Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben
In freier Rede auf Deutsch und Französisch rief Emmanuel Macron die Jugend auf, Europa zu stärken. Humanismus solle weiterhin der Leitfaden bleiben, "der unser Europa zu einem Kontinent der Zivilisation und des Friedens" mache. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

StaatsbesuchMacrons Besuch: Jugend begeistert und Zaungäste enttäuscht

28. Mai 2024, 16:18 Uhr

Mehr als eine Stunde später als angekündigt steht Frankreichs Präsident Emmanuel Macron endlich auf der Bühne vor der Frauenkirche Dresden. In der Abendsonne ruft er der Jugend zu, sich einzumischen, mitzumachen und Europa immer wieder neu zu bauen. Dass er auch auf Deutsch redet, gefällt vielen. In Moritzburg gab es auch enttäuschte Gesichter.

Kollektives Warten auf Frankreichs Präsident Emmanuel Macron: So haben Tausende Menschen in Sachsen den zweiten Tag des Staatsbesuches in Deutschland erlebt. Erst in Moritzburg vor dem Barockschloss und in Adams Gasthof zum Mittagessen, später auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche. Mit mehr als einer Stunde Verspätung begann der 46-Jährige seine lange angekündigte Rede an Europas Jugend. Es wurde ein überwiegend frei vorgetragenes, leidenschaftliches 50-Minuten-Plädoyer für Frieden, für Europa und die Zukunft dieses Kontinents - minutenlang auch auf Deutsch.

Warum es auf die Jugend ankommt

Mehrfach hatte Macron die Jugend direkt angesprochen und gemahnt: "Ich zähle auf Sie, nicht der Versuchung der Spaltung und Hegemonie (Vorherrschaft, Anmerk. der Red.) zu erliegen, sondern sich zur Freundschaft und Arbeit zu entscheiden. (...) Errichten wir ein mächtiges, souveränes und humanistisches Europa, nach unseren Devisen: Einigkeit, Recht, Freiheit! Liberté, Égalité, Fraternité!"

Auf Euch kommt es an, damit Europa eine Zukunft hat in Frieden.

Michael Kretschmer | sächsischer Ministerpräsident (CDU)

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte den Jugendlichen aus Deutschland, Tschechien, Polen und Frankreich bei der "Fête de l’Europe" vor der Frauenkirche zur Begrüßung zugerufen: "Ihr seid die Generation, die beweisen muss, dass man keine schrecklichen Erfahrungen braucht, um für Frieden zu handeln, für Demokratie und Europa einzutreten, sondern wisst es, lebt es, gestaltet es."

Diese beiden Besucherinnen genossen erst das Musikprgramm am Nachmittag mit "Cluseo" und weiteren Bands und hörten dann bei der Rede zu. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

So kam die Rede bei Jugendlichen an

Die Abiturientin Elisabeth Glauche aus Dresden sagte MDR SACHSEN, Macrons Rede für Frieden, Europa und Zusammenhalt sei für alle, ob jung, ob alt, gedacht gewesen. "Mich hat es sehr berührt, dass er auf Deutsch und Französisch gesprochen hat. Das war nicht nur eine starke Nachricht, sondern auch sehr schön für mich, dass ich nach zwölf Jahren Französischunterricht den Worten gelauscht und alles verstanden habe."

Mariella (re.) findet es wichtig, die deutsch-französische Freundschaft aufrecht zu erhalten und: "Es ist wichtig diese Freundschaft zu stärken." Alma (li.) fand es klasse, dass sich Macron direkt an die Jugend gewandt hat. "Es war sehr auch sehr cool, Macron und Steinmeier die Hand zu schütteln." Bildrechte: Philipp Brendel

Ein anderer Schüler fand die Rede gut "auf den Punkt gebracht kurz vor der Europawahl". Und: "Für mich war es ein großes Besingen der europäischen Freiheit und der Demokratie. Es war emotional, dass er auf Deutsch eine Rede an die europäische Jugend gehalten hat."

