Ungeeignete SchutzkleidungFeuerwehr am Limit: Kreislaufprobleme bei Hitze-Einsätzen
Die Feuerwehr in Sachsen-Anhalt leidet an Überhitzung. Immer wieder kommt es im Sommer zu Kreislaufproblemen bei Einsätzen. Es fehlt an geeigneter Schutzkleidung für Einsätze bei Hitze. Versicherungen und Feuerwehrverbände fordern nun bessere Ausrüstung.
- Freiwillige Feuerwehrleute müssen jedes Jahr wegen Schwächeanfällen ärztlich behandelt werden.
- Grund dafür sind auch warme Sommer und dicke Einsatzkleidung.
- Versicherungen und Landesfeuerwehrverband fordern bessere Ausstattung der Wehren.
Samstagvormittag, strahlend blauer Himmel. Bei Langeln im Nordharz brennt ein Stoppelacker, wie so häufig um diese Jahreszeit. Die Ortsfeuerwehr der Gemeinde Zilly kommt zur Unterstützung.
Schon am Vormittag seien es 37 Grad gewesen, sagt ein Feuerwehrmann. Vier Feuerwehrleute müssen den Einsatz vor Erschöpfung abbrechen. Für zwei Kameraden geht es sogar zur Untersuchung ins Krankenhaus. "Die Klamotten, die Hitze. Da schwitzt man schon gewaltig", sagt ein Kamerad.
Körpertemperatur bei Einsätzen auf Fieber-Niveau
Die Feuerwehr aus Zilly muss auch bei sommerlichen Temperaturen in dicker Schutzausrüstung ausrücken. Mitten in der Sonne, bei einem hartnäckigen Feldbrand, ist der Wasserverlust enorm. Die Feuerwehrunfallkasse spricht von bis zu einem Liter pro 20 Minuten. Zudem könne die Körpertemperatur auf ein Niveau ansteigen, das mit Fieber vergleichbar sei. Die Einsatzkräfte laufen Gefahr, zu überhitzen.
Einsatzkleidung für Feldbrände im Sommer zu dick
Das Problem der Feuerwehr Zilly haben auch andere Wehren in Sachsen-Anhalt: Noch gibt es nur die Standard-Schutzkleidung in der Wehr. Die muss robust genug sein, um die Kameraden bei allen Einsätzen zu schützen.
Für den Einsatz in der Sommersonne ist sie aber zu dick. Ein Problempunkt sind die Kosten: Eine leichtere Ausrüstung, also Jacke und Hose für den Einsatz bei Vegetationsbränden, kostet mindestens 200 Euro pro Kamerad oder Kameradin.
Der zuständige Stadtwehrleiter von Osterwieck, Olaf Chrost, sagt, man sei bereits seit Jahren dabei, die Bestände auszubauen. Aber man sei finanziell nicht leistungsfähig genug, alle 500 Kameraden auf einmal mit mehreren Schutzausrüstungen zu versorgen.
Versicherung hat Problem im Blick
Bei der Feuerwehrunfallkasse Mitte, zuständig für Sachsen-Anhalt und Thüringen, verfolgt man das Problem genau. Geschäftsführer Detlef Harst weist darauf hin, dass bei Einsätzen immer eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung nötig sei. Das heißt: Bestmöglicher Schutz für die Einsatzkräfte soll durch den Einsatzleiter im Blick behalten werden. Das schließe auch den Schutz vor Hitze ein.
Steht nur eine dicke Jacke zur Verfügung und ein Feuerwehrmann zieht sie im Hochsommer im Einsatz aus, gilt der Versicherungsschutz weiterhin, stellt Harfst klar. Jedoch wollen die zuständigen Versicherungen die Städte und Gemeinden stärker auf das Thema Hitzeschutz und die Wichtigkeit leichter Schutzkleidung hinweisen.
Im April gab es dazu eine gemeinsame Erklärung zu den Folgen des Klimawandels und zunehmend warmen Sommern auf die Arbeit der Feuerwehren. "[…] Die Kommunen und Länder sind gefordert. Die Ausstattung der Feuerwehren ist stets auf höchstem Niveau zu halten und sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Um die personellen Ressourcen der Freiwilligen Feuerwehren zu stärken, muss der Feuerwehrdienst durch angemessene Ausrüstung, Technik und gute soziale Rahmenbedingungen attraktiv gestaltet sein." (Rangsdorfer Resolution, 25.4)
Statistik: Hitze-Schäden gehen nicht zurück
Die Statistik der Versicherung zeigt: Insgesamt ist die Zahl der Schadensfälle bei Feuerwehren zwar im Abwärtstrend. Doch Herz- und Kreislaufprobleme gibt es weiterhin und vor allem in Jahren mit warmen Sommertagen wie 2018, 2019, 2022 und 2023.
In diesem Jahr wurden bis zum 18. Juli bereits 27 Fälle registriert. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen, da die Unfallkasse nur versicherungsrelevante Vorfälle aufführt, also Fälle, in denen ein Arzt oder der Rettungsdienst eingeschaltet wurden.
Hinweis: Die Feuerwehr-Unfallkasse (FUK) Mitte weist darauf hin, dass die Daten für die Jahre 2020, 2021 und zum Teil 2022 durch die Corona-Maßnahmen geringer ausfallen, da es wegen ausbleibender Veranstaltungen auch weniger begleitende Einsätze durch die Feuerwehren gegeben hat.
Zum Herbst soll eine neue Information der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherungen für die Feuerwehren veröffentlicht werden. Darin soll leichtere Schutzausrüstung für Technische Hilfeleistung und Vegetationsbrand als Standard empfohlen werden. Bei der Information handelt es sich jedoch nicht um eine verbindliche Vorschrift.
Landesfeuerwehrverband wünscht sich bessere Ausstattung
Kai Uwe Lohse, Kreisbrandmeister im Harz und Chef des Landesfeuerwehrverbandes, sagt, dass angemessene Schutzkleidung die Grundlage dafür sei, dass die Feuerwehren ihre Arbeit richtig machen könnten. "Es fehlt mit Sicherheit am Geld, denn das Wie und Womit ist nicht mehr die Frage. Bei der Bekleidung für den Außeneinsatz und die Vegetationsbrandbekämpfung hapert es im Moment heftig", so der Kreisbrandmeister.
Lohse sagte weiter, eine landesweite Beschaffung als Anschub würde aus seiner Sicht Sinn ergeben. Eine solche Regelung gebe es bereits für andere Einsatzmittel, beispielsweise bei Einsatzfahrzeugen für die Feuerwehr.
MDR (Max Hensch, Elke Kürschner, Leonard Schubert)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 23. Juli 2023 | 19:00 Uhr
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