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Alexander von Bismarck gehörte zu den Teilnehmern des Treffens von Rechten und Politikern in Potsdam. Bildrechte: picture alliance/dpa | Peter Gercke

Alexander von BismarckWas machte ein Adliger aus der Altmark bei rechtem Geheimtreffen?von Katharina Gebauer und Lucas Riemer, MDR SACHSEN-ANHALT

02. Februar 2024, 14:41 Uhr

Beim Geheimtreffen von Rechten und Rechtsextremen in Potsdam stand auch Alexander von Bismarck auf der Gästeliste. Einst war der Adlige aus Döbbelin CDU-Mitglied und Ortsbürgermeister von Insel bei Stendal, heute verbreitet er seine politischen Ansichten auf Youtube und sympathisiert mit Sahra Wagenknecht.

Als sich im November 2023 Rechtsextremisten, AfD-Politiker und Unternehmer in einer Villa bei Potsdam treffen, um über Vertreibungspläne für Millionen Menschen aus Deutschland zu sprechen, ist unter den Anwesenden auch ein früherer CDU-Politiker aus Sachsen-Anhalt mit klangvollem Namen: Alexander von Bismarck, einst Mitglied im Stendaler Stadtrat und bis 2012 Bürgermeister im Stendaler Ortsteil Insel.

Inzwischen hat von Bismarck die aktive Politik zwar verlassen. Doch die Öffentlichkeit sucht der Adlige aus Döbbelin weiterhin, auch und insbesondere, wenn es um politische Themen geht.

Wem er bei dem Treffen in Potsdam begegnen würde und welche Inhalte dort besprochen werden sollten, habe er im Vorfeld nicht gewusst, lässt von Bismarck über seine Anwaltskanzlei an MDR SACHSEN-ANHALT ausrichten. Auch könne er die "angeblich erfolgte Diskussion eines 'Masterplans' für eine sogenannte 'Remigration' nicht bestätigen."

Das Treffen war vom Recherchenetzwerk Correctiv aufgedeckt worden. Im Interview erzählt Anette Dowideit von Correctiv über die Details.

Weder ein solcher "Masterplan" noch eine etwaige "Remigration" seien Gegenstand der Gespräche und Diskussionen gewesen, an denen er teilgenommen habe. Sämtliche Pläne, die die verfassungsrechtlich geschützte demokratische Grundordnung und die Grundrechte der Verfassung in Frage stellen, lehne Alexander von Bismarck entschieden ab.

Schon als Ortsbürgermeister in den Schlagzeilen

Zu seiner Zeit als Ortsbürgermeister von Insel war von Bismarck in Zusammenhang mit Protesten in die bundesweiten Schlagzeilen geraten. In Insel kam es ab 2011 zu monatelangen Protesten, weil sich in dem Stendaler Ortsteil zwei aus der Sicherungsverwahrung entlassene Sexualstraftäter niedergelassen hatten. Von Bismarck stellte sich an die Spitze der Demonstrationen, bei denen auch Rechtsextreme beteiligt waren. Filmaufnahmen von damals zeigen, wie von Bismarck einen der rechten Rädelsführer per Handschlag begrüßt.

Seit 1991 lebt Alexander von Bismarck mit seiner Familie auf Schloss Döbbelin bei Stendal. Bildrechte: picture alliance/dpa | Peter Gercke

Der CDU-Kreisverband Stendal teilt MDR SACHSEN-ANHALT mit, von Bismarck sei bereits 2017 aus der Partei ausgetreten. Von Bismarck selbst lässt über seine Anwaltskanzlei ausrichten, sein Austritt sei ein "Zeichen der Kritik an dem Stendaler Wahlbetrug im Jahr 2014" gewesen.

Bei der Jungen Union Stendal, die in der Vergangenheit Sommerfeste auf von Bismarcks Schloss Döbbelin feierte, ist der Adlige allerdings weiterhin Ehrenmitglied. Ob ihm die Ehrenmitgliedschaft nun entzogen werden soll, sei noch nicht entschieden, so eine Vertreterin der Jungen Union Stendal auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT. Man wolle zunächst mit von Bismarck persönlich sprechen.

