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Mehrere Kreise in Sachsen-Anhalt sind mit der Unterbringung und Integration überfordert, berichteten die Landräte bei ihrem Treffen in Wittenberg. Bildrechte: Michael Bachmann

Kosten, Unterbringung & IntegrationLandräte fordern: Kein "Weiter so" in der Migrationspolitik

06. November 2023, 08:53 Uhr

In Wittenberg haben die Landräte aus Sachsen-Anhalt zwei Tage lang über die Flüchtlingspolitik beraten. Schon vor dem Treffen forderten sie einen Kurswechsel. Einige Landräte schilderten dramatische Situationen in den Kreisen. Zum Abschluss bekräftigen sie ihre Forderungen: Mehr Unterstützung bei Unterbringung, Integration und Kosten und stärker regulierte Zuwanderung.

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Zum Abschluss ihres zweitägigen Treffens in Wittenberg haben die Landräte in Sachsen-Anhalt ihre Forderungen nach einem Kurswechsel in der Migrationspolitik bekräftigt.

Landräte berichten von dramatischen Situationen in Sachsen-Anhalt

Der Präsident des Landkreistages und Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), erklärte, die Kreise seien bei der Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten an den Grenzen der Leistungsfähigkeit. "Die Situation ist so dramatisch, dass einzelne Landkreise bereits die Unterbringung in Turnhallen und das Aufstellen von Zelten vorbereiten", erklärte Ulrich.

Haseloff spricht mit Landräten in Wittenberg

Auch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) war für ein Gespräch mit den Landräten in Wittenberg. Götz Ulrich zufolge haben die Kreischefs dabei deutlich gemacht, dass die Integration von Ukrainern und anerkannten Asylberechtigten zahlenmäßig nicht mehr zu schaffen sei. Zudem stünden Integrations- und Sprachkurse nicht ausreichend zur Verfügung.

Forderung: Zuzug von Asylsuchenden begrenzen

Ein "Weiter so" bei der Aufnahme von Geflüchteten könne es nicht geben, hieß es zum Abschluss der Beratungen der Landräte. Der Landrat des Salzlandkreises, Markus Bauer (SPD), sagte, man brauche dringend Hilfe bei der Unterbringung. Bauer forderte zudem, den Zuzug zu begrenzen, indem die europäischen Außengrenzen geschützt, Transitzentren eingerichtet und Sozialleistungen auf ein europaweit harmonisiertes Niveau gesenkt werden.

Auch der Landrat des Kreises Jerichower Land, Steffen Burchhardt (SPD), forderte, die Zuwanderung stärker zu regulieren und Menschen ohne Bleibeperspektive schneller abzuschieben. "Wir brauchen einfach für diejenigen, um die wir uns gerne kümmern wollen und die auch ein Recht genießen, hier zu sein, die entsprechenden Kapazitäten", sagte Burchhardt. Der Kreis hat in diesem Jahr bislang 200 Geflüchtete aufgenommen.

Der Landkreis Jerichower Land will zudem seine Kapazitäten zur Unterbringung von geflüchteten Menschen aufstocken. So sollen künftig bis zu 300 Geflüchtete in zwei ehemaligen Kasernen am Ortsrand von Burg untergebracht werden. Das sagte Landrat Burchhardt MDR SACHSEN-ANHALT. Dort sollen neben neu ankommenden Menschen auch Geflüchtete untergebracht werden, die bislang allein in Wohnungen leben. Diese sollen dann Familien zur Verfügung gestellt werden. Die Kosten trage das Land.

Schon im Vorfeld des Treffens hatten die Landräte mehr Unterstützung und eine andere Flüchtlingspolitik gefordert. Thomas Balcerowski (CDU), Landrat des Landkreises Harz, hatte dem MDR gesagt, er sehe anderenfalls den inneren Frieden im Land gefährdet.

Personalprobleme und steigende Kosten

Es gehe darum, dass die tatsächlichen Kosten für Unterbringung und Integration Geflüchteter vollständig erstattet werden, so Balcerowski. Er fordert von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), beim Migrationsgipfel in Berlin gegenüber dem Bundeskanzler noch deutlicher zu werden.

Landrat Götz Ulrich aus dem Burgenlandkreis sagte zum Abschluss der Beratungen, die Landräte würden erwarten, dass der Bund die Kosten für die Unterkünfte von Geflüchteten dauerhaft und vollständig übernimmt. Außerdem solle der Bund sich an den Kosten für die Integration beteiligen.

Mehr zur Forderung nach Unterstützung bei den Kosten

Schon vor dem Treffen hatte der Landrat des Burgenlandkreises und Präsident des Landkreistages, Götz Ulrich (CDU), an den Bund appelliert: Die Kommunalhaushalte seien so belastet, dass "wir verlangen und erwarten, dass der Bund uns hier maßgeblich unterstützt". Er habe kein Verständnis dafür, dass bei zentralen Fragen, wie Migration und Zuwanderung, jedes Jahr für eine Ausfinanzierung neu verhandelt – geradezu gebettelt – werden müsse.

Saalekreis-Landrat Hartmut Handschak (parteilos) hatte vor dem Treffen erklärt, neben steigenden Kosten gebe es auch Personalprobleme. Der Landrat des Landkreises Mansfeld-Südharz, André Schröder, sagte vorab, es sei das Gebot der Stunde, die Grenzen der Integrationsleistung der Gesellschaft anzuerkennen und darauf staatliches Handeln abzustellen.

Kommunen wollen bei Fachkräften mitreden

Trotz der Probleme vor Ort sprechen sich die Landräte weiterhin dagegen aus, Ausländerbehörden zu zentralisieren. Eine neue Behörde löse keine Probleme, hieß es.

Sachsen-Anhalts Landesregierung will aktuell prüfen, Aufgaben zur schnelleren Anerkennung von Berufsabschlüssen ausländischer Fachkräfte zu zentralisieren. Dazu hatte das Kabinett kürzlich mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) beraten. Heil zufolge haben acht der 16 Bundesländer diese Aufgaben zentralisiert.

Schon vorab hatten die Landräte Thomas Balcerowski aus dem Harzkreis und André Schröder aus dem Kreis Mansfeld-Südharz Befürchtungen geäußert, dass Fachkräfte aus dem Ausland dadurch in die großen Städte vermittelt werden und weniger in den ländlichen Raum. Zudem seien die Landräte und Bürgermeister näher an den Arbeitgebern dran.

Mehr zur Migrationspolitik

dpa, MDR (Doreen Jonas, Anja Höhne, Marcel Knop-Schieback, Cornelia Winkler, André Plaul, Maren Wilczek) | Erstmals veröffentlicht am 02.11.2023

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 03. November 2023 | 15:30 Uhr

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