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Die Bundesregierung will nicht mehr einen vorgezogenen Kohleausstieg per Gesetz vorschreiben. Bildrechte: IMAGO / Zoonar

BraunkohleKein früherer Kohleausstieg per Gesetz – das sagen die mitteldeutschen Grünen

07. Juni 2024, 05:00 Uhr

Der Hinweis kam wie beiläufig bei einer Pressekonferenz von Bundeswirtschaftsminister Habeck am Dienstag in Berlin: Die Ampelregierung verfolgt nicht mehr das Ziel, per Gesetz den Kohleausstieg auf 2030 vorzuziehen. Damit gibt die Regierung ein Ziel auf, das im Koalitionsvertrag formuliert wurde. Was sagen die Grünen in Mitteldeutschland dazu?

Der Kohleausstieg gehört zu den wichtigsten Zielen der Ampelregierung. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu, Deutschland solle idealerweise schon 2030 den Betrieb von Kohlekraftwerken beenden und nicht acht Jahre später wie bislang vereinbart. Für das Rheinische Revier in Westdeutschland ist das auch bereits besiegelt. Doch für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg wird es einen solchen früheren Ausstieg per Gesetz nicht geben. Diese Entscheidung der Bundesregierung ist wenige Monate vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg gefallen.

Sächsische Grüne nicht überrascht

Die Grünen in Sachsen sind da weder verärgert noch überrascht, sagt die Co-Vorsitzende Marie Müser: "Wir haben in Sachsen sehr klar kommuniziert, dass es ab 2030 nicht mehr wirtschaftlich ist und da müssen wir auch weiterhin dran anknüpfen. Die Kohle ist teuer, die erneuerbaren Energien sind günstig. Deswegen hat sich aus sächsischer Sicht nicht viel verändert, außer dass wir jetzt Geld haben, das in die Transformation geht, in die Weiterbildung der Arbeits- und Fachkräfte und auch in die Renaturierung. Das ist auch nochmal ein Beschleuniger für die Energiewende."

Die sächsischen Grünen hätten überdies einen gesetzlich festgeschriebenen Ausstieg für 2030 nicht gefordert. Man habe stets von einem marktgetriebenen Ausstieg vor 2038 gesprochen und das auch so im Landtagswahlprogramm festgeschrieben: "Die Braunkohle wird ab 2030 nicht mehr rentabel sein und man kann jetzt zulassen, dass man das wirklich bis zum letzten Zeitpunkt 2038 ausreizt oder man kann sagen, dass man einen verbindlichen Fahrplan vereinbart mit den Braunkohleunternehmen und mit dem Bund und dort gemeinsam bespricht, wie das gut funktionieren kann."

Sachsen-Anhhalt profitiert von Milliardenentschädigungen

Die Grünen in Sachsen-Anhalt waren auf die Nachricht aus Berlin offenbar nicht vorbereitet. Hier, wo das Mitteldeutsche Kohlerevier zu Hause ist, sieht man jetzt zumindest Möglichkeiten, die freiwerdenden Fördermittel zu verwenden.

So argumentiert Dennis Helmich, Co-Vorsitzender der Grünen in Sachsen-Anhalt: "Zunächst einmal ist es natürlich überraschend, wenn man so ein wesentliches Datum, was ja auch Teil unserer politischen Arbeit ist, jetzt in einem Prozess verändert. Aber wenn man sich die Verabredungen dieses Eckpunktepapieres anguckt, dann hat sich für uns vieles wieder aufgelöst. Als Beispiel nenne ich einmal die Verwendung der Kohlefördermittel: Da ist ja sehr viel Geld nicht verausgabt worden, das man jetzt konkret mit der Möglichkeit verknüpft, Wirtschaftsansiedlungen vor Ort an den Start zu bringen. Das ist für uns ein sehr sehr positiver Effekt."

Auch Sachsen-Anhalt profitiert von den Milliardenentschädigungen für die Kohleunternehmen, die Wirtschaftsminister Habeck versprochen hatte. Die EU hatte dazu Anfang der Woche grünes Licht gegeben. Die mitteldeutschen Reviere bekommen also mehr Zeit für den Ausstieg.

Kritik von Klimaökonomin

Nach Ansicht von Klimaökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung ist das kein guter Weg: "Ich halte es für falsch, das Ziel aufzugeben, vor allem weil es noch möglich wäre. Wir sehen ja aktuell, dass der Anteil der erneuerbaren Energien stark gestiegen ist. Das ist immer eine gute Basis, auf die man aufbauen kann. Insofern halte ich es auch für sinnvoll, wenn man das Ziel fortführen würde und nicht aufgeben würde. Einerseits bedeutet es, dass wir die Klimaziele nicht werden erreichen können. Wir sind ja eh beim CO2-Budget weit drüber. Zum anderen ist es eben so, dass man damit die Kohlekraftwerksbetreiber aus ihrer Verantwortung entlässt."

Und genau dies sei ein weiterer Fehler, so Kemfert. Man gebe den Unternehmen hohe Entschädigungszahlungen und lasse Kohlekraftwerke unnötig lange laufen, die sich am Markt aber gar nicht mehr rentierten.

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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 07. Juni 2024 | 06:17 Uhr