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Bearbeitung von AnträgenEinbürgerung: Magdeburg, Halle und Burgenlandkreis lassen Menschen lange warten

05. August 2022, 14:04 Uhr

In Sachsen-Anhalt kommt es vielerorts zu erheblichen Wartezeiten bei Einbürgerungen. Schlusslicht ist Magdeburg. Bislang schafft nur Dessau eine zeitnahe Bearbeitung aller Fälle. Das Innenministerium prüft, den Städten und Kreisen zu helfen.

Wer sich unbefristet in Deutschland aufhalten darf, seit mindestens acht Jahren hier lebt und einen Test besteht, kann sich einbürgern lassen. Er erhält dann in einer feierlichen Zeremonie die deutsche Staatsbürgerschaft. Wie schnell das geht, hängt in Sachsen-Anhalt maßgeblich vom Wohnort des Antragstellenden ab. Das zeigen neue Zahlen des Innenministeriums.

Nur Dessau schafft die Vorgaben des Landes einzuhalten

Zwar gibt die Landesregierung eigentlich eine "Regelbearbeitungszeit" von sechs Monaten vor. Im 2021 wurden aber lediglich in Dessau auch alle Anträge in dieser Zeit entschieden. In den Landkreisen Anhalt-Bitterfeld, Harz und Mansfeld-Südharz erhielten immerhin rund vier von fünf Antragstellenden einen Bescheid binnen sechs Monat.

Vor allem in der Börde, dem Jerichower-Land und dem Landkreis Wittenberg mussten sich Menschen länger gedulden. Mit am schlimmsten war die Situation im Burgenlandkreis: Hier waren selbst nach einem Jahr von 149 Anträgen noch immer 109 nicht abschließend bearbeitet. Getoppt wird das nur von Magdeburg, wo kein einziger von 591 Anträgen nach einem Jahr entschieden war.

Weil die Stadt Halle und die beiden Altmarkkreise keine vollständigen Zahlen vorlegen konnten, kann kein Landesschnitt gebildet werden. Tatsächlich dürfte die Regelbearbeitungszeit aber nur bei weniger als einem Fünftel aller Anträge eingehalten worden sein.

Migrantenvertreter berichtet von Umzügen, um "demotivierenden Wartezeiten" zu entgehen

Dabei ist die Angelegenheit sensibel. Die Entscheidung, sich einbürgern zu lassen, sei oft langwierig und schwierig, sagt Mamad Mohamad. Er ist Geschäftsführer des Landesnetzwerks der Migrantenorganisationen (LAMSA). LAMSA berät und begleitet Antragswillige bei der Einbürgerung oder der Verlängerung ihres Aufenthaltsstatus, hilft beim Zusammenstellen der oft Dutzenden Dokumente. "Das lange Warten demotiviert Menschen in ihrer Lebensplanung in Sachsen-Anhalt", so Mohamad.

Das Behördenchaos zwingt manche offenbar zu ungewöhnlichen Schritten. Mohamad sagt, man erlebe "schon jetzt, dass Menschen aus Magdeburg und Halle wegziehen, um schneller zu einer Entscheidung für ihr Leben zu gelangen". Man ginge in eine andere Kommune oder gleich in ein anderes Bundesland. Statistisch erfasst würde diese Fälle allerdings nicht.

Schlusslicht Magdeburg erwartet Trendumkehr

Die Stadt Magdeburg macht aus den langen Wartezeiten keinen Hehl. Auf ihrer Website schreibt sie, dass die Bearbeitungszeit "aktuell mehr als zwei Jahre beträgt, bedauern auch wir sehr".

Allen Beteiligten sei bewusst, dass das nicht zufriedenstellend ist, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Die Stadt rechne aber mit einer Trendumkehr. So sei die Einbürgerungsbehörde personell verstärkt worden, die Zahl der abgeschlossenen Verfahren habe sich zuletzt verdoppelt. Weil allerdings fast zeitgleich die Zahl der Neuanträge deutlich zugenommen habe und neue Mitarbeitende eingearbeitet werden müssten, bliebe es kurzfristig bei langen Wartezeiten.

Auch in Halle hat man die zuständige Behörde zuletzt verstärkt. Dennoch ist die Stadtverwaltung so belastet, dass man die aktuellen Bearbeitungsdauer gegenüber dem Innenministerium nicht ermitteln konnte. Die Situation ist aber ähnlich wie in Magdeburg. Die Landesregierung kennt die Probleme hier bereits seit fünf Jahren.

Neben den Schwierigkeiten, entsprechendes Fachpersonal zu finden, und der teils hohen Personalfluktuation, nennen Kommunen und Innenministerium weitere Gründe für die Verzögerungen. So habe die Umstellung auf Schriftverkehr in der Corona-Pandemie viele Prozesse verlangsamt. Auch die Fluchtbewegungen infolge des Syrien- und des Ukraine-Krieges hätten wiederholt zu nicht vorhersehbaren Engpässen geführt. Das Innenministerium verweist zudem darauf, dass nicht jede Bewerberin und Bewerber sofort den nötigen Lebensunterhalt oder ausreichende Sprachkenntnisse vorweisen könne.

Innenministerium will Unterstützungsbedarf prüfen

Ist die gewünschte Regelbearbeitungszeit von sechs Monaten in dieser Gemengelage überhaupt noch haltbar? Der SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben, der die aktuellen Zahlen erfragt hatte, sagt, wenn es beim bisherigen Tempo bleibe, könne sich zumindest das Land die Werbung für die Einbürgerung sparen. Die bisherige Regelbearbeitungszeit mache "keinerlei Eindruck auf die zuständigen Behörden". Innenministerin Tamara Zieschang sei da in der Pflicht.

Zieschangs Haus antwortet, Einbürgerungen und Aufenthaltsverlängerungen seien Teil der kommunalen Selbstverwaltung. Die kreisfreien Städte und Kommunen trügen dafür die Verantwortung. Gleichzeitig kündigt das Innenministerium weitere Schritte an. So bereite derzeit eine Evaluierung der Arbeitssituation in den Einbürgerungsbehörden vor. "Dabei geht es auch um die Frage eines etwaigen Unterstützungsbedarfes durch das Land", so eine Ministeriumssprecherin. Eine Regelbearbeitungszeit von sechs Monaten werde weiterhin angestrebt.

Migrantenvertreter Mamad Mohamad sagt, es gehe nicht allein um Schnelligkeit. Niemand erwarte, dass tatsächlich alle Anträge in einem halben Jahr entschieden werden. Eine Bearbeitungsdauer von einem Jahr sei völlig im Rahmen. Das Problem liege vielmehr in mangelnder Kommunikation und verwirrenden Prozessen. "Die Kommunen müssten in der Zeit mehr mit den Menschen sprechen und eine Perspektive bieten", so Mohamad.

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MDR (Thomas Vorreyer)

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