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Experten erklären, wie die Intel-Ansiedlung den Wohnungsmarkt in Magdeburg beeinflussen wird. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance / dpa-Zentralbild | Stephan Schulz

StadtentwicklungWie sich der Wohnungsmarkt in Magdeburg durch Intel verändern könnte

26. Juni 2022, 12:00 Uhr

Mit Intel ziehen auch mehr Menschen nach Magdeburg – und die brauchen Wohnungen. Die Ansiedlung des Chip-Herstellers könnte somit einen Einfluss darauf nehmen, wie sich die Stadt entwickelt. Darunter fallen Mietpreise, verfügbarer Wohnraum und Infrastrukturen. Experten schätzen im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT ein, wie sich Wohnen in Magdeburg zukünftig verändern könnte.

380 Hektar Fläche soll der Intel-Standort am Rand Magdburgs vor dem Stadtteil Ottersleben künftig einnehmen. Mit der Ansiedlung des Chip-Herstellers entstehen nach Angaben von Intel-Chef Pat Gelsinger rund 10.000 Jobs.

Dass ein Teil dieser Arbeitskräfte in Magdeburg und der Umgebung wohnen und leben wird, steht außer Frage. Doch: Wie geht die Wohnungswirtschaft Magdeburgs mit einem möglichen Einwohnerzuwachs um?

Aktuelle Wohnungsmarktlage in Magdeburg noch entspannt, aber ...

Im Vergleich zu anderen Städten ist die Wohnungsmarktlage in Magdeburg aktuell entspannt, wie mehrere Wohnungsbaugenossenschaften MDR SACHSEN-ANHALT mitteilten. Laut der WOBAU gilt das sowohl für die Anzahl der freien Wohnungen als auch die Höhe der Mieten.

Mirko Stage, Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung der Landeshauptstadt Magdeburg, sieht es etwas kritischer: "Insbesondere im Bereich der niedrigen und mittleren Mieten ist in vielen Stadtteilen der Markt wie leergefegt", sagt er MDR SACHSEN-ANHALT. Der stabile Wohnungsmarkt-Zustand in Magdeburg sei seit 2021 in Bewegung, ergänzt er. Aktuell hat der future!-Politiker den Eindruck, dass sich der Wohnungsmarkt auf einen Kippunkt zubewege. "Teilweise gibt es bei den Vermietern lange Wartelisten", sagt er.

Intel als Chance für neue Bauprojekte

Die Ansiedlung Intels in Magdeburg könnte dem Wohnungsmarkt sogar zugute kommen. Stage erklärt, dass es durch den Zuzug von mehreren tausend Menschen für Vermieter wieder attraktiver werde, in größere Wohnungsbauprojekte zu investieren.

Hier sehe ich eine wichtige Chance, dass nun Projekte verwirklicht werden können, für die bisher die Nachfrage unsicher war.

Mirko Stage | Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung der Landeshauptstadt Magdeburg

Laut Stage muss dabei Wohnraum für alle Einkommensschichten geschaffen werden – also auch für Menschen mit niedrigem Einkommen.

Menschen kommen phasenweise nach Magdeburg

Der Baubeginn von Intels sogenannter Giga-Fabrik ist für 2023 geplant. Dabei werden nicht sofort zehntausende Menschen nach Magdeburg ziehen. Passieren werde das womöglich phasenweise, sagt Torsten Prusseit, Abteilungsleiter Unternehmensentwicklung bei der WOBAU.

Prusseit zufolge wird es zunächst eine temporäre Nachfragewelle durch die Bauleute geben. Danach werde die Nachfrage durch die Beschäftigten bei Intel steigen. Laut Prusseit sei anfangs eher mit 1- und 2- Personen-Haushalten zu rechnen.

Südliche Stadtteile profitieren zuerst

Thomas Fischbeck, Sprecher des Vorstandes der Magdeburger Wohnungsgenossenschaft (MWG) geht fest davon aus, dass nachhaltig auch Familien nach Magdeburg ziehen werden. Eine genaue Zahl sei hierbei noch nicht absehbar, aber Fischbeck geht von einem Zuwachs von bis zu 10.000 Menschen aus.

Der Baubeginn von Intel am Eulenberg in Magdeburg ist für 2023 geplant. Eine Fertigstellung im Jahr 2027. Bildrechte: MDR/Intel Corp.

Von Intel werden alle Stadtteile Magdeburgs profitieren – jedoch unterschiedlich stark. Davon gehen alle Wohnungsgenosschaften aus. Vor allem die südlichen Stadtteile, also nah bei Intel, werden zuerst vom Zuwachs profitieren werden. Fischbeck sagte dazu, dass gerade für die Bauarbeiter kurze Wege von Vorteil seien.

Mirko Stage vom Ausschuss für Stadtentwicklung möchte allerdings vermeiden, dass es eine Konzentration auf bestimmte Stadtteile gibt. Es müsse nur gelingen, Intel, die Innenstadt und andere Stadtteile sowie das Umland durch ÖPNV-Angebote miteinander zu verbinden.

Innenstadt, Stadtteile, aber auch Umlandgemeinden wie Wanzleben oder Oscherleben können gleichermaßen vom Zuwachs profitieren. Das wäre ein für die Stadtentwicklung gesundes Wachstum.

Mirko Stage | Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung Landeshauptstadt Magdeburg

Neue Wohnungsbauprojekte in Planung

Wachstum ist ein gutes Stichwort. Als klar wurde, dass Intel nach Magdeburg kommt, entstanden schon erste Ideen für neue Wohnprojekte. Jörg Koßmann von der Stadtfelder Wohnungsgenossenschaft sagte MDR SACHSEN-ANHALT, dass sie in südlichen Stadtlagen, im Bereich der Leipziger Straße, größere Wohnkomplexe bewirtschaften. Für neun Millionen Euro würden diese jetzt energetisch modernisiert. Auch ein zuvor zurückgestelltes Neubauprojekt in der Prälatenstraße in der Altstadt werde wegen Intel wieder aufgenommen.

Auch bei der WOBAU wird für Intel geplant. Projekte werden laut Abteilungsleiter Unternehmensentwicklung der WOBAU sogar für die Bedarfe von Intel optimiert, "sobald konkretere Nachfragedaten wie Haushaltsgrößen, Mobilitätsverhalten usw. vorliegen", so Prusseit. Man bereite sogar das Instandsetzen von Wohnungen für die Bauarbeitenden von Intel vor, berichtet er.

Und auch die MWG plant gemeinsame Projekte mit Intel: "Wir werden gemeinsam mit Intel nach geeigneten Grundrisslösungen, projektbezogen, suchen. Dies haben wir den Beratern und Managern versprochen", wie der Sprecher erzählt. Ein Kontakt sei mittlerweile hergestellt.

Was bedeutet die Intel-Ansiedlung für die Mieten in Magdeburg?

Und was ist mit den Mieten? Laut MWG belaufen sich Mieten für Wohnraum in Magdeburg im Jahr 2021 im Mittel auf 6,54 Euro pro Quadratmeter. Ob sich der Preis wegen Intel erhöhen wird, hängt laut Mirko Stage daran, wie die Wohnungwirtschaft auf die Ansiedlung reagiert.

Wenn wir nichts machen und einfach abwarten, werden speziell die Mieten im mittleren Preissegment deutlich steigen. Wenn wir stattdessen zügig erkennen, dass die Nachfrage nach Wohnraum innerhalb der nächsten fünf Jahre deutlich steigen wird, können wir dafür sorgen, dass der Wohnungsmarkt stabil und somit auch die Mietpreise bezahlbar bleiben.

Mirko Stage | Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung Landeshauptstadt Magdeburg

Das scheint aktuell der Fall zu sein – Projekte und Ideen der Genossenschaften gibt es schon einige, wie MDR SACHSEN-ANHALT erfahren hat. Doch die Genossenschaften sehen weniger Intel als Grund für einen Mietanstieg. Eher könnten die Inflation und die Kosten für Baumaterial an den aktuellen Mieten zerren.

Leerstand bei Wohnungen kann auch gut sein

Mirko Stage spricht hier aber auch noch etwas anderes an. Magdeburg habe aktuell kaum Leerstand. 6.000 Wohnungen waren es lediglich – und die standen leer, weil sie meist nicht mehr zeitgemäß waren. Für einen stabilen Wohnungsmarkt sei es aber wichtig, zukünftig sogar wieder eine etwas höhere Leerstandsquote zu haben. Der Grund: Durch einen Mangel an Angeboten könnten die Preise künstlich in die Höhe getrieben werden.

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Das Stadtbild verändert sich

Durch Intel wird sich auch das Stadtbild Magdeburgs verändern. So wird laut Stage Magdeburg "internationaler, bevölkerungsreicher, moderner, bunter und weltoffener" werden. Er ist der Meinung, dass es gelingen könne, dass die Stadt stärker als "Region in bester Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden betrachtet werden kann". So würden die Stadtgrenzen seltener auch die Grenzen für Zukunftsvisionen sein.

Wir werden nicht neu, aber anders.

Thomas Fischbeck | Sprecher des Vorstandes MWG

Für die Wohnungswirtschaft ist Intel eine Chance. Doch laut MWG ist es nicht nur das reine Bauvorhaben, was letztlich zählt: "Es sei nicht nur die Masse der neu zu uns kommenden Menschen wichtig, sondern auch ihre Ausbildungen und kulturellen Hintergründe, die zu einer Bereicherung der Stadtgesellschaft führen wird."

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MDR (Maximilian Fürstenberg)

MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir

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