzler Olaf Scholz erwartet. Aus Brüssel will auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen anreisen.

Es ist nicht irgendein Spatenstich, der da in Dresden erfolgt. Es soll der Beginn einer Aufholjagd werden. Europa will sich unabhängiger von Asien machen, bis 2030 wenigstens jeden fünften Computerchip selbst produzieren.

Und die neue Dresdner Infineon-Fabrik dürfte die erste werden, die vom eigens dafür aufgelegten Förderprogramm "European Chips Act" profitiert. Die Fabrik soll Maßstäbe setzen, wirbt Infineon in einem Video: "Chips aus der 'Smart Power Fab' in Dresden werden die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien verbessern, Elektroautos antreiben und Rechenzentren effizienter machen."

Ragnitz: Dresden einziger ernst zu nehmender Standort

Es ist bereits das vierte Werk, das Infineon in Dresden baut – und das größte. Den Wirtschaftswissenschaftler Joachim Ragnitz vom ifo-Institut überrascht es nicht, dass Europas Aufholjagd bei der Chipproduktion in Sachsen beginnen soll. "Man muss sehen, dass Dresden der einzige ernst zu nehmende Halbleiter-Standort in Europa ist", sagt Ragnitz. Das habe sich über die letzten zwanzig Jahre so herauskristallisiert – mit den jetzt drei großen Herstellern und vielen kleineren, die es dort gebe. Dresden habe sich da eine Top-Position erarbeitet.

Doch es gibt auch Kritik. Und zwar an der Förderung. Von den fünf Milliarden Euro, die Infineon investiert, soll eine Milliarde aus besagtem Förderprogramm kommen. Zwar ist die Subvention nur beantragt und noch nicht bewilligt. Doch wenn man davon ausgeht, dass das Geld auch fließt, wird jeder der 1.000 neuen Arbeitsplätze mit einer Million Euro gefördert. Der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, Reint Gropp, kritisiert deshalb, der Staat werfe das Geld zum Fenster raus.

Frank Bösenberg kann die Kritik nicht nachvollziehen. Er leitet das "Silicon Saxony", ein Netzwerk aus Unternehmern und Forschern der Branche: "Es gibt ja einen Grund, warum wir zurückgefallen sind. Und das ist der, dass andere Regionen in einem Wettbewerb, den man für unfair halten kann, der aber existiert, ihre Chipfabriken subventionieren", erklärt Bösenberg. Die Frage sei nicht, ob man sich in einen Subventionswettlauf bewegen wolle, man sei mittendrin. "Wir können mitlaufen oder komplett aussteigen", sagt Bösenberg. Aber dann bleibe eine europäische Souveränität nur Wunschdenken.

Mitteldeutschland als Halbleiter-Standort

Bösenberg verweist auf die vielen zusätzlichen Jobs, die rund um die Chipfabriken entstehen, und hofft auf weitere Investitionen. Immer wieder machen Gerüchte die Runde, der taiwanesische Chipfertiger TSMC erwäge ebenfalls ein Werk in Dresden. Sachsens neuer Beauftragter für Großansiedlungen Dirk Diedrichs sagt, zumindest wäre er dort genau richtig: "Wer eine solche Investition in Europa plant, der kommt an Sachsen nicht vorbei. Und das sind auf jeden Fall Zukunftsinvestitionen, die wir unterstützen wollen, die im Sinne des Landes sind und die hier auch einen Beitrag leisten, den Wohlstand, den wir haben, zu mehren."

Das letzte große Investitionsversprechen ging allerdings nach Sachsen-Anhalt. Der Chiphersteller Intel will seine neue Fabrik in Magdeburg bauen, 17 Milliarden Euro teuer. In Dresden, so liest man, habe er keine ausreichend großen Flächen mehr gefunden. Wirtschaftsforscher Ragnitz geht deswegen davon aus, dass aus dem Halbleiter-Standort Dresden mittelfristig ein Halbleiter-Standort Mitteldeutschland wird.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 02. Mai 2023 | 05:00 Uhr

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