Technische HürdenWarum die Thüringer Polizei keine Bodycams hat
Der Einsatz von Bodycams soll in kritischen Situationen abschrecken und Polizisten vor Angriffen schützen. Die Aufnahmen können auch bei der Aufklärung von Straftaten oder bei Beschwerden gegen Beamte helfen. Den regulären Betrieb der kleinen Kameras hat der Thüringer Landtag längst beschlossen. Eingeführt und damit in Dienst gestellt ist die Technik jedoch noch immer nicht. Warum verzögert sich der Einsatz der Bodycams?
- Noch kein Hersteller gefunden, der die Landesvorgaben zum Einschalten der Bodycams erfüllt.
- Erst ab 2025 ist mit der Einführung der Bodycams zu rechnen.
- CDU will auch Feuerwehr- und Rettungsdienst-Fahrzeuge mit Kameras ausrüsten.
Klein, rechteckig, wenige hundert Gramm schwer ist die Bodycam. Sie wird an der Dienstweste der Polizistin oder des Polizisten getragen und soll Aufnahmen machen – zur Beweissicherung oder Einsatz-Dokumentation. So ist es gang und gäbe in allen Bundesländern, bis auf eine Ausnahme: Thüringen. Hier ist die Kamera nicht im Einsatz. Obwohl der Thüringer Landtag vor einem Jahr einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, allerdings mit der Maßgabe, dass die Kameras ein technisches Update erfahren.
Nun, Monate später, sagt der Innenminister Georg Maier von der SPD: "Ich bin da nicht so richtig glücklich, sage ich ganz ehrlich. Das gibt es in der ganzen Bundesrepublik nicht, was diese Bodycam können muss."
BodycamsBodycams sind kleine Kameras, die Polizisten an ihrer Uniform tragen. Mit ihnen kann in Bild und Ton das aufgezeichnet werden, was vor den Beamten passiert – um zum Beispiel bei Angriffen gegen sie Aufnahmen zur Beweissicherung machen zu können.
Enorme Anforderungen an Bodycam-Technik
Der Streitpunkt in Thüringen ist die Frage: Wann und wie schaltet sich die Kamera ein im Einsatz. Die Vorgabe des Landtags lautet: Automatisch, wenn die Dienstwaffe gezogen wird. Die Koalitionsparteien Linke, SPD und Grüne haben sich dafür stark gemacht.
Problem nur: Im Moment sieht sich kein Hersteller in der Lage, diese "Einschaltautomatik" technisch zuverlässig umzusetzen. Die Prognose für die Entwicklung lautet mindestens zwei Jahre.
Bodycams verzögern sich bis 2025
Deshalb sollen die Bodycams regulär zum 1. Januar 2025 in Thüringen zum Einsatz kommen. Bis dahin werden alle Geräte, auch die, die in den vergangenen fünf Jahren erfolgreich getestet worden sind, außer Dienst gestellt.
Bodycam-Einsatz seit Jahren hochumstritten
Raymond Walk, der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, hat dafür wenig Verständnis. Angesichts der Zahlen von Angriffen auf Polizistinnen und Polizisten im Freistaat erklärt Walk: "Wir hatten in 2021 – neuere Zahlen liegen uns leider noch nicht vor – 195 tätliche Angriffe auf Polizeibeamte. Wir hatten 1.182 Straftaten gegen Polizeibeamte."
Der CDU-Politiker will das Thema erneut in den Innenausschuss tragen. Geklärt werden soll dort auch, wie viele Kameras tatsächlich in Thüringen gebraucht werden. Mindestens 600 – diese Zahl favorisiert Raymond Walk. Letzte Zahlen aus dem Innenministerium sprechen von 300. Der Landtag hat ein Budget freigegeben von 600.000 Euro.
Kameras künftig auch für Feuerwehr- und Rettungskräfte?
Im Innenausschuss soll es demnächst um ein anderes Thema gehen, bei dem ebenfalls eine Kamera im Mittelpunkt steht. Es soll um die Möglichkeit gehen, Feuerwehr- und Rettungsdienst-Fahrzeuge technisch aufzurüsten mit Dash-Cams, also kleinen Kameras, die hinter der Frontscheibe platziert werden und die Fahrten zum Einsatz-Ort dokumentieren können.
CDU-Politiker Raymond Walk kann diesen Kameras einiges abgewinnen: "Denken Sie daran, dass Feuerwehrfahrzeuge und Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn unterwegs sind unter Inanspruchnahme der Sonderwege-Rechte." Dabei käme es immer mal wieder zu Unfällen. Insofern hätte man dafür eine beweissichere Nachvollziehbarkeit des Unfallgeschehens.
Vertraut mit den Möglichkeiten der Dashcam ist auch Thüringens Innenminister Georg Maier. Dass die Einsatzwagen damit schnell ausgestattet werden müssen, sieht Maier nicht. Er sagt: Ja, es gebe Angriffe, es gebe auch Beschimpfungen und Beleidigungen von Feuerwehr und Rettungskräften. Aber eben in einem Maß, das aus seiner Sicht noch kein Handeln erfordert.
"Wir müssen auch gucken, dass wir mit dem Geld so umgehen, dass wir damit beschaffen, was für die eigentliche Aufgabe der Feuerwehr notwendig ist. Und an dieser Stelle sehen ich noch keine Priorität", sagt Maier. Unterstützung für diese Position bekommt der SPD-Minister vom Landesfeuerwehrverband. Von dort heißt es schriftlich: "Für Dashcams in Einsatzfahrzeugen sehen wir im Moment in Thüringen keine Notwendigkeit."
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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 19. Februar 2023 | 06:00 Uhr