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EinschätzungDas bedeutet das Urteil gegen den Rechtsextremisten Sven Liebich

24. Oktober 2022, 19:08 Uhr

Sven Liebich ist am Montag zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Der Rechtsextremist musste sich vor dem Landgreicht in Halle in zweiter Instanz wegen Verleumdung und Volksverhetzung verantworten. MDR-Politikredakteur Thomas Vorreyer beantwortet nach dem Urteil die wichtigsten Fragen.

War das Urteil zu mild oder zu hart?

Thomas Vorreyer: Das Urteil hätte in der Theorie deutlich höher ausfallen können, allein für die Verleumdung von Politikern sind nach Strafgesetzbuch bis zu fünf Jahre Haft möglich. In der Praxis fallen solche Urteile aber oft milder als das heutige aus. Es ist auch nicht die einzige Verurteilung von Sven Liebich in den letzten Jahren, wohl aber die einzige, wo es tatsächlich zu einer Bewährungsstrafe kam.

Entsprechend erleichtert zeigten sich heute auch Menschen, die Liebichs Agieren in Halle schon länger kritisch begleiten. Gleichzeitig gab es auch Kritik, etwa von innenpolitischen Sprecher der Grünen Landtagsfraktion, Sebastian Striegel. Der erinnerte daran, dass viele Vorwürfe gegen Liebich in der Vergangenheit erst gar nicht zur Anklage gebracht wurden. Auch vor dem Hintergrund, wie sehr Liebich mit seinen Aktionen Politik und Stadtgesellschaft hier in Halle beschäftigt, empfanden einige Beobachter das Urteil als zu niedrig.

Das Landgericht hätte das Strafmaß gerne erhöht. Stimmt das?

Das trifft auf einen der fünf Vorwürfe zu. Da geht es um die Verleumdung von Martin Schulz, dem damaligen SPD-Kanzlerkandidaten. Das Landgericht sah das auf ähnlichem Niveau wie die Verleumdung der Grünen-Spitzenpolitikerin Renate Künast, das Amtsgericht nicht. Ob es dadurch allerdings auch das Gesamtstrafmaß höher ausgefallen wäre, ist zweifelhaft. Laut Staatsanwaltschaft Halle hatte Liebich beiden ja Falschzitate untergeschoben, die zu Shitstorms gegen Schulz und Künast führten.

Für ein höheres Strafmaß hätte tatsächlich die Staatsanwaltschaft selbst Berufung einlegen müssen. Wenn nur der Angeklagte, wie hier, Berufung einlegt, darf sich das Urteil für ihn nicht verschlechtern. Weil Liebich zudem während des laufenden Prozesses noch eine Geldstrafe beglichen hatte, zu der er vor zwei Jahren verurteilt wurde, konnte auch diese nicht mehr auf das Strafmaß einwirken. Das waren 3.000 Euro für Volksverhetzung.

Liebich beschäftigt Politik und Behörden seit Jahren, wird vom Verfassungsschutz beobachtetet. Wird es mit dem Urteil nun ruhiger um ihn werden?

Da spricht einiges dagegen, trotz drei Jahren Bewährungsdauer. Zum einen hat Liebich offenbar trotz aller anderslautenden Bekundungen die finanziellen Mittel, um weiterhin alle gegen ihn verhängten Geldstrafen zu bezahlen. Zum anderen laufen derzeit weitere Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg gegen Liebich. Da geht es um den Verdacht des Betreibens einer kriminellen Internetplattform. Er wird sich außerdem vor dem Amtsgericht Leipzig demnächst verantworten müssen, wegen des Vorwurfs der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung. Und Liebich hat heute bereits angekündigt, dass seine montäglichen Demonstrationen in jedem Fall weiterlaufen werden, egal ob er ins Gefängnis muss oder nicht. Ein Onlineshop ist auch weiterhin verfügbar. Der Vorsitzende Richter heute schien dann auch nicht davon auszugehen, dass es bald ruhiger wird. Er nannte Liebich überraschend offen einen "Überzeugungstäter".

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MDR (Janett Eger, Thomas Vorreyer, Moritz Arand)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 24. Oktober 2022 | 19:00 Uhr

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