Moderatorin: "Brigitte Macron sehr herzlich und lustig"

Während der Stippvisite in Dresden hatten die Präsidenten-Ehefrauen ein extra Damenprogramm. Bundespräsident Steinmeiers Ehefrau Elke Büdenbender und Brigitte Macron besuchten am späteren Nachmittag das zweisprachige Romain-Rolland-Gymnasium in Dresden. Das etwa 40-minütige Gespräch moderierten zwei Abiturientinnen. Eine davon war Alma Thomas. Sie beschrieb MDR SACHSEN den Talk als "eine angenehme Gesprächsrunde. Erst waren alle zurückhaltend und aufgeregt. Aber die Frauen haben es geschafft, dass viele Fragen aufkamen und auch selbst viele gestellt. Es wurde auch gelacht."

Frau Macron wirkt auf Fotos nicht so nahbar. Aber sie ist sehr herzlich und lustig.

Alma Thomas | Abiturientin am Romain-Rolland-Gymnasium Dresden

Elke Büdenbender und Brigitte Macron unterhielten sich mit Schülern der 5. und 8. Klasse über Cybermobbing und den Schutz vor Gefahren durch Soziale Medien. "Frau Macron hat auch gefragt, wie wir zu Hause mit dem Thema umgehen und betont, dass sie als Lehrerin unheimlich gern Schüler unterrichtet hat", sagte Alma Thomas. Zu gerne hätte sie noch ein Selfie mit Brigitte Macron gemacht, aber: "Da war immer ein Schwarm Leute. Ich bin nicht an sie herangekommen."

Gruppenfoto mit Staatsbesuch in der Schule: Brigitte Macron (beiger Kurzmantel) und Elke Büdenbender (rosa Blazer) inmitten von Dresdner Schülern, mit denen sie 40 Minuten lang sprachen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Das große Warten am Märchenschloss

Nicht an sie herangekommen - das beklagten auch Zuschauer in Moritzburg am Mittag. Dort hatten Schaulustige bei 25 Grad drückender Mittagssonne teilweise zwei Stunden gewartet. Sie wollten die Ersten sein, die den Staatsbesuch in Sachsen sehen. Doch der verspätete sich um 75 Minuten. Dann fuhren drei Karossen vor und Polizisten auf Motorrädern - das war's für Zaungäste.

Eine Hand winkt aus dem Fenster. "War er das jetzt?" Diese Frage stellten sich viele Zuschauer in Moritzburg. Aber das Auto rollte schnell an ihnen vorbei und lud die Insassen im abgesperrten Bereich ab. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die Französischlehrerin Anne Manthey mit Töchterchen Viktoria aus Dresden hätte dem Präsidenten gerne auf Französisch willkommen geheißen. "Ich stand in der ersten Reihe. Meiner Tochter war es zu lange. Wir haben nicht viel gesehen."

Überall Polizei, kein Jubel, kein Händeschütteln: "So empfängt man keine Gäste", ärgerte sich Matthias Keil am Schloss in Moritzburg. Er hätte sich von Bundespräsident Steinmeier mehr Bürgernähe gewünscht - "gerade im Wahljahr. Herr Macron ist so ein sympathischer Typ. Auch König Charles schüttelt überall Hände. Und hier? Nichts", machte sich der Ebersbacher Luft. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Ärger und Apfelbäumchen

"Ich habe nichts anderes erwartet", sagte dagegen Regine Kunde aus Dresden und gab sich mit zwei Sekunden zufrieden, die sie auf dem Handy gefilmt hat. Die Bilder bekommt ihr Sohn geschickt, der in der Nähe von Marseilles wohnt: "Ich habe wenigstens das Auto und seine Hand gesehen." Sie vertröstete die anderen Enttäuschten in Moritzburg auf den Abend in Dresden, wo man Macron doch auch noch sehen könne.

Frankreichs Emmanuel Macron (re.), wurde von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU, 2.v.li.) und dessen Ehefrau Annett Hofmann (li.) in Moritzburg begrüßt. Danach ging's zum Mittagessen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Tatsächlich sollte die Dresdnerin Recht behalten: Nach dem gemeinsamen Singen der Europa-Hymne am Montagabend vor der Frauenkirche schüttelte der französische Präsident zehn Minuten lang Hände beim lange ersehnten Bad in der Menge. Die Stimmung auf dem Neumarkt: ausgelassen und fröhlich.

Als Gastgeschenk hatten die Macrons übrigens vom Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) ein Apfelbäumchen im Topf bekommen, dekoriert in den Landesfarben Sachsens. Hoffentlich findet sich im zwei Hektar großen Park am Élysée-Palast in Paris ein passendes Plätzchen dafür.

Mehr zum Thema

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 27. Mai 2024 | 19:00 Uhr