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In Halle vor allem durch zahlreiche Demos bekannt: Rechtsextremist Liebich Bildrechte: IMAGO / Steffen Schellhorn

Landgericht HalleLandgericht Halle verurteilt Sven Liebich erneut zu Bewährungsstrafe

24. Oktober 2022, 13:33 Uhr

Der Rechtsextremist Sven Liebich aus Halle war im September 2020 unter anderem wegen Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens und Volksverhetzung verurteilt worden. Er legte Berufung ein und plädierte auf Freispruch. Das Landgericht Halle verurteilte ihn am Montag in zweiter Instanz dennoch zu einer Bewährungsstrafe. Diese fällt nun allerdings etwas geringer aus.

Eine Bewährungsstrafe für den Rechtsextremisten Sven Liebich soll weitestgehend bestehen bleiben. Das Landgericht Halle sprach den Hallenser am Montag auch in zweiter Instanz in mehreren Fällen der Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens, der Volksverhetzung und der Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen schuldig.

Das Gericht bestätigte damit weitestgehend ein Urteil des Amtsgerichts Halle. Dieses hatte Liebich im September 2020 in erster Instanz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten ausgesetzt zur Bewährung verurteilt. Dagegen hatte er Berufung eingelegt.

Staatsanwaltschaft hatte elf Monate gefordert, Liebich einen Freispruch

Liebich wird vorgeworfen, im Jahr 2016 wissentlich ein angebliches Zitat der Grünen-Spitzenpolitikerin Renate Künast über Pädophilie in Umlauf gebracht zu haben, das diese so nie getätigt oder gemeint hatte. Ähnlich verhielt es sich 2017 mit einem angeblichen Zitat des damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Beides löste in den Sozialen Medien einen Shitstorm gegen Künast und Schulz aus. Die Staatsanwaltschaft Halle sprach während des Prozesses davon, Liebich habe diese Aussagen den Politikern bewusst "untergeschoben", um sie in Misskredit zu bringen.

Sie blieb auch dabei, dass es sich bei drei von Liebich entworfenen und vertriebenen Aufklebern um Volksverhetzung bzw. in einem Fall um Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen handelte. Die fraglichen Abbildungen von sexualisierten Schafen und schwarzen Menschen dienten etwa dazu, geflüchtete Menschen pauschal zu verunglimpfen und verächtlich zu machen, so Oberstaatsanwalt Ulf Lenzner. Er hatte auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten ausgesetzt zur Bewährung plädiert.

Liebichs Anwalt Michael Matthias forderte hingegen einen Freispruch. Liebich berief sich auf die Kunst- und Meinungsfreiheit und inszenierte sich als Satiriker und Politkünstler, der Opfer eines vermeintlichen "Schauprozesses" werde. Der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt stuft Liebich seit Jahren als Rechtsextremisten ein und nennt ihn auch namentlich in seinen Jahresberichten.

Vorsitzender Richter nennt Liebich "Überzeugungstäter"

Während der Urteilsverkündung wandte sich Richter Helmut Tormöhlen nun mehrfach direkt an Liebich. "Sie überschreiten hier eindeutig rote Linien", sagte er über die als Volksverhetzung eingestuften Aufkleber. Damit habe Liebich anderen Menschen "Sodomie unterstellen und sie herabwürdigen" wollen. Auch den Shitstorm gegen Renate Künast habe er zu verantworten. Deutlich wurde der Richter deshalb in der Prognose: "Sie sind Überzeugungstäter und werden weiter in der Richtung tätig sein."

Im Einzelnen vergab das Gericht eine Bewährungsstrafe von acht Monaten für die Verleumdung von Renate Künast und sechs Monate für die Verleumdung von Martin Schulz. In letzterem Fall habe das Amtsgericht aber "ein bisschen mild" geurteilt, kritisierte Tormöhlen. Die Geldstrafen für die anderen drei Vergehen von zweimal 90 und einmal 40 Tagessätzen zu jeweils 20 Euro sah er hingegen als "maßvoll" an. Zusammengenommen ergab das eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten plus 250 Stunden gemeinnütziger Arbeit, die Liebich zu leisten hätte.

Härtere Strafe nur schwer möglich gewesen

Dass es überhaupt bei einer Bewährungsstrafe blieb, hat verschiedene Gründe. Zum Einen hatte das Amtsgericht Halle Liebich zu einer solchen verurteilt. Eine Verschlechterung ist dann nicht mehr möglich, wenn nur der Angeklagte selbst, nicht aber die Staatsanwaltschaft, Berufung einlegt. Letztere hatte ihre Berufung zurückgezogen, weil das Amtsgericht nur knapp von der Forderung der Staatsanwaltschaft im ersten Prozess abgewichen war. Da Liebich zudem im laufenden Verfahren eine Geldstrafe aus einer Verurteilung in Berlin beglich, konnte auch diese Strafe nicht aufgemessen werden.

Während des Prozesses waren zudem vier weitere Verfahren zu Vorwürfen der Beleidigung und übler Nachrede eingestellt worden. Der Vorsitzende Richter begründete das damit, dass sie kaum Auswirkungen auf das Gesamtstrafmaß hätten. Die Staatsanwaltschaft stimmte zu. Liebich hatte unter anderem Demonstrierende in Halle im September 2017 als "Schaben" und "Linksterroristen" bezeichnet.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Liebich kann noch vor dem Oberlandesgericht Naumburg Revision einlegen. Er und sein Anwalt äußerten sich am Montag erneut nicht zum Verfahren. In einem Videostatement am Montagnachmittag schloss er aber nicht aus, weitere Rechtsmittel zu ergreifen.

Derzeit laufen auch Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg gegen Liebich und eine weitere Person. Sie stehen im Verdacht, eine kriminelle Handelsplattform im Internet betrieben zu haben. Zudem muss sich Liebich im kommenden Jahr vor dem Amtsgericht Leipzig verantworten. Ihm und seiner Lebenspartnerin wird gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung am Rande einer Corona-Demo 2020 in Leipzig vorgeworfen.

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MDR (Thomas Vorreyer, Julia Heundorf)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 24. Oktober 2022 | 19:00 Uhr

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