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IntegrationspolitikKritik an Bautzener CDU wegen Zustimmung zu AfD-Antrag

15. Dezember 2022, 12:29 Uhr

Die CDU hatte am Montag im Kreistag Bautzen einem Antrag der AfD zugestimmt. Dieser sieht vor, Integrationsleistungen für ausreisepflichtige ausländische Staatsbürger zu streichen. Kritik gab es dafür sowohl aus der eigenen Partei als auch von Linken, SPD und Grünen. Der Bautzener Landrat Udo Witschas verteidigte die Entscheidung: Es sei für ihn unerheblich, wer einen Antrag stellt. Doch welche praktischen Konsequenzen hat der Beschluss eigentlich?

Die CDU im Kreistag von Bautzen hat einem Antrag der AfD zur Flüchtlingspolitik mehrheitlich zugestimmt und wird dafür nun von Politikern aus dem Landesverband der eigenen Partei kritisiert. So sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), es sei ja klar, "dass diese Anträge auch gestellt werden, um zu provozieren und zu spalten." Er betonte, dass er jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausschließe. Und Sören Voigt, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion sagte, es wäre "zielführender gewesen" hätten die Bautzener CDU-Kreisräte einen eigenen Antrag zu dem Thema erarbeitet.

Trotz der Kritik aus der eigenen Partei verteidigte der Bautzener Landrat Udo Witschas (CDU) am Mittwoch den Beschluss. Der Antrag sei inhaltlich völlig in Ordnung. "Grundsätzlich ist es für mich als gewählter Landrat unerheblich, wer im Kreistag einen Antrag stellt. Der Inhalt eines Antrages ist nicht automatisch falsch, nur weil er nicht von der eigenen Fraktion stammt", teilte er mit. "In der Kommunalpolitik geht es um Sachentscheidungen und ich arbeite mit allen Kreisräten vernünftig zusammen."

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, dass Anträge wie der der AfD gestellt würden, "um zu provozieren und zu spalten". Bildrechte: IMAGO / Jürgen Heinrich

Nur eine CDU-Stimme gegen AfD-Antrag

Der Kreistag Bautzen hatte am Montagabend mehrheitlich einem Antrag der AfD-Fraktion zur Kürzung von Integrationsleistungen für ausreisepflichtige Ausländer zugestimmt. 47 Kreisräte stimmten für den Antrag, davon 28 aus der AfD und 19 aus der CDU. Nur der ehemalige Bürgermeister von Bischofswerda, Andreas Erler, stimmte aus der CDU-Fraktion gegen den Antrag, fünf weitere enthielten sich.

Mit dem Beschluss muss der Landrat bis zur Sitzung des Kreistages im März eine Neufassung der Integrationsleitlinien des Landkreises Bautzen vorlegen. Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht haben und zur Ausreise verpflichtet sind, sollen gemäß diesen überarbeiteten Richtlinien künftig von Integrationsleistungen ausgeschlossen werden. Von diesem Grundsatz ausgenommen sollen Personen sein, "die über eine geklärte Identität verfügen, Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung nicht rechtsmissbräuchlich verhindern und intensive Integrationsbemühungen vorweisen" heißt es in dem Antrag der AfD.

Antrag betrifft Sprachkurse und Beratungen

Im Landkreis Bautzen halten sich laut Landratsamt Bautzen derzeit 713 "Ausreisepflichtige" auf, also Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Davon werden 400 aus medizinischen oder sonstigen Gründen geduldet und 313 weil sie keinen Pass haben. Bei Integrationsleistungen des Landkreises handelt es sich etwa um Sprachkurse, Angebote zur Kulturvermittlung, Begegnungs- und Beteiligungsangebote für Zugewanderte und Einheimische oder Beratungen zu Kita und Schulpflicht.

Häufig werden solche Angebote von Vereinen und Initiativen zur Integration Geflüchteter angeboten und über das Ausländeramt des jeweiligen Landkreises gefördert. Im Landkreis Bautzen ist dies derzeit in den Integrationsleitlinien nach Kreistagsbeschluss vom 12. Dezember 2016 geregelt. Der Großteil der Leistungen für Geflüchtete und Geduldete ist aber auf Bundes- oder Landesebene geregelt, so auch Leistungen für Unterkunft, Ernährung und Heizung. Darüber hinaus bietet der Bund auch Leistungen zur Integration an, etwa Integrationskurse, in denen neben der deutschen Sprache auch Wissen zu Geschichte, Rechtsordnung und Werten in Deutschland vermittelt werden. Auf die Leistungen von Bund und Ländern hat der Kreistagsbeschluss keinen Einfluss. Und auch die zusätzlichen Integrationsangebote, die der Landkreis macht, werden letzlich vom Land finanziert. Insofern spart der Landkreis nichts ein, wenn er diese streicht.

Flüchtlingsrat: "Antrag dient lediglich der Stimmungsmache"

Dave Schmidtke, Referent beim Sächsischen Flüchtlingsrat, bezeichnet den Antrag als "Populismus". Er würde kaum etwas an der Realität der betroffenen Menschen ändern und diene lediglich der Stimmungsmache. Er warf der sächsischen CDU einen "Dammbruch zum rechten Rand" vor. "Eigentlich sollte es sich auch bis nach Bautzen herumgesprochen haben, dass die AfD inzwischen zu Großteilen von rechtsextremen Strömungen dominiert wird", sagte er.

Wenn die Integrationsrichtlinie gemäß dem Antrag der AfD überarbeitet wird, könnte das zum Beispiel konkret bedeuten, dass Geduldete nicht mehr an Sprachkursen teilnehmen dürfen, die der Landkreis über die dafür zur Verfügung stehenden Landesmittel finanziell fördert. Klarheit über die konkreten Auswirkungen wird es aber erst geben, wenn der Landrat eine Beschlussfassung der überarbeiteten Richtlinien vorlegt. Der Antrag der AfD umfasst nur wenige Zeilen.

Kritik von SPD, Grünen und Linken

Kritik gab es auch von Vertretern von SPD, Linken und Grünen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion, Sabine Friedel, kritisierte die CDU Sachsen: Es nutze nichts, wenn die Parteispitze eine klare Wertehaltung kommuniziere, "wenn die Basis anders handelt."

Grünen-Innenpolitiker Valentin Lippmann sah in dem gemeinsamen Stimmverhalten den Beleg dafür, dass es die vermeintliche "Brandmauer gegen Rechts" bei der CDU nicht gibt. Silvio Lang, Kreisvorsitzender der Linken, warf der Bautzner CDU-Kreistagsfraktion vor, sie suche "den bewussten und offen zur Schau gestellten Schulterschluss mit den Verfassungsfeinden der AfD". Lang sagte, er habe große Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Inhalts des Beschlusses.

Der sächsische AfD-Fraktionschef Jörg Urban begrüßte die Zustimmung der CDU. "Die CDU steht uns programmatisch am nächsten", sagte er. Es sei bedauerlich, dass eine Zusammenarbeit auf Landesebene nicht möglich ist.

MDR (jwi/das)/dpa

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 13. Dezember 2022 | 19:00 Uhr