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Im Bienenwald von Großröhrsdorf stehen Wildbienenarten im Blickpunkt. Aber in einem Kinderbuch über das Öko-Projekt ist auch eine Honigbiene namens Henriette im Anflug. (Symbolfoto) Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

WeltbienentagWunsch in Sachsens erstem Bienenwald: Lasst es summen!

20. Mai 2023, 08:30 Uhr

Hat Ihnen der Honig zum Frühstück heute geschmeckt? Und haben Sie dabei an die Insekten gedacht, die Ihnen das süße Vergnügen zusammengesammelt haben? Zum Welttag der Bienen stehen Honigbienen im Blickpunkt, aber noch stärker die vom Aussterben bedrohten Wildbienenarten. Für die setzt sich im Müglitztal in der Sächsischen Schweiz auch ein Ehepaar ein. Es zieht Sachsens ersten Bienenwald heran.

  • Eine Kita ist zu Besuch in Sachsens erstem Bienenwald.
  • Umbruch und Neues, nachdem Fichtenwald nicht mehr funktionierte.
  • Waldbesitzer wünschen sich Aufmerksamkeit und Einsatz aller für Artenvielfalt - im Kleinen und im Großen.

Am Rande eines Hangs im Großröhrsdorfer Wald sitzen Vorschüler der Kita Zwergenhaus aus Liebstadt auf Baumstämmen und angeln Brote, Apfelschnitze und Würstchen aus ihren Brotbüchsen. Die Fünf- und Sechsjährigen haben sich gerade angesehen, wo Bienen im Wald überall leben. "Na, die finden hier ihr Zuhause. Die Honigbiene wohnt im Bienenstock, die Wildbiene im Schneckenhaus. Das haben wir heute gelernt", erzählt Ricon. "Es gibt auch Erdbienen, die wohnen in der Erde", ergänzt sein Kindergartenkumpel Luis. Nach dem Picknick soll es noch um die Nahrungsquellen und Blüten für Wildbienen gehen, die die Kinder im Wald von Bärbel Kemper und ihrem Mann Thomas Schlomski anschauen werden.

Vielfalt statt Monokultur

Für die Kleinen ist der Vormittag ein Ausflug in den Wald in ihrer Nachbarschaft. Doch sie sitzen am Rand von Sachsens erstem Bienenwald, in dem es um insektenfreundliches Aufforsten geht. Das Ehepaar Kemper und Schlomski bewirtschaftet das gleichnamige Landgut mit 110 Hektar Fläche nach ökologischen Grundsätzen. Dazu gehören Fjordpferde, eine Teichlandschaft, Streuobstwiesen und 66 Hektar Wald. Auf drei Hektar davon wächst der Bienenwald heran.

Die studierte Wirtschaftsinformatikerin und Unternehmensberaterin Bärbel Kemper setzt sich seit 16 Jahren auch für Umweltbildung ein. Der Bienenwald neben ihr im Bild wächst seit 2019. Bildrechte: Kathrin König

"Unsere Vorfahren brauchten nach dem Krieg wertvolles Bauholz und haben Fichten angebaut. Aber in den Fichtenwäldern war kein Leben drin. Die Monokultur funktionierte nicht mehr. Der Wald ist ein komplexes Ökosystem, das muss wieder in den Fokus rücken", erklärt Bärbel Kemper.

Der Wald ist doch kein Maisacker.

Bärbel Kemper | Unternehmensberaterin und Landgutbewirtschafterin

Nach Borkenkäferbefall und Trockenheit hat das Ehepaar 2018 ein fußballfeldgroßes Waldstück roden lassen. Auf die kahle Fläche kamen 2019 verschiedene Bäume und Gehölze, darunter Wildapfel- und Wildkirschbäume, Bergahorn, Waldhaselnuss, aber auch der selten gewordene Speierling. Mittlerweile sind die Bäume übermannsgroß. Ihre armdicken Stämme stehen im Grünen, das nur Ignoranten als Gestrüpp bezeichnen.

"Brombeere, Himbeere und Holunder haben sich von allein dazu gesellt", freut sich die 55 Jahre alter Waldbesitzerin und zeigt auf weitere Sträucher. Die halten den Boden schattig, feucht und fest gegen das Wegspülen vom Hang. Und sie helfen mit ihren Blüten Wildbienen und anderen Insektenarten. Sie alle benötigen vom Frühling bis zum Herbst Pollen und Nektar.

Ein Bildungskonzept: Bäume, Benjeshecken, Bilderbücher

2021 kam der nächste neue Abschnitt für den Bienenwald hinzu, der nun hüfthoch grünt. Daneben ist grau-brauner Waldboden zu sehen, aus dem einzelne Fichtenstümpfe herausragen. Im Herbst will Bärbel Kemper weitere Bäumchen setzen lassen und freut sich, dass bei den Aktionen Ehrenamtliche, Vereine aus Liebstadt und die Feuerwehrleute mit anpacken. Am Rand der gerodeten Fläche wurde Reisig zu einer Benjeshecke aufgeschichtet, unweit davon gibt es schon eine rund 40 Meter lange Benjeshecke. Auch das gehört zum Konzept des klimazertifzierten Waldmanagements.

Die Benjeshecke links im Bild wurde aus Reisig und Grün der beräumten Fläche geschichtet. Im Herbst sollen auf dem Hang weitere Bäumchen für den Bienenwald eingesetzt werden. Bildrechte: Kathrin König

Kitagruppen und Schulklassen besuchen regelmäßig den Bienenwald in Großröhrsdorf, der 2021 den Deutschen Waldpreis gewonnen hat. "Bei uns kann man alles ansehen, anfassen und mitmachen", sagt die Unternehmerin und betont, wie wichtig ihr Informationen über Artenvielfalt für junge Menschen seien. "Wir können nur das schützen und wertschätzen, was wir kennen." Dabei fällt ihr ein, dass häufiger Schüler in Neigungskursen aus Pirna oder Dresden da gewesen seien, die zuvor noch nie im Wald waren.

Echt jetzt? Noch nie im Wald gewesen?

Das kann Josefine aus der Zwergenhaus-Kita in Liebstadt nicht glauben. "Ist ernsthaft so", entgegnet Bärbel Kemper später. Die Sechsjährige wundert sich immer noch und erzählt: "Also, wir sind fast jeden Tag im Wald. Da kann man schöne Stöcker finden, was bauen und spielen." Ein paar mehr Bienen als nur die eine vor dem Picknick hätte sie aber schon gerne noch beim Waldbesuch gesehen. Leider gelten windige 12 Grad und bewölkter Himmel unter Insekten als mieses Ausflugswetter.

Die Kita-Kinder haben im Wald genau zugehört und wissen Bescheid: "Guck, die Schneckenhäuser. Darin wohnen Wildbienen oder ihre Babys." Bildrechte: Kathrin König

Josefine könnte später im Bilderbuch blättern, das sich Bärbel Kemper als Teil des Bildungskonzepts ausgedacht hat. In "Die kleine Wildbiene Wonka - Der Abenteuerflug im Bienenwald" erfahren Leser viel über die Unterschiede zwischen Honig- und Wildbienen, von denen es mehr als 560 Arten gibt. Die Hälfte davon ist laut Naturschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) vom Aussterben bedroht.

Wir können nur das schützen und wertschätzen, was wir kennen.

Bärbel Kemper | Unternehmensberaterin und Landgutbewirtschafterin

Jeder kann etwas für Artenvielfalt tun

Was sich mittlerweile alles im Bienenwald im Müglitztal tummelt, weiß Bärbel Kemper noch nicht. "Wir wollen das von Biologen mal genau untersuchen lassen. Es braucht aber noch etwas Zeit." Die Unternehmerin wünscht sich, dass die Aufmerksamkeit zur Rettung von Wildtierarten nicht nur zum Weltbienentag am 20. Mai Thema ist, sondern, dass sich alle für Artenvielfalt einsetzen.

"Jeder kann etwas tun, im Kleinen wie im Großen." Dafür fallen Bärbel Kemper viele Dinge ein: "Man kann Waldraine gestalten, einheimische Bäume und Sträucher pflanzen, im Garten nicht alles aufräumen, Benjeshecken anlegen, altes Holz liegen lassen." Denn wer den Insekten das Leben erleichtere, werde belohnt, "indem es später summt und brummt".

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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR Garten | 21. Mai 2023 | 08:30 Uhr

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