Politische Talks auf Youtube

Im vergangenen Jahr schmückte von Bismarck einen zerstörten Panzer, der als Mahnmal vor die russische Botschaft in Berlin gestellt wurde, mit 2.000 roten Rosen. Ein Video der Aktion ging in den sozialen Medien viral. Der Altmark Zeitung erklärte von Bismarck damals, er wolle seine Kontakte nach Russland dafür einsetzen, um über Jahrzehnte aufgebaute Freundschaften nicht zerbrechen zu lassen und eine weitere Eskalation in der Ukraine zu verhindern.

Ähnliche Botschaften verbreitet von Bismarck seit einigen Monaten auf seinem eigenen Youtube-Kanal, auf dem er über politische Themen spricht. Dort bezeichnet er sich als "Großneffe(n) (…) des Reichskanzlers Otto von Bismarck." Andere Mitglieder der Familie von Bismarck weisen diese Darstellung im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT entschieden zurück. Es gebe eine entfernte Verwandtschaft, Großneffe des früheren Reichskanzlers sei Alexander von Bismarck aber nicht.

Die Frage, ob er tatsächlich ein Großneffe Otto von Bismarcks sei und dies belegen könne, lässt Alexander von Bismarck gegenüber MDR SACHSEN-ANHALT unbeantwortet.

Familie distanziert sich von Geheimtreffen

Bereits kurz nach Bekanntwerden des Geheimtreffens in Potsdam durch Recherchen von Correctiv hatte sich der von Bismarck‘sche Familienverband in einer offiziellen Verlautbarung schockiert gezeigt. "Der von Bismarck´sche Familienverband distanziert sich in aller Deutlichkeit von jedem rechtsradikalen Gedankengut und steht fest zu unserer Demokratie", heißt es in dem Schreiben, das MDR SACHSEN-ANHALT vorliegt. "Wir sind eine weltoffene Familie und sind schockiert von den Inhalten, die auf dem Treffen in Potsdam zur Sprache kamen."

Alexander von Bismarck verfolgt nach eigener Aussage "aufmerksam" Sahra Wagenknechts politische Aktivitäten. Bildrechte: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Der frühere CDU-Mann Alexander von Bismarck, dessen öffentliche Auftritte und politische Äußerungen nach Informationen von MDR SACHSEN-ANHALT von Teilen der Familie von Bismarck schon seit längerem kritisch beobachtet werden, zeigt mittlerweile auch Sympathien für Sahra Wagenknecht und ihre neue Partei. "Ich rechne ihr (Wagenknecht) sehr hohe Sympathiewerte an, weil sie es argumentativ immer sehr gut rüberbringt", sagt von Bismarck in einem seiner Youtube-Videos. Und weiter: "Ich finde es grundsätzlich gut, dass es auch eine solche Partei geben wird." Gemeint ist das im Januar als Partei gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).

Sympathien für Sahra Wagenknecht

Sahra Wagenknecht und Alexander von Bismarck sind sich schon einmal begegnet. Das zeigt ein Selfie der beiden mit einer dritten Person, das offenbar im Haus des Musikers Justus Frantz entstanden ist und am 30. November 2023 auf Instagram veröffentlicht wurde – nur fünf Tage nach dem Treffen in Potsdam.

Sahra Wagenknecht lässt auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT ausrichten, dass ihr Alexander von Bismarck jenseits dieses einen Treffens nicht bekannt sei. Eine finanzielle Unterstützung ihrer Partei durch von Bismarck sei ihr ebenfalls nicht bekannt.

Alexander von Bismarck teilt MDR SACHSEN-ANHALT über seine Anwaltskanzlei mit, er sei weder Unterstützer von Sahra Wagenknecht und deren Partei, noch habe er dieser seine Unterstützung zugesagt. Allerdings verfolge er die politischen Aktivitäten Wagenknechts "aufmerksam".

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MDR (Katharina Gebauer, Lucas Riemer)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 30. Januar 2024 | 05:30 Uhr

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