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Trotz gestiegener Energiepreise wird der Härtefall-Fonds für Unternehmen in Thüringen bisher kaum in Anspruch genommen. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

Härtefall-FondsThüringer Energiehilfen kaum abgerufen: Was soll mit dem Geld passieren?

20. Februar 2023, 05:00 Uhr

Ende vergangenen Jahres hat der Thüringer Landtag einen Härtefall-Fonds beschlossen. 120 Millionen Euro stellt das Land für Unternehmen bereit, die durch gestiegenen Gas- und Energiepreise in existenzielle Not geraten. Bisher wurden die Hilfen kaum angefordert. Deshalb hat im Freistaat die Debatte begonnen: Was tun mit diesem Geld?

von Jan Bräuer, MDR AKTUELL

Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hat klare Vorstellungen, was mit jenen 120 Millionen Euro aus dem Härtefall-Fonds passieren könnte. Er will das Geld nutzen für "die Förderung des energetischen Umbaus der Unternehmen", heißt es auf schriftliche Anfrage aus dem Ministerium. Bislang finanziert die Landesregierung diesen Umbau mit 30 Millionen Euro.

Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) will den energetischen Umbau von Unternehmen fördern. Bildrechte: imago images/Karina Hessland

Matthias Hey, Fraktionschef der SPD im Landtag, unterstützt die Idee: "Wenn man das hinbekäme, hätte man gleichzeitig einen Investitionsschub in die heimische Wirtschaft hinein. Ich werbe dafür sehr."

Anders die Wortmeldungen von den Liberalen im Landtag. Thomas Kemmerich, der Gruppen-Sprecher der Oppositionspartei, kommentiert die Umnutzungspläne aus der Wirtschaftsministerium kurz und knapp: "Finger weg von den Energie-Hilfen."

Bisher 1,3 Millionen Euro angefordert

Im Herbst 2022 hatte der Landtag den Härtefall-Fonds aufgelegt. Insgesamt etwa 400 Millionen Euro beträgt das Sondervermögen. 120 Millionen davon sollen Unternehmen helfen, die Preissteigerungen bei Strom und Gas abzufedern und eine existenzielle Notlage zu verhindern.

Anträge stellen können Unternehmen bei der Thüringer Aufbaubank. Nur herrscht dort relative Leere in der Posteingangs-Mappe. Etwa 50 Anfragen sind bislang eingegangen, ein Drittel ist als konkrete Anforderung gewertet. Die Summe der angeforderten Hilfen beträgt etwa 1,3 Millionen Euro.

Industrie- und Handelskammer warnt vor nächstem Winter

Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) fordert man mehr Geduld. IHK-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Haase-Lerch hält die Diskussion für viel zu früh. Viele Unternehmen schlössen erst jetzt neue Strom- und Gasversorgungs-Verträge ab und würden damit erst jetzt mit schmerzlichen Preisaufschlägen konfrontiert: "Wir müssen einfach ein Stück in die Zukunft gucken, ich glaube, dass die Nagelprobe für unsere Unternehmer erst im kommenden Winter sein wird."

Linke will Fonds anpassen

Bei den Linken möchte man das Geld nicht ungenutzt liegen lassen. Deshalb macht sich Steffen Dittes stark für eine Anpassung des Fonds: "Um es klarzustellen, es gibt nirgendwo den Vorschlag, die Existenzhilfen einzustellen oder zu beenden." Es gehe darum, das zur Verfügung stehende Geld an den tatsächlichen Bedarf anzupassen und damit Wege zu eröffnen, "die im Gesetz schon angelegten transformations-unterstützenden Investionen auch stärker abzubilden".

CDU will Fonds nicht antasten

Ein Vorschlag, den Mario Voigt von der CDU nur mit einem angedeuteten und leicht gequält wirkenden Lächeln quittiert. Für ihn kommt eine Umnutzung der Hilfsgelder oder eine Anpassung des Fonds-Volumens nicht infrage. Zumal der Fraktionschef hinter dem Vorschlag von Wirtschaftsminister Tiefensee etwas anderes vermutet: "Eine nachgeholte Haushaltsberatung von Herrn Tiefensee - was er bei der Finanzministerin nicht durchbekommen hat, kann jetzt nicht auf dem Rücken der tatsächlichen Hilfen für den Mittelstand und das Handwerk passieren."

AfD befürwortet Auflösung des Sondervermögens

Die Position der dritten Oppositionspartei im Thüringer Landtag geht in eine völlige andere Richtung. Die AfD befürwortet die Auflösung des Sondervermögens, sollte es nicht gebraucht werden.

Der Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD fordert, das Geld in den Kernhaushalt zurückzuführen. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Martin Schutt

"Geht man gleichwohl davon aus, dass die Antragszahl so niedrig bleibt und dass es keinen Bedarf mehr gibt nach diesen Hilfen", sagt Torben Braga, Parlamentarischer Geschäftsführer, "ist die logische Konsequenz, dass die in einer Notsituation zur Verfügung gestellten Mittel dem Kernhaushalt zurückgeführt werden und eben nicht für andere Projekte umgewidmet werden, die möglicherweise den politischen Wünschen mancher, an der Landesregierung beteiligter Akteure entsprechen."

Anfang März treffen sich die Landtagsabgeordneten zur nächsten Sitzungswoche. Dann soll das Thema auf die Tagesordnung. Dass die Umnutzung der Gelder aus dem Energie-Härtefall-Fonds schnell kommt, darf allerdings bezweifeln werden. Es braucht dafür einen Beschluss des Landtags und damit die Mehrheit im Parlament. Rot-Rot-Grün hat die nicht, es fehlen vier Stimmen.

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MDR (nis)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | 20. Februar 2023 | 06:00 Uhr